Italo-Liedermacher Antonello Venditti feiert 75. Geburtstag
Es ist ganz einfach, die Bedeutung dieses Liedermachers für Italien zu verstehen: Ein einziges Heimspiel des dreifachen Fußballmeisters AS Rom reicht völlig aus. Noch vor dem Anstoß tönt Venditti aus den Lautsprechern. Er hat seiner Roma, wie sie den Club mit den Farben rot und gelb vor Ort nur nennen, die Vereinshymne geschrieben: "Roma, Roma, Roma". Die Melodie ist eingängig, der Text auch: große Liebe, nur Du, gelb wie die Sonne, rot wie das Herz. Im Olympiastadion singen 70.000 mit. Ganz große Oper.
Noch größer allerdings ist nach einem halben Jahrhundert der Fankreis, den sich Venditti in seinem Heimatland und darüber hinaus selbst aufgebaut hat. Selbst unter den Anhängern des innerstädtischen AS-Erzfeindes Lazio soll es einige geben, die ihn eigentlich gar nicht so schlecht finden.
Im Unterschied zu den meisten anderen Größen des italienischen Pop ist Antonio Venditti, so der amtliche Name, tatsächlich auch in Rom geboren. Das war 1949, kleinbürgerliche Verhältnisse. Die Vereinshymne ist nur eins von vielen Liedern, in denen er seine Heimatstadt umschwärmt. Im vielleicht schönsten, "Roma Capoccia", kommen außer dem Kolosseum selbstverständlich auch der Trevi-Brunnen und der Petersdom vor. Den Text kann in Rom praktisch jeder mitsingen.
Venditti begann seine Karriere in der ersten Hälfte der 1970er im Kreis anderer Cantautori, Liedermacher also, wie Lucio Dalla oder Francesco De Gregori. Man nannte das damals die Hippie-Jahre. Venditti trug wilde Klamotten, die Haare lang und einen Vollbart. Wegen eines Christus-Lieds mit recht eigenwilligem Text ("Ammazatte Gesù Cri, quanto sei fico", in etwa: "Scheiße Jesus, wie geil Du bist") handelte er sich eine sechsmonatige Haftstrafe auf Bewährung ein. Um das Gefängnis kam er herum, und in der katholischen Kirche ist er bis heute noch.
Der Zeitgeist damals war links. Venditti sang über das Chemieunglück 1976 in Seveso ("Canzone per Seveso"), über den Opportunismus der italienischen Sozialisten ("L'ottimista"), über den Terror der sogenannten bleiernen Jahre ("Bomba o non bomba"). In "Che fantastica storia è la vita" machte er sich später über den rechten Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi lustig - einen seiner liebsten Kontrahenten. Mit "Sotto il segno dei pesci", einem Abgesang auf eine einst schwärmerische Liebe, stand er wochenlang auf Platz eins. Damit schaffte er es auch im Ausland in die Hitparaden. Alles in allem verkaufte er mehr als 40 Millionen Tonträger.
Was sich Venditti bis heute erhalten hat, ist die Neigung, den Leuten seine Meinung zu sagen. Auf seinen Konzerten neigt er manchmal zu ausufernden Redebeiträgen über die aktuelle Politik. Aber dann stimmt er die nächsten Akkorde an, und alles ist wieder gut. An der Treue des Römers zur Linken gibt es eigentlich keinen Zweifel, auch wenn er sich zwischenzeitlich einmal lobend über den weit rechts stehenden heutigen Vize-Ministerpräsidenten Matteo Salvini äußerte. Ein Missverständnis angeblich.
Optisch hingegen hat sich Venditti sehr verändert: Inzwischen trägt er blau getönte Brille, sehr schwarz gefärbtes Haar und deutlich zu weiße Zähne. Der deutsche Italo-Pop-Kenner Eric Pfeil vertritt in seinem Handbuch "Azzurro" die Meinung, dass der einstige Hippie heute "wie ein sympathischer Nachtclubbesitzer" aussehe. Kein schlechtes Kompliment, aber vielleicht dann doch eine Nummer zu klein, denn in seiner Heimat füllt Venditti immer noch die großen Arenen. Und in Rom wird es noch viele, viele Jahre ein ganzes Stadion geben, das ihn hymnisch verehrt.
Zusammenfassung
- Der italienische Liedermacher Antonello Venditti, bekannt für Hits wie 'Buona domenica' und 'Bomba o non bomba', feiert am 8. März seinen 75. Geburtstag.
- Mit mehr als 40 Millionen verkauften Tonträgern und der Hymne 'Roma, Roma, Roma' für den Fußballclub AS Rom hat Venditti einen festen Platz in der italienischen Musikgeschichte.
- Trotz eines kontroversen Beginns seiner Karriere in den 1970er-Jahren mit politisch geladenen Liedern und Kritik an Figuren wie Silvio Berlusconi bleibt Venditti ein geschätzter Musiker und kritischer Geist.