Neue Künstlerhaus-Schau: "Auf den Schultern von Riesinnen"
"Man könnte die Ausstellung auch ganz anders machen", gab die Kunstkritikerin und Journalistin Schedlmayer heute bei der Presseführung zu der am Freitag im Wiener Künstlerhaus eröffnenden und von ihr kuratierten Präsentation auf die Frage nach ihren Auswahlkriterien unumwunden zu. "Diese Künstlerinnen sind da, weil ich sie umwerfend finde." Das Thema der Role Models für die heutige Künstlerinnengeneration sei schon länger virulent, sagte sie. Viele lange marginalisierte oder vergessene Künstlerinnen der Vergangenheit wurden wieder ins Bewusstsein geholt, und mit ihnen auch der lange Kampf gegen eine männliche Dominanz in Kunst, Gesellschaft und (Kunst-)Geschichtsschreibung.
Die eingeladenen Künstlerinnen setzen sich in Beziehung zu Vorgängerinnen, schreiben den Kanon um oder interpretieren Dinge neu. Isa Rosenberger beschäftigt sich etwa in einer Installation mit dem Vermächtnis des Bauhauses, Carola Dertnig mit dem Nachlass der Architektin Anna-Lülja Praun (1906-2004). Constanze Ruhms Fotoserie "A Woman's Work is Never Done" bezieht sich auf Gemälde der Barockmalerin Artemisia Gentileschi (1593-1654), für deren Nachstellung sie befreundete Kolleginnen aus unterschiedlichen Sparten vor die Kamera bat (zwei von ihnen sind auch selber mit eigenen Arbeiten in der Ausstellung vertreten). Viktoria Tremmel hat sich in einer buchstäblich verschachtelten Installation mit der britischen Schriftstellerin Anne Lister (1791-1840) beschäftigt, deren homoerotische Texte lange weggesperrt waren, und integriert dabei Textauszüge ebenso wie Zeichnungen und Aquarelle.
Direkt in Selbstporträts von Künstlerinnen der Vergangenheit greift Bettina Beranek ein. Doch noch verschwommen und verpixelt sind die Vorlagen, von Frida Kahlo bis Maria Lassnig, erkennbar. Auch Anna Meyer setzt auf eine Umschreibung der Kunstgeschichte: In den 64 Plexiglasplatten der Installation "Futurefeminismus (Wir lebten in 100 Jahren)" positioniert sie weibliches und queeres Schaffen neu, arrangiert und gestaltet bekannte Kunstwerke um und regt zu Perspektivenwechseln und Neubetrachtungen an. Karin Fisslthaler bezieht sich in ihren Filmen auf die Sängerin Nico und auf Kunstpionierin VALIE EXPORT, und Christina Perschon hat zwei österreichische Künstlerinnen vor die Kamera gebeten: Isolde Maria Joham klettert in ihrem Atelier mühsam eine Metallstiege vor einem eigenen Großformat empor (2022 verstarb die Künstlerin am letzten Ausstellungstag ihrer großen Personale in der Landesgalerie Niederösterreich, wo das Video ebenfalls gezeigt wurde), die 90-jährige Florentina Pakosta blickt lange direkt in die Kamera, ehe sie ihr Gesicht mit einer Maske verdeckt.
Das Maskenbild ist das Cover des Katalogs, in dem auch die ebenfalls ausgestellten Künstlerinnen Katharina Aigner, Judith Augustinovič und Valerie Habsburg, Anahita Asadifar, Anna Reisenbichler, Stefanie Seibold und Huda Takriti zu Wort kommen. Magda Woitzuck hat einen literarischen Beitrag beigesteuert. Er endet mit "Ich kann nicht mehr gelöscht werden." Das wäre wohl ganz im Sinne der Riesinnen - und ihrer Enkelinnen.
(S E R V I C E - "Auf den Schultern von Riesinnen", Ausstellung im Künstlerhaus Wien, Wien 1, Karlsplatz 5, 9.3. - 9.6., Mo bis So 10-18 Uhr, www.kuenstlerhaus.at )
Zusammenfassung
- Im Wiener Künstlerhaus läuft vom 9.3. bis zum 9.6. die Ausstellung 'Auf den Schultern von Riesinnen', die das Erbe weiblicher Kunstschaffender würdigt.
- Kuratorin Nina Schedlmayer präsentiert Werke, die sich mit dem Einfluss von Künstlerinnen wie VALIE EXPORT und Artemisia Gentileschi auf die heutige Generation auseinandersetzen.
- Die Ausstellung umfasst diverse Medien und bietet einen begleitenden Katalog mit Beiträgen der Künstlerinnen und einem literarischen Text von Magda Woitzuck.