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Zeitgenossen, nicht Freunde: Schau zu Schönberg und Kraus

Das Schlagwort der "Netzwerke" war - zumindest vom Gehalt her - auch schon zu Zeiten Arnold Schönbergs eine der zentralen Triebkräfte im Kulturbetrieb. Insofern lag es wohl auf der Hand, dass das Schönberg Center die erste große Ausstellung im angelaufenen Jubiläumsjahr zum 150. Geburtstag des Namensgebers nicht alleine dem Komponisten widmet, sondern ausgreift.

Mit "Arnold Schönberg & Karl Kraus" nimmt man einen weiteren Jahresjubilar mit in den Reigen hinein. Mit 115 Exponaten zeichnet man ein Bild der Wiener Künstlerszene unmittelbar vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges. Denn man belässt es nicht bei dem Verhältnis des Tonsetzers und des Literaten, das im Wesentlichen von gegenseitiger Achtung gepaart mit Unverständnis zumindest vonseiten Kraus' geprägt war. Auch Schönbergs Bindungen zum Architekten Adolf Loos, dem Maler Oskar Kokoschka oder dem Dichter Peter Altenberg werden thematisiert.

Und doch steht das namensgebende Duo im Zentrum, das sich einst im Kaffeehaus Griensteidl kennenlernte. Die Totenmasken der beiden gleichaltrigen Künstler, die 1936 (Kraus) und 1951 (Schönberg) verstarben, empfangen Besucher zu Beginn der Ausstellung. Im Folgenden entfaltet sich der Reigen an Dokumenten, Schriften und Bildern, der ein eher ungleiches Verhältnis zeigt. "Die Liebe und Verehrung ging eher von Arnold Schönberg aus", machte Kuratorin Therese Muxeneder am Dienstag bei der Präsentation der Schau deutlich. Während Schönberg an den Kollegen einmal formuliert: "Ich habe durch Sie Schreiben, ja fast Denken gelernt", sind derartige Elogen von Kraus nicht überliefert.

"Es war keine Freundschaft, sondern Zeitgenossenschaft", so Muxeneder. Dies lag wohl nicht zuletzt an dem Umstand, dass Kraus der Klassik allgemein fern stand. Zugleich hing im Arbeitszimmer des Essayisten und Journalisten ein gerahmtes Selbstporträt von Schönberg, was eine Fotografie in der Ausstellung unter Beweis stellt. Umgekehrt hat Schönberg auch nie ein Wort aus der Feder von Karl Kraus vertont. Die Differenzen zwischen den beiden Protagonisten werden mithin nicht verschwiegen. "Der Antisemitismus des Juden Karl Kraus ist etwas, das Arnold Schönberg nie verstehen und nie verwinden kann", machte die Kuratorin deutlich. Auch die Unterschiede im religiösen Verständnis oder in der Sicht auf den Dollfuß'schen Ständestaat werden aufgezeigt.

Dennoch sind die impliziten Parallelen zwischen den 1874 geborenen Kunstschaffenden, die auch durch einen Briefwechsel verbunden waren, evident. "Sie haben es geschafft, in Wien eine Unruhe zu stiften, die bis heute Wogen schlägt", so Muxeneder: "Und Karl Kraus und Arnold Schönberg einte ein absolutes Gehör - für die Misstöne ihrer Zeit." Schönberg sei wie Kraus ein Mensch mit einem großen ethischen Anspruch gewesen.

Neben Manuskripten, Gemälden aus Schönbergs oder Kokoschkas Hand und Artefakten gehören zu den Exponaten auch Tonbeispiele, dank derer Kraus ("Todesfurcht"), Schönberg ("Klavierstück") oder Kokoschka ("Über Schönberg und Kraus") selbst zu Wort kommen. Und auch das Begleitprogramm geht über handelsübliche Führungen hinaus, wenn etwa Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz am 7. Mai unter dem Titel "Sprüche und Widersprüche" als die beiden Hauptprotagonisten der Ausstellung zu erleben sein werden.

(S E R V I C E - "Arnold Schönberg & Karl Kraus" im Arnold Schönberg Center, Wien 3, Schwarzenbergplatz 6, 17. Jänner bis 10. Mai. Geöffnet Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr. Dazu erschienen "Arnold Schönberg & Karl Kraus" von Therese Muxeneder, edition text + kritik, 320 Seiten, 36 Euro. www.schoenberg.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Insofern lag es wohl auf der Hand, dass das Schönberg Center die erste große Ausstellung im angelaufenen Jubiläumsjahr zum 150. Geburtstag des Namensgebers nicht alleine dem Komponisten widmet, sondern ausgreift.
  • Mit "Arnold Schönberg & Karl Kraus" nimmt man einen weiteren Jahresjubilar mit in den Reigen hinein.
  • Geöffnet Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr.