ORF ohne Trost: Sportchef biegt in die Pension ab
Als herausforderndste Entwicklung in seiner Ära als Sportchef bezeichnet Trost den Rechtemarkt. "Es wurde immer schwieriger, Sportrechte zu vernünftigen Konditionen oder überhaupt zu bekommen", so der Mittsechziger. Verantwortlich macht er dafür das verstärkte Aufkommen von Pay-TV und diverse auf Sport spezialisierte Onlineplattformen als auch den "permanenten Sparkurs" im ORF. Mit dem Personalstand sei es zusehends schwierig geworden, die gewünschten Produktionen - "Je mehr Sport, desto besser" - auch zu realisieren. "Da sind wir an unsere Grenzen gestoßen", sagt Trost.
Zusehends setzte der ORF im Sportbereich auf Kooperationen mit Privaten - etwa bei der Formel 1 oder der jüngsten Fußball-Weltmeisterschaft. Als notwendiges Übel erachtet Trost das nicht. "Ich sehe es nicht als Übel. Es gibt mehr Konkurrenz, und man wird direkt verglichen. Man sollte auf einem kleinen Markt wie Österreich besser kooperieren, als einzeln zu kämpfen. Ich war immer für Kooperation und bin es weiterhin." Und die wird laut Trosts Prognose wohl auch weiter nötig sein, denn: "Teures wird teurer." Auf welche Sportarten der ORF unter diesen Vorzeichen auf keinen Fall verzichten sollte, lässt er sich nicht entlocken. "Unter meiner Führung hatten wir eine Strategie, und ich gehe davon aus, dass diese neu bewertet und eventuell auch anders aufgestellt wird."
Apropos neue Strategie: ORF-Chef Roland Weißmann hat angesichts von Sparwünschen der Politik angekündigt, ORF Sport + künftig mittelfristig als linearen Sender aufzulösen und dessen Inhalte ins Digitale und zu ORF 1 zu migrieren. Eine gute Idee? "Ich denke mir, dass es für neue Zeiten neue Ideen braucht. Wenn es eine andere Finanzierung gibt, muss man darauf reagieren", so Trost. Er wolle aber keine Zurufe "von der Tribüne" machen und zeigt sich überzeugt, dass "das tolle Führungsteam im Sport und die tolle Redaktion das gut lösen werden". Kritiker des Vorhabens fürchten, dass Randsportarten, für die der Sender traditionell Heimat ist, weit weniger Aufmerksamkeit bekommen könnten. "Man müsste das Konzept kennen, um eine Einschätzung abgeben zu können", sagte das ORF-Urgestein. Auch hänge viel davon ab, was der ORF künftig mit der angekündigten Digitalnovelle tun dürfe. "Derzeit ist es nicht möglich, etwas alleinstehend auf einer digitalen Plattform zu senden, wenn nicht zumindest 30 Prozent im linearen TV laufen", skizziert Trost ein derzeitiges Ärgernis für den ORF, für dessen gesetzliche Behebung das öffentlich-rechtliche Medienhaus eintritt.
Die Privaten treten dafür ein, dass sich der ORF auf Randsportarten konzentrieren solle, weil Premiumsport ohnehin andere übernehmen. "Wenn ich für einen privaten Sender zuständig wäre, würde ich mir natürlich die Gustostückerl rauspicken und den Rest dem ORF überlassen. Dann würde der ORF aber wesentlich weniger Zuschauerinnen und Zuschauer generieren und es wäre eine Diskussion zu recht vorprogrammiert", meinte Trost. Generell sei Livesport ein Publikumsmagnet. "Sport füllt zurzeit 16 Prozent der Sendefläche auf ORF 1, generiert aber 40 Prozent der Nutzung", skizziert er. Mit Highlightsendungen komme man in Zeiten des Internets aber nicht weit. "Da bist du schon der Zweite."
Großes Thema war für Trost Diversität im Sport. Unter seiner Führung wurde Frauenfußball, Fraueneishockey oder auch Frauenskispringen eine größere Bühne geboten. Auch wurden Frauen bei Großevents als Kommentatorinnen eingesetzt. So richtig in Schwung gekommen ist die Entwicklung aber noch nicht. "Es ist aus mir unerklärlichen Gründen aus der Vergangenheit so gewachsen. Wir haben versucht, das zu ändern. Aber wenn gespart werden muss und wenig bis nichts nachbesetzt wird, hat man natürlich ein Problem, den Personalstand weiterzuentwickeln", erklärt Trost.
Kritisch betrachten müsse man in Zukunft auch nicht gerade dem Klima zuträgliche sportliche Großevents wie die Formel 1 oder den Ski-Weltcup, bestätigt Trost. Wobei er dafür plädiert, sich dem Thema gesamtheitlich zu nähern und nicht an einzelnen Sportarten aufzuhängen. Wichtig sei in diesem Kontext etwa die Frage, wie man in Zukunft produziere - etwa aus der Ferne.
Ob er angesichts der Verantwortung für eine derartig publikumswirksame wie finanzkräftige Abteilung immer gut mit dem Druck umgehen habe können? "Grundsätzlich ja. Aber es wäre gelogen zu sagen, es hätte keinen Druck gegeben. Es war sehr herausfordernd und hin und wieder auch sehr viel", so Trost. Leicht fällt ihm der Abschied deswegen aber nicht. "Natürlich wird man wehmütig, wenn sich ein Lebensabschnitt dem Ende zuneigt. Es beginnt aber ein neuer, und ich habe so einiges privat zu tun", verabschiedet sich der langjährige ORF-Sportchef in die Pension.
Zusammenfassung
- 40 Jahre im ORF, 15 davon im Sport und 14 als Chef der finanziell gut gepolsterten Abteilung: So lautet die Bilanz von Hans Peter Trost.
- Der Wiener verlässt mit dem heutigen Mittwoch den öffentlich-rechtlichen Medientanker in Richtung Pension.
- Davor sprach er mit der APA noch über den zusehends erbitterten Kampf um Sportrechte, Kooperationen mit Privaten, Diversitätsbemühungen und Spardruck.
- Als notwendiges Übel erachtet Trost das nicht.