Regisseur Kosky: "Angst ist keine Antwort auf den Terror"
Kosky, der Enkel jüdischer Einwanderer, reflektiert, dass viele Menschen in Deutschland im Moment Angst haben. "Ich fühle mich in der Mitte dieses Sturms. Ich pendle jeden Tag zwischen verschiedenen Emotionen hin und her", sagte der Berliner mit Blick auf die Situation in Nahost seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel.
Dabei sieht sich der gebürtige Australier, der das Wiener Schauspielhaus geleitet hat, ehe er nach Berlin ging, in der problematischen Situation, als Jude in Deutschland immer eine Seite einnehmen zu müssen. "Meine Hauptemotion ist es, an alle Opfer des Hamas-Angriffs, dieses Pogroms, dieses Massakers zu denken. Das ist meine Hauptpflicht als Jude. Aber wenn ich das getan habe, dann habe ich auch die Pflicht als Bürger, als Mensch, an die unschuldigen Opfer in Gaza zu denken. Das sind über 5.000 Kinder", betonte er.
Kosky sähe gerne friedliche Demonstrationen, bei denen Muslime, Juden und Christen zusammenkommen und für ein gemeinsames Leben eintreten - aber ohne Flaggen. "Flaggen sind mir unbehaglich - sie sind ein Zeichen von Nationalismus. Ich möchte mehr Demonstrationen sehen, bei denen weder eine israelische noch eine palästinensische Flagge zu sehen ist", betonte der 56-Jährige.
Für den Regisseur ist die Debatte über zunehmenden Antisemitismus in der Bundesrepublik redundant. "Antisemitismus war immer ein Problem. Er ist nie verschwunden. Aber er hat so viele Facetten", sagte der frühere Intendant der Komischen Oper Berlin. "Er reicht von subtilen Äußerungen bis hin zu Mord. Es ist ein unglaublich grausames Spektrum des Hasses." Kosky zufolge sei es wichtiger, nach Lösungen zu suchen - beispielsweise in den frühen Jahren, in der Erziehung.
Nach zehn Jahren als Intendant eines der drei großen Opernhäuser der Hauptstadt kehrt Kosky nun zu seinen Wurzeln zurück: "Ich bin Künstler - das ist meine Hauptidentität. Ich war der Intendant der Komischen Oper Berlin, aber ich bin kein Intendant von Beruf. Mein nächstes Kapitel geht zurück zum freischaffenden Künstler." Sein Kalender bleibe aber so voll wie immer. Der Regisseur bereitet gerade "Die Fledermaus" an der bayerischen Staatsoper vor. "Ich möchte München einen kleinen Vorgeschmack auf diesen Kosky-Operettenrausch geben", sagte er lachend.
Zur Eröffnung der Kulturhauptstadt Bad Ischl am 20. Jänner zeigt Kosky seine Inszenierung der Operette "Eine Frau, die weiß, was sie will!" von Oscar Straus, die 2015 an der Komischen Oper Berlin Premiere hatte und im März 2024 im Berliner Schillertheater Wiederaufnahme feiert. "Sein Konzept: Virtuose Verknappung. Es geht so brillant auf, dass es das Berliner Publikum vom Hocker reißt", hieß es damals im "Deutschlandfunk" dazu. Dagmar Manzel und Max Hopp spielen an dem 75-minütigen Abend, der musikalisch mit Märschen, Walzern, Foxtrotts und Chansons aufwartet, mit Verve und Witz gleich 20 Figuren.
Zusammenfassung
- "Das Leben, die Kunst, die Freude, das sind die Antidote zum Terror."
- Ich war der Intendant der Komischen Oper Berlin, aber ich bin kein Intendant von Beruf.