"Konsum - Ein Musical": Vor Uraufführung im Wiener Werk X
"Sie hat aber auch eigene Lieder geschrieben, etwa den Kreditkartensong, in dem es heißt: Emo, ergo sum - Ich kaufe, also bin ich", erzählt Bernd Liepold-Mosser. Der Regisseur ist der Motor hinter dem Projekt, das eine ungewöhnliche Vorgeschichte hat: "Ich inszeniere alle zwei Jahre im August am Villacher Rathausplatz ein Musical und bespiele dabei die Bühne des unmittelbar davor stattfindenden Villacher Kirtags, des größten Volksfest Österreichs. 2017 hab ich 'The Black Rider' gemacht, 2019 "Shockheaded Peter'. Heuer wollte ich einen Schritt weiter gehen und eine Uraufführung bringen." Ausgerechnet heuer machte Corona dem Kirtag und dem Theatermacher einen Strich durch die Rechnung. Der Kirtag wurde abgesagt - und so muss der Bühnenaufbau für die Villacher Vorstellungen (11. bis 14. August) selbst finanziert werden.
Beim Kooperationspartner Werk X, der in den Genuss der Premiere kommt, war der Kärntner zuletzt u.a. am Bühnencomeback der "Arbeitersaga" beteiligt. Mit "Konsum" wolle er daran anschließen und sich Freud und Leid des Spätkapitalismus widmen, sagt der Nestroy-Preisträger im Gespräch mit der APA. Auch Corona habe gezeigt, welchen Wert der Konsum in der heutigen Gesellschaft habe - für das soziale Leben der Menschen wie für das Funktionieren der Volkswirtschaften. Dafür sei das Musical als die äußerlichste, am meisten nach Marktkriterien funktionierende Form der darstellenden Künste das geeignete Medium. Weder an Personal-, noch an Ausstattungsaufwand kann und will man allerdings mit den Genretankern mithalten: Zwei Schauspielerinnen, zwei Schauspieler und zwei Musikerinnen müssen ausreichen.
"Es wird sehr musikalisch und auch unterhaltsam", hofft Liepold-Mosser, eine nachvollziehbare Bühnenhandlung dürfe man jedoch nicht erwarten: "Wir haben eine postdramatische Herangehensweise gewählt. Es ist fast ein theatraler Essay, bei dem das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wird und so puzzleartig ein Gesamtbild entstehen soll." Dabei wird nicht nur eine Kreditkarte, sondern etwa auch ein T-Shirt zu Wort kommen. Sein Leben gleicht einer Weltreise: in Indien wird die Baumwolle geerntet, in der Türkei wird sie versponnen, in Taiwan werden die Stoffe gewebt und in Polen gefärbt. In Bangladesch werden die Einzelteile zusammengenäht, bis das T-Shirt in Österreich verkauft wird. Über eine Textilsammelstelle geht es nach Afrika und landet dort auf dem Schwarzmarkt. "Radikal politisch und rücksichtslos unterhaltsam handelt das Musical von den Ambivalenzen unserer spätkapitalistischen Welt", macht die Vorauswerbung Lust auf den "Konsum". Kritische Konsumenten sind schließlich auch im Theater gefragt.
(S E R V I C E - "Konsum - Ein Musical", Inszenierung: Bernd Liepold-Mosser, Bühne & Kostüm: Karla Fehlenberg, Musik: Clara Luzia, Catharina Priemer-Humpel, Boris Fiala. Mit: Zeynep Buyraç, Annette Isabella Holzmann, Martin Hemmer, Oliver Huether, Clara Luzia, Catharina Priemer-Humpel. Uraufführung. Koproduktion von WERK X und Flying Opera. Werk X, Wien 12, Oswaldgasse 35A, Premiere: Mo, 28. Juni, 19.30 Uhr. Weitere Vorstellungen: 29. und 30. Juni sowie am 1. Juli, www.werk-x.at; https://www.flyingopera.at)
Zusammenfassung
- Für Musicals gelten in Wien eigentlich Raimundtheater und Ronacher als erste Adresse.
- Wer würde ein solches im Werk X in Meidling vermuten?
- "Radikal politisch und rücksichtslos unterhaltsam handelt das Musical von den Ambivalenzen unserer spätkapitalistischen Welt", macht die Vorauswerbung Lust auf den "Konsum".
- Mit: Zeynep Buyraç, Annette Isabella Holzmann, Martin Hemmer, Oliver Huether, Clara Luzia, Catharina Priemer-Humpel.