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"Schattenpionierin" Gertie Fröhlich im MAK: Schau und Film

Gertie Fröhlich (1930-2020) stand wie wenige andere Persönlichkeiten im Brennpunkt der Wiener Avantgarde. "Bei uns war die Tür nie abgesperrt", Künstler kamen und gingen, erzählte Tochter Marieli Fröhlich am Dienstag anlässlich der Schau "Schattenpionierin" im Wiener MAK. Das Museum widmet Gertie Fröhlich, die sich bei eigener Arbeit nie aktuellen Strömungen hingab und mit von ihr gestalteten Plakaten für das Filmmuseum das Stadtbild mitprägte, die erste große Personale.

"Quer durch die Kunstszene dieses Landes war Gertie Fröhlich immer wieder die Drehscheibe, eine Verknüpferin, eine Frau, die Talente entdeckte, aber mit ihrem eigenen Talent zu wenig erkannt wurde", betonte MAK-Generaldirektorin Lilli Hollein. Fröhlich habe sich bei ihrer künstlerischen Tätigkeit stets anderen Stilen entzogen. "Mit einer großen Haltung hat sie über mehrere Jahrzehnte ein eigenes Werk konsequent geschaffen."

Die Ausstellung "Schattenpionierin" gibt einen Überblick über das umfangreiche Oeuvre Fröhlichs, das sich über verschiedene Disziplinen hinweg entfaltete - Werke aus Papier, Textil und auf Leinwand, von Plakatentwürfen über Malerei bis zu Wandteppichen. Kuratiert wurde die Ausstellung in der MAK Direktion und im MAK Kunstblättersaal von Kathrin Pokorny-Nagel in Zusammenarbeit mit Marieli Fröhlich, die 2018 einen Film über ihre Mutter initiierte. Diese nun fertiggestellte Dokumentation "Was ist denn los?" läuft begleitend zur Schau im Museum in einem abgetrennten Raum.

Aufgewachsen in einem streng katholischen, großbürgerlichen Elternhaus in der Slowakei, war die Flucht nach Oberösterreich für Fröhlich das einschneidende Erlebnis ihrer frühen Jugend. Während ihres Studiums an der Akademie der Bildenden Künste knüpfte sie Kontakte zu jungen Kunstschaffenden aller Richtungen. Sie war als Kuratorin und Programmgestalterin treibende Kraft in der für die österreichische Kunstszene der Nachkriegszeit prägenden Galerie nächst St. Stephan. In ihrer Wohnung in der Sonnenfelsgasse traf sich ein interdisziplinäres Who's Who der Avantgarde.

Fröhlich entwarf den "Zyphius", das Logo des Österreichischen Filmmuseums; mehr als 100 Plakate gestaltete sie für dieses. "Sie fertigte Skizzen an, machte Detailstudien, applizierte das bildgebende Thema auf den A1-Karton. Dann fügte sie meist handschriftlich die Typographie ein. Das ist eine im klassischen Grafikdesign nicht gebräuchliche Herangehensweise, sondern ein künstlerischer Prozess", erläuterte Pokorny-Nagel. Und während Künstlerkolleginnen sich daran machten, den weiblichen Körper zurückzuerobern, bestand Fröhlichs Mission darin, den Kampf um die weibliche Psyche zu gewinnen: Als Paradebeispiel wurde bei dem Pressetermin das ausgestellte Bild "Ariadne fesselt den Minotaurus" genannt.

Unabhängigkeit sei "das Mantra für ihr Leben gewesen", sagte Marieli Fröhlich über ihre Mutter. Das sei "die Klammer, in die man ihr Leben setzen kann - ob in der Kunst oder in ihrem Privatleben. Sie hat sich die Freiheit genommen, so zu leben wie die Männer, wie die Künstler. Sie hat sich nirgendwo einordnen lassen und wollte das auch nicht." Auch wenn Gertie Fröhlich im Gegensatz zu vielen männlichen Wegbegleitern ein kometenhafter Aufstieg verwehrt blieb, etablierte sie sich als "eine unabhängige künstlerische Position in der männlich dominierten Kunstwelt", würdigt das MAK.

(S E R V I C E - "Gertie Fröhlich. Schattenpionierin" im MAK, 13.9.23-3.3.24, Di 10-21 Uhr, Mi bis So 10-18 Uhr, www.mak.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Gertie Fröhlich stand wie wenige andere Persönlichkeiten im Brennpunkt der Wiener Avantgarde.
  • "Bei uns war die Tür nie abgesperrt", Künstler kamen und gingen, erzählte Tochter Marieli Fröhlich am Dienstag anlässlich der Schau "Schattenpionierin" im Wiener MAK.
  • Unabhängigkeit sei "das Mantra für ihr Leben gewesen", sagte Marieli Fröhlich über ihre Mutter.
  • Sie hat sich nirgendwo einordnen lassen und wollte das auch nicht."