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Michelle Cotton leitet Kunsthalle Wien ab Sommer 2024

Sie möchte die Kunsthalle Wien öffnen, ein diverseres Publikum erreichen und "die nächsten Generationen" inspirieren: Die 1977 in Nordwestengland geborene Britin Michelle Cotton, derzeit Programmleiterin am MUDAM - Museum für zeitgenössische Kunst in Luxemburg, übernimmt im Sommer 2024 als Nachfolgerin des Zagreber Kollektivs WHW die Leitung der Kunsthalle Wien. Am Freitag wurde sie von der Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) vorgestellt.

"Guten Morgen Wien, ich bin die Neue", stellte sich die Britin, die von ihrer Zeit als Direktorin des Bonner Kunstvereins (2015-2019) noch ein wenig Deutsch spricht, den Medien vor. Besonders wichtig sei es ihr, die Kunsthalle zu einem "lebendigen Ort mit einer engagierten Community" zu machen, die die Ausstellungen "immer wieder und wieder" besucht. Ein genaues Programm werde sie zu gegebener Zeit vorstellen. Wien und Österreich kenne sie "noch nicht so gut", betonte aber: "Was ich weiß ist, dass Wien eine Stadt ist, wo Kultur im Herzen der Gesellschaft verankert ist und es einen intensiven Diskurs gibt. Das ist nicht überall so." Cotton, die bis zum Frühjahr 2024 am MUDAM bleiben werde, aber so oft wie möglich nach Wien kommen will, hält jedenfalls nichts von Blockbuster-Ausstellungen, "in denen die Zuschauer nur wieder sehen, was sie bereits kennen. Ich denke, dass die Leute wirklich etwas sehen wollen, das neu für sie ist."

Kaup-Hasler, die der "klaren Empfehlung der Jury unbedingt folgen wollte", würdigte Cottons starken Fokus auf "kooperatives Handeln und Gestalten", sie werde die "Öffentlichkeit mit innovativen Ansätzen für Themen sensibilisieren, die in der Gegenwartskunst einfach da sind". Es gebe zu den Vorgängerinnen, denen Kaup-Hasler ausdrücklich für ihre Arbeit dankte, also keinen "radikalen Bruch, sondern eine Weiterentwicklung". Cotton schließe "mit einem kritischen Blick auf die hegemoniale Kulturgeschichtsschreibung" an jene Themen an, die bereits jetzt stark in der Kunsthalle verankert seien. Mit ihrem bisherigen Wirken habe sie "Weitblick und Spürsinn bewiesen, und zwar sowohl für virulente gesellschaftspolitische Themen als auch für Künstlerinnen und Künstler, die mit großen Setzungen unsere Zeit im Spiegel der Kunst reflektieren", so Kaup-Hasler. Was die früher angedachte Idee betrifft, die Kunsthalle Wien an einem neuen Ort - in den Wiener Randbezirken - zu etablieren, verwies die Stadträtin auf APA-Anfrage, dass es in Zeiten der multiplen Krisen nun vor allem darum gehe, die Institution zu stabilisieren und zu stärken. Mittelfristig werde sie ihr Ansinnen aber nicht aus dem Blick verlieren, derzeit gehe es jedoch darum, Prioritäten zu setzen.

Jury-Sprecher Dirk Snauwaert (Leiter des WIELS Zentrum für Zeitgenössische Kunst in Brüssel) betonte, dass sich im Ausschreibungsprozess, in dem es 27 internationale und zehn nationale Bewerbungen gab, hochkarätige Konzepte befunden hätten. Cotton sei aber die einzige gewesen, die auch das ganze Haus, also das Team selbst, in die Positionierung zwischen Vergangenheit der Institution und der Zukunft miteinbezogen habe. Darüber hinaus lobte er ihr "sehr interessantes Ausstellungskonzept, das sowohl die Konzeption von Einzelausstellungen als auch internationalen Gruppenausstellungen" beinhalte. Auch die heimische Szene werde verstärkt miteinbezogen werden.

Cotton wurde 1977 in Preston (Nordwestengland) geboren, studierte Anglistik und Literatur am Londoner King's College und schloss ein Post-Graduate-Studium der Kunstgeschichte am Courtauld Institute of Arts ab. Ihre kuratorische Laufbahn startete sie in der Norwich Gallery, anschließend war sie Programmverantwortliche in den Organisationen S1 Artspace in Sheffield und Cubitt in London. Als Chefkuratorin wirkte sie von 2010 bis 2015 am Zentrum für zeitgenössische visuelle Kunst Firstsite in Colchester, bevor sie als Direktorin zum Bonner Kunstverein wechselte, den sie von 2015 bis 2019 leitete. Derzeit ist sie Programmleiterin am MUDAM.

Im zweiten Anlauf der Ausschreibung hatte es 37 Bewerbungen gegeben, nachdem die 20 Einreichungen aus der ersten Runde "nicht den Kriterien" entsprochen hatten. Gesucht wurden Persönlichkeiten "mit künstlerischer und gesellschaftspolitischer Vision" mit Erfahrungen in der Konzeption und Umsetzung von Ausstellungen "auf internationalem Niveau".Die im zweiten Durchlauf erweiterte Jury bestand aus neun Expertinnen und Experten. Das aus Ivet Ćurlin, Nataša Ilić und Sabina Sabolović bestehende WHW-Kollektiv, das die Kunsthalle Wien seit Sommer 2019 nach dem Abgang von Nicolaus Schafhausen geleitet hat, hatte nach der erneuten Ausschreibung angekündigt, sich nicht neuerlich bewerben zu wollen.

(S E R V I C E - https://kunsthallewien.at/)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Britin Michelle Cotton übernimmt ab Sommer 2024 die Leitung der Kunsthalle Wien und löst damit das Zagreber Kollektiv WHW ab.
  • Das gaben die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Jury-Sprecher Dirk Snauwaert am Freitag bekannt.
  • Für Kaup-Hasler ist es der Abschluss eines "mitunter nicht leichten, aber wichtigen Prozesses".
  • Cotton ist derzeit Programmleiterin am MUDAM in Luxemburg.