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"Jubelbuch" und Kopfschütteln zu 15 Jahre Science Busters

2007 starteten die Wissenschaftskabarettisten Science Busters mit ihrem damals hierzulande neuen Zugang zur Forschungsvermittlung. Viele TV-Shows, Programme, Bücher, Radioauftritte oder Podcasts später begeht man im Herbst das 15-jährige Bestehen - "Jubelbuch" inklusive. Trotz oder gar wegen Corona, "Fake News" und Co sieht die Truppe um Martin Puntigam das Feld der Wissenschaftsvermittlung nicht in der Krise - selbst wenn hierzulande mitunter Minister querschießen.

Den langjährigen programmatischen Slogan "Wer nichts weiß, muss alles glauben" hat man inzwischen mit einer Art erstem Verfassungszusatz versehen, wie Puntigam im Gespräch mit der APA erklärte: "Wissenschaft ist das, was auch dann gilt, wenn man nicht dran glaubt." Auf den gleichen Titel hört auch das ab Ende September erhältliche neue Buch der seit dem Ableben von Ideengeber und Ko-Begründer Heinz Oberhummer und dem Ausstieg von Werner Gruber mittlerweile auf bis zu zehn Mitglieder - Puntigam: "Wenn man Helmut Jungwirths (Ensemblemitglied, Anm.) Hund mitrechnet" - angewachsenen Truppe.

Von der einstigen "Boygroup" wurde man zur "Kelly Family" des Wissenschaftskabaretts. Die kredenzt neben dem am 26. September erscheinenden Buch in den kommenden Wochen noch eine Jubiläumsshow mit dem Titel "Planet B", die am 13. Oktober im Wiener Stadtsaal Premiere feiert, neue TV-Shows (ab 8. November im Rahmen der "Dienstag Nacht" in ORF1) und die Gala zum "Heinz Oberhummer Award" am 24. November. Im kommenden Jahr gibt es eine Zusammenarbeit in Puppenform mit Kasperl und Pezi im Wiener Urania Puppentheater, um die ganz jungen Semester zu erreichen.

Ein Zurücklehnen zum Jubiläum sei für die Gruppe nicht in Frage gekommen: "Das ist ja auch nicht vorgesehen in der Wissenschaftskommunikation", so "Zeremonienmeister" Puntigam. "Wir sind halt mit Wissenschaft lustig und Wissenschaft ist halt ständig neu", sagte Florian Freistetter, der neben dem hauptberuflichen Kabarettisten Puntigam und dem Molekularbiologen Martin Moder zum harten Kern des Ensembles zählt. In dieser Konstellation bestreitet man auch die Jubiläumsauftritte.

"Aus astronomischer Sicht ist der 'Planet B' so und so eine Fiktion", trübt Freistetter gleich einmal die Erwartungen. Trotzdem werde gerne mit einer "zweiten Erde" als Ausweichoption spekuliert. Was man auf einem "Planet B" finden könnte, seien vor allem Erkenntnisse, die für ein vernünftiges Leben auf der Erde gebraucht werden: "Wie müssen herausfinden, wie man eine Kreislaufwirtschaft hinbringt", so der Astronom und Autor. Am Mars wie auf der Erde müsse man über Wiederverwertung von Ressourcen oder nachhaltige Energiegewinnung nachdenken.

Glaubt man vielen Experten, sollte in der Wissenschaftsvermittlung künftig mehr Augenmerk auf den Forschungsprozess gelegt werden. Das könne ein tieferes Verständnis für die Arbeitsweise bringen und letztlich die Wissenschaftsskepsis reduzieren, so die Idee. Um das aber spannend zu beschreiben, brauche es in den Einrichtungen auch die Strukturen und die Unterstützung für die Forscher. "In Österreich gibt es immer noch keine Ausbildung in Wissenschaftskommunikation", monierte Freistetter: "Es können sich nicht alle so wie wir auf eine Bühne stellen und es einfach machen."

Puntigam: "Es ist auch nicht sehr hilfreich, wenn sich hochrangige Politiker hinstellen und sagen 'Wissenschaft ist das eine, Fakten das andere'", sagte Puntigam in die Richtung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der den Ausspruch kürzlich geprägt hatte. "Wenn jemand, der so im Rampenlicht steht, so einen Unsinn sagt, kann man tausendmal sagen, das die Leute nicht so wissenschaftsfeindlich sein sollen."

Diese Einstellung wohne den allermeisten Menschen auch gar nicht inne, glauben die Science Busters. Im Gegenteil: Verschwörungstheoretiker, Corona- und Klimawandel-Leugner, Fake News-Anhänger und Co hätten eigentlich meist grundsätzlich wissenschaftliches Interesse, würden laut Moder aber vor allem vermeintlich spannendere, mystischere oder verlockendere Interpretationen der Welt bevorzugen, die auch mannigfaltig aus zweifelhaften Quellen geliefert werden. Freistetter: "Es zeigt aber, wie relevant die Wissenschaft ist."

Letztlich könne man im Angesicht von Covid-19 oder dem Klimawandel Menschen eigentlich leichter dafür interessieren. Die Herausforderung für gute Wissenschaftskommunikation sei daher, Dinge spannend und knapp herunterbrechen und "aufhören, wenn es beginnt, falsch zu werden. Das ist aber ein eigener Beruf. Das können Forscher nicht nebenbei im Zug vor einer Konferenz erledigen", sagte Puntigam. Die Wissenschaftsvermittlung müsse letztlich lernen, genau so faszinierende Geschichen zu erzählen, wie zweifelhafte Personen, die sich ihre Geschichten einfach ausgedacht haben.

Neben dem direkten Kontakt mit dem Publikum erhofft sich Moder künftig viel vom Podcast-Format, das man auch bedient. Im englischsprachigen Raum habe es die Videoplattform Youtube schon überholt. Für die Science Busters selbst sei das Format auch attraktiv, "weil wir mal eine Stunde über ein Thema durchgehend sprechen können." Zudem erschließe man sich so eine jüngere Hörerschaft, die möglicherweise weniger theater- oder kabarettaffin ist.

Die Vermittlung von Forschung habe sich in den vergangenen 15 Jahren jedenfalls deutlich weiterentwickelt. Für die Kabaretttruppe ist daher auch noch lange nicht Schluss. Für den einzigen Fixpunkt seit Beginn, Puntigam, gilt: "Es soll mir nicht viel Schlimmeres passieren, als dass ich das neben meinen Soloprojekten bis an mein Lebensende machen kann."

(S E R V I C E - https://sciencebusters.at)

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  • 2007 starteten die Wissenschaftskabarettisten Science Busters mit ihrem damals hierzulande neuen Zugang zur Forschungsvermittlung. Viele TV-Shows, Programme, Bücher, Radioauftritte oder Podcasts später begeht man im Herbst das 15-jährige Bestehen - "Jubelbuch" inklusive. Trotz oder gar wegen Corona, "Fake News" und Co sieht die Truppe um Martin Puntigam das Feld der Wissenschaftsvermittlung nicht in der Krise - selbst wenn hierzulande mitunter Minister querschießen.