Ramazzotti in Ischgl: Üppiger Gefühlsbombast und Gassenhauer
Denn wer bis dahin glaubte, dass Gefühle wie Liebe, Romantik und Begehren einer subtilen Umsetzung bedürfen, wurde bei Ramazzotti schnell eines Besseren belehrt. Ihm ging es eindeutig um die ganz große Ausgestaltung dieser Emotionen, für die nicht gekleckert, sondern kräftig geklotzt wurde. Phasenweise waren drei Gitarren im Einsatz, Hammond-Sounds trafen regelmäßig auf breite Synthie-Flächen und für die perkussive Umrahmung und Grundierung waren zwei Männer im Dauereinsatz.
Dazu kamen noch zwei Backgroundsängerinnen, ein Bassist und nicht zuletzt eine Musiker am Klavier, der für die nötige emotionale Unterfütterung der Songs sorgte und quasi das melodische Grundgerüst parat stellte. Darüber hinaus gab es auch auf der inszenatorischen Ebene die ganz große Geste zu erleben. Der 59-jährige Ramazzotti, durchaus durchgehend sehr gut bei Stimme, feuert das Publikum regelmäßig laut an, hielt bei besonders gefühlvollen Passagen Händchen mit einer der Sängerinnen und war sich nicht zu schade, mit dem dafür angemessenen Gesichtsausdruck, selbst an der Gitarre Hand anzulegen und Gitarren-Soli in die Winterlandschaft zu blasen.
Der Beginn des Konzertes führte angesichts dieses wie geschmiert laufenden Eros-Maschine, an der er wohl über lange Zeit hart erarbeitet hatte, zuvor fast ein wenig in die Irre. Mit Elektro-Beats und House-Anleihen schwangen sich Ramazzotti samt Band im Umfeld von "L'Ombra del Gigante" in fast schon moderne Gefilde und wagten einen neugierigen Blick in die Clubs der Gegenwart. Kurz darauf war aber wieder alles beim Alten und es stand der Eros vor einem, den vor allem die Frauen lieben und schätzen: "Dove c'è musica" stand auf der Setlist und belegte, dass große Experimente nun doch nicht mehr zu erwarten waren.
Weitere Gassenhauer, von denen die italienische Musik-Ikone angesichts einer jahrzehntelangen Erfolgskarriere viele aufweisen kann, sollten Gewehr bei Fuß folgen: "Se bastasse una canzone" war ebenso zu hören wie "Adesso tu" oder "Cose Della Vita". Dabei schrammte man, vermutlich wegen der manchmal auch protzig und breitbeinig agierenden Band, manchmal auch nur knapp an Schlager-Flachheit vorbei. Solides Handwerk bot Ramazzotti aber bei diversen Mitsingpassagen, bei denen er, getragen von tausenden Kehlen, sichtlich in seinem Element war. Insgesamt gelang die Balance zwischen Einfachheit, Publikumsaffinität und künstlerischem Mindestanspruch bestens.
Nach zwei Zugaben und einem rund 90 Minuten langen Set war Schluss mit dem mediterranen Pop-Schlager-Spektakel. Ramazzotti hatte sich als würdiger Saison-Abschließer erwiesen, der es souverän verstand, mit einem solid-routinierten Set mit Gefühlsgarantie und durchwegs hoher Musikalität die vielseitige Masse zu einer Einheit werden zu lassen. Man tanzte, klatschte und wünschte sich zum Schluss noch mehr Musik, zu der sich der Superstar aber nicht mehr erweichen ließ.
Zusammenfassung
- Eros Ramazzotti hat Sonntagnachmittag mit seiner groß angelegten Band beim "Top of the Mountain Closing Concert" vor knapp 20.000 Besuchern die Ischgler Wintersaison offiziell beendet.
- Auf der auf 2.300 Metern gelegenen Idalp bot der italienische Superstar seine altbewährten Italopop-Gassenhauer, die er teilweise mit modernen Einsprengseln auffettete.