"Langsam ohne zu zögern": Holocaust-Aufarbeitung im Hamakom
Hier in der Leopoldstadt, wo einst das jüdische Kulturleben blühte - woran die Pop-Up-Ausstellung "Walk of Fame" im Foyer erinnert, und wo seit der Wiederbelebung des Theaterraums die Holocaust-Aufarbeitung eines der zentralen Themen ist, könnten sich Eric und Margot zu Hause fühlen. Sie lernen einander im Zug kennen, der sie nach der Befreiung der KZs nach Paris zurückbringt. Der Jugendstil-Theatersaal dient als die weitläufige, großbürgerliche Wohnung, in die Margot als einzige Überlebende ihrer Familie zurückkehren kann.
Zu ihr stößt Eric. Er hat weniger Glück gehabt: Die Wohnung seiner toten Eltern wurde arisiert und ist nun von fremden Menschen bewohnt. Er sucht bei Margot Unterschlupf. Die ist zwar irritiert und abweisend, letztlich aber doch recht froh, nicht allein zu sein. Zu zweit lassen sich die Hunde, die sie im Schlaf regelmäßig heimsuchen, knurren und ihre Zähne fletschen, leichter an die Ketten legen. Geschlafen wird dennoch einzeln - und am Fußboden. Weiche Betten sind sie nicht mehr gewöhnt.
Simon Morzé, 2018 bei seiner ersten Kinohauptrolle in der Verfilmung von Robert Seethalers Roman "Der Trafikant" an der Seite von Bruno Ganz und im Vorjahr für seinen Auftritt in "Der Fuchs" mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, spielt den Holocaustüberlebenden mit deutsch-polnischen Wurzeln, der mit energischem Auftreten seine Unsicherheit und Verlorenheit zu verbergen sucht. Mariam Hage ist die junge Frau, die mit ein paar Tanzschritten ins Leben zurückzufinden hofft und dabei mehr als einmal stolpert. Roxana Stern führt als Erzählerin durch den 90-minütigen Abend - eine Figur, auf die man gerne verzichten würde, die aber das Lehrstückartige dieser Konstellation betont.
Lehrstück hin, Wahrscheinlichkeit her: Am Ende siegt das Leben. Und die beiden jungen Menschen entscheiden sich dafür, gemeinsam eine Zukunft zu haben. Erleichtert setzt der Applaus ein. Nicht langsam, sondern schnell ohne zu zögern.
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - "Langsam ohne zu zögern" von Samuel Machto, Elise Hofner und Merlin Vervaet, Regie: Samuel Machto und Elise Hofner. Mit Roxana Stern, Mariam Hage, Simon Morzé, Eine Kooperation des Theater Nestroyhof Hamakom mit "Die Wiener Melange", Theater Nestroyhof Hamakom, Wien 2, Nestroyplatz 1, Weitere Vorstellungen: 6., 7., 8., 11. und 12. März, Karten: 01 / 8900314, www.hamakom.at )
Zusammenfassung
- Das Theaterstück 'Langsam ohne zu zögern' zeigt zwei junge Auschwitz-Überlebende, die 1945 in Paris ein neues Leben beginnen wollen. Die deutschsprachige Erstaufführung findet im Wiener Theater Nestroyhof Hamakom statt.
- Simon Morzé und Mariam Hage spielen die Hauptrollen, während Roxana Stern als Erzählerin fungiert. Das Stück betont die Herausforderungen und Hoffnungen der Protagonisten nach dem Holocaust.
- Die Aufführung läuft noch am 6., 7., 8., 11. und 12. März und bietet einen optimistischen Ausblick auf die gemeinsame Zukunft der beiden Hauptfiguren.