APA/Wolfgang Huber-Lang

Nationenpavillons als Pariser Weltausstellung im Kleinen

Olympia ist nicht nur eine Gelegenheit zum sportlichen Wettkampf, sondern auch zur nationalen Selbstdarstellung. Österreich ist stolz auf seine Maison d'Autriche, die abseits des Trubels im idyllischen Parc de Montsouris im Süden von Paris vor allem auf Gastlichkeit setzt und als Anlaufstelle der rot-weiß-roten Community dient. Viele andere Länder präsentieren sich in der französischen Hauptstadt ebenfalls mit Nationenpavillons. Ihre Konzepte sind überaus unterschiedlich.

Vor allem verblüfft, dass das Vergnügen eines "Länderbesuchs" keineswegs immer gratis ist. Die Preise sind teils erstaunlich: Die Briten verkaufen für ihren Pavillon Gold-, Silber- und Bronze-Packages zum Preis von 150, 270 und 435 Pfund (174, 314 respektive 506 Euro) samt Begegnungsgarantie mit den "Team GB legends". Bei den USA, die Quartier im Palais Brongniart, der alten Börse im 2. Arrondissement, bezogen haben, kostet der Tageseintritt 325 Euro! Neben Begegnungen mit den US-Athletinnen und -Athleten wird dafür Gratis-Essen und -Trinken, interaktiver Spielspaß für die ganze Familie, das Verfolgen der Wettbewerbe auf Bildschirmen und "Zugang zum offiziellen Team USA Shop" versprochen. Mit 30 Euro ist das Fan-Ticket bei den Niederländern vergleichsweise billig, die zehn Euro, die die Tschechen verlangen, können schon als Okkasion gelten.

Wenn keine Eintrittsgelder eingehoben werden, dann gibt es meist ein Ticket-System, bei dem man sich entweder vorab online oder zumindest vor Ort via QR-Code registrieren muss. Taschenkontrollen sind ohnedies obligatorisch, und nicht selten ist das Mitnehmen von Getränken nicht gestattet - oder muss vor dem Wachpersonal aus der Wasserflasche getrunken werden: Es könnte ja ein Molotowcocktail sein ...

Die Pavillons sind über die ganz Stadt verstreut und manchmal gar nicht leicht zu finden. Die Belgier haben in den Salons Hoche zwischen l'Arc de Triomphe und Parc Monceau ihre Zelte aufgeschlagen, Irland im O'Sullivans Pub im 9. Arrondissement. Wer bei der von ihnen versprochenen "biggest party at Paris 2024" mitfeiern will, zahlt ab 17 Uhr 25,50 Euro Eintritt. Im Marriott Champs-Elysées residiert Neuseeland, ganz in der Nähe haben die Dänen die Fassade des Maison du Danemark mit ihrer roten Fahne mit weißem Kreuz geschmückt. Die Schweiz hat einfach den Botschaftsgarten zugänglich gemacht.

Im Rugbystadion Jean Bouin in Nachbarschaft zum Prinzenpark-Stadion und zum Tennisstadion Roland Garros ist das "Deutsche Haus" samt eigener Fanzone errichtet worden - um 20 Euro ist man dabei, aber nur bis 22 Uhr, denn dann muss Ruhe sein, "wegen behördlichen Vorgaben, auch wenn noch Sport läuft". Wenig Einschränkungen und gar keine Eintrittsgebühr kennt man dagegen im Stade Robert-César auf der Ile-Saint-Denis unweit des Olympischen Dorfes: Hier betreiben die 53 olympischen Delegationen Afrikas gemeinsam eine "Station Afrique" mit viel Musik.

Im Bois de Boulogne verfolgen drei Nationen ein ähnliches Konzept wie Österreich und haben historische Lokalitäten zu ihren Hauptquartieren umgebaut. Die Briten zogen in den Pavillon d'Armenonville, die Polen machten den Pavillon Royal zur Maison Polonaise, und Italien hat das pittoreske alte Lokal Pré Catelan künstlerisch zur Casa Italia umgestaltet.

Wirklich Expo-Stimmung kommt aber nur im Parc de la Villette im Norden von Paris auf. Rund um ein riesiges Gelände, in dem jene Franzosen, die keine Lust auf Stadionbesuche haben, aber dennoch mit dabei sein wollen, feiern, haben gleich 13 Nationen meist in Messepavillons ihre Quartiere bezogen. Hier das große Niederlande-Haus zu finden, ist einfach: Immer den vielen Menschen mit orangener Kleidung nachgehen ...

Im Ukraine-Pavillon stellt man unter dem Motto "The will to win" von russischen Granatsplittern zerstörte Schalensitze aus dem Stadion von Charkiv aus und lässt die Besucher sich an der mit Autoreifen improvisierten Gewichtheberstange des Hochspringers Andriy Protsenko aus der Region Cherson ausprobieren. Auf der Leinwand wird unterdessen ein Ringer-Wettkampf übertragen.

In diesem Parc des Nations sind u.a. auch Slowenien, Kolumbien, Brasilien, Mexiko, Mongolei und Taiwan vertreten. Serbien ist in das Théâtre Paris-Villette eingezogen, und fast überall setzt man auch auf Kultur. Im südafrikanischen Pavillon, wo an diesem Nachmittag ein Tanzworkshop viel Schwung verbreitet, präsentiert man die Highlight des nationalen Modeschaffens und zeigt, dass die Haute Couture vom Kap sich in der Modemetropole an der Seine keineswegs verstecken braucht.

Wirklich von den Massen umlagert ist jedoch das große, mitten im Gelände am Canal de l'Ourcq gelegene "India House", das in kitschigen Farben alle einschlägigen Klischees bedient. Die Stars, die hier im Musik- und Show-Programm für lautstarke Begeisterung der Fans sorgen, kommen nicht aus den Sportstadien, sondern aus den Studios von Bollywood.

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Der Eintritt zu den Nationenpavillons bei Olympia 2024 in Paris variiert stark: Der US-Pavillon verlangt 325 Euro, während das niederländische Fan-Ticket nur 30 Euro kostet.
  • Im Parc de la Villette im Norden von Paris haben 13 Nationen ihre Pavillons aufgebaut, darunter die Ukraine, die zerstörte Schalensitze aus Charkiv ausstellt.
  • Das 'India House' im Parc de la Villette zieht viele Besucher an, vor allem wegen der Bollywood-Shows, die für lautstarke Begeisterung sorgen.