Launiger Reisebericht: Stefanie Sargnagel war in "Iowa"
"Je stärker mein Schriftstellerinnendasein durch Touren und Lesungen geprägt ist, desto mehr sinkt im Privaten die Lust auf Ortswechsel", bekennt die 37-jährige Autorin, die hierzulande mittlerweile Prominentenstatus genießt - samt Hauptrolle in ihrem eigenen Film ("Sargnagel" von Sabine Hiebler und Gerhard Ertl). Und dennoch nahm sie die Einladung nach Grinnell an, einem 8.000-Einwohner-Städtchen in der Kornkammer der Vereinigten Staaten. Ihre Erwartung; "Wir werden zusammen im Maisfeld stehen, Slipknot hören, einander zunicken und dann mit Waffen auf rostige Bohnendosen schießen." Wir - das sind Sargnagel und die um 25 Jahre ältere deutsche Musikerin Christiane Rösinger (Lassie Singers), einst ein Idol des Teenagers, nun beste Freundin und Partner in Crime, wenn es darum geht, die ländliche Einöde der USA aufzumischen.
Erzählt wird das Abenteuer im Rückblick, denn die beiden Frauen sind zwar wieder zusammen, aber im Berliner Garten von Christiane muss sich Sargnagel jetzt endlich dahinterklemmen, ihre Erlebnisse aufzuschreiben. Der Abgabetermin ist nahe und die Erinnerung an die gemeinsame Reise ist schon ziemlich verblasst. Also wird alles noch einmal heraufbeschworen - und die Ältere steuert immer wieder "korrigierende Fußnoten" bei, die manches zurechtrücken und mindestens ebenso witzig zu lesen sind wie der Fließtext. Und der kommt natürlich betont locker und lässig daher. Denn seit ihren "Statusmeldungen" aus der Welt zwischen Studentenleben, sozialem Aussteigertum und Geldverdienen im Callcenter hat Stefanie Sargnagel einen Jargon perfektioniert, in dem sie pointiert das wiedergibt, was ihr so alles widerfährt und durch den Kopf geht und dabei in der scheinbar radikalen Privatheit Ton und Stimmung der Zeit perfekt trifft.
"Iowa" ist ein genussvolles Jonglieren mit Klischees und ein Clash of Cultures, der wenig Überraschungen, aber viel Vergnügen bereithält. Das Buch ist voller staunender Begegnungen mit Menschen und ihrem Way of Life und wird zu einer Feldforschung aus einer ziemlich anderen Zivilisation. Da wird jeder Supermarkt-Einkauf, jede Greyhound-Busfahrt zum Erlebnis. Dabei setzt Sargnagel eher auf Understatement denn auf Übertreibung - woraus freilich ebenso viel Komik entsteht wie aus der Interaktion mit ihrer Reisebegleiterinnen. Kaum ist nämlich Christiane heimgeflogen, trifft bereits die Mutter der Autorin ein. Mit ihr geht es weiter nach San Francisco und Los Angeles - mitten hinein in unübersehbare soziale Probleme. "Niemand hatte uns darauf vorbereitet, dass diese Glamour und Weltgewandtheit versprechende Stadt eine Riesenobdachlosensiedlung ist."
Aber das ist eine andere Geschichte, und für diesmal ist der "Ausflug nach Amerika" schon wieder zu Ende. Er war aufregend, unterhaltsam und lehrreich. Was will man mehr?
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - Stefanie Sargnagel: "Iowa - Ein Ausflug nach Amerika", Rowohlt Hundert Augen Verlag, 304 Seiten, 22,70 Euro; Lesung am 20.1.2014, 20 Uhr, gemeinsam mit Christiane Rösinger im Literatursalon im Gemeindebau, Rabenhof Theater, Wien)
Zusammenfassung
- Stefanie Sargnagel eine Reiseschriftstellerin zu nennen, scheint etwas übertrieben. Und doch machte vor ein paar Jahren ihr Reisetagebuch aus Marokko mehr Schlagzeilen als manches ihrer Bücher. Ihre literarisierten Berichte wurden zum "Babykatzengate" und riefen den Presserat auf den Plan. Gleiches ist nun von "Iowa" nicht zu befürchten. Darin schildert sie einen Aufenthalt im Mittelwesten der USA, wo sie 2022 an einem Kleinstadt-College einen "Creative Writing"-Kurs gab.