Verregnetes Kunstfeuerwerk zum Wiener Festwochen-Auftakt
Ein "artistisches und visuelles Feuerwerk" war dem Publikum im Vorfeld vom scheidenden Intendanten Christophe Slagmuylder versprochen worden. "Magisch und überraschend" sollte dieser Abend sein, so der künstlerische Leiter des Eröffnungsprogramms Hyung-ki Joo.
Überraschend war an diesem Abend nicht allzu viel, außer vielleicht die Tatsache, dass trotz obstinaten Schnürlregens - die verteilten Einweg-Ponchos verschufen etwas Abhilfe - und kühlen Temperaturen laut Veranstalter etwa 14.000 ausdauernde Besucher und Besucherinnen zur traditionellen Eröffnungssause der Festwochen kamen. Jazzgitarrist Muthspiel brachte es humorvoll mit seiner Ode an ein nasses, grantiges Wien auf den Punkt. Der melodische und lyrische Einfallsreichtum des Österreichers und seine Coolness, das muss gesagt werden, verblüffen immer wieder, ebenso seine erstaunliche Fingerfertigkeit.
"Es ist ein so großartiges Bild, dass ein paar Unverdrossene trotz des Wetters zusammenkommen für dieses Feuerwerk der Kunst", so Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) in ihrer Rede. Als ein "Fest, das ein Fenster zur Welt aufstößt", so will man die diesjährige Veranstaltung verstanden wissen. Vielfältig und für viele.
Schon vor dem Auftakt bildeten sich kleine Menschentrauben bestehend aus Einheimischen, Italienern, Franzosen und Deutschen um vermeintliche Straßenmusikanten auf dem Wiener Rathausplatz. Ein nettes Vorspiel des akrobatischen Freestyle Orchestra, das ein paar Minuten später auf der Bühne Vivaldi musizierte und eindrucksvoll in der Luft herumwirbelte. Eine Violinistin spielte gar auf den Schultern einer Kollegin. Nach den großen Publikumsmagneten Kruder & Dorfmeister und Bilderbuch im vergangenen Jahr, die bei hervorragendem Wetter 50.000 Menschen anzogen, hat man heuer auf ein "artistisch-musikalisches", internationales, vielen vielleicht unbekanntes Ensemble gesetzt.
Der britische Multivocalist Beardyman führte lässig durch den Abend als menschliche Beatbox und versuchte das durchnässte Publikum anzuheizen. Er stieß durchaus auf Gegenliebe bei den Zuschauenden. Man muss es ihm und allen anderen Künstlern hoch anrechnen. Das war nicht einfach. Denn drei Feuerkünstler und eine Powerballade ("Immortal Beloved" von Hyung-ki Joo), gesungen von Sandra Pires, ließen das Blut nicht schneller fließen, damit einem vielleicht wärmer würde. Französisches Flair versprühte die österreichische Chanteuse Valérie Sajdik. Nur mit ihrem Cello, einer Loop-Station und ihrer warmen Stimme, schlug die in Wien geborene Musikerin Mela Marie Spaemann die bei der Eröffnung so beliebte Brücke zwischen Klassik und Pop. Die italienischen Skater Ilaria und Lorenzo Guslandi tauchten fürs Finale auf, vermutlich eine Anspielung auf das Programm (da war ja noch was!), das bis 21. Juni in Wien zu sehen sein wird. Die dänische Choreografin Mette Ingvartsen wird ihrer neue Arbeit "Skatepark" ab 19. Mai in der Halle G im Museumsquartier zeigen.
Zum Schluss gab es dann noch ein Gutenachtlied über Feen und Elfen, auch komponiert von Hyong-ki Joo, mit aufs Rathaus projizierten Schaukelpferdchen, Teddybären und Sternen. Schwer zu sagen, was surrealer war, das Maiwetter oder die buntscheckige Szenografie auf dem neogotischen Wiener Rathaus, zum Teil bestehend aus Fischen, Giraffen und anderen Tieren. Die Visuals stammten in diesem Jahr von dem Toskaner Imaginarium Studio. "Psychedelische Geschichten" waren von Francesca Pasquinucci versprochen worden, aber die eigene Seele hat sich nach diesem Abend letztendlich nicht offenbart.
(S E R V I C E - www.festwochen.at)
Zusammenfassung
- Auch wenn bei Regen und 11 Grad nicht viel zu spüren war von Frühling oder Sommer, so begannen die Wiener Festwochen am Rathausplatz am Freitagabend mit Max Richters lässigem Remix der beiden Jahreszeiten von Vivaldi.
- Der österreichische Jazzgitarrist Wolfgang Muthspiel sang herrlich dazu passend "This city is grumpy and wet".
- "Magisch und überraschend" sollte dieser Abend sein, so der künstlerische Leiter des Eröffnungsprogramms Hyung-ki Joo.