Im TaW glüht zum Saisonauftakt die Bühnenmaschinerie
Am konventionellesten kommt da noch der selbstreferenzielle Gestus daher, auf das beliebte Stilmittel zu setzen, den Komponisten eines Werks als Figur selbst auf die Bühne zu stellen, das Werk gleichsam zum kreativen Entstehungsprozess im Geist des Schöpfers zu stilisieren. Und so darf Tenor Ya-Chung Huang nebst zahlreichen Tierrollen auch noch als Janáček staunend durch die eigene Imagination wandeln.
Und die beginnt folgerichtig in der Bühnenwerkstatt, einen sattsam leeren Raum, der zum Auftakt die Dimensionen der neuen Heimstatt für die nächsten zwei Spielzeiten des Theaters an der Wien offenbart - dient die Halle E im MQ doch als Ersatz für das in Generalsanierung befindliche Stammhaus am Naschmarkt. Es bleibt aber keineswegs bei diesem kahlen Raum, zünden Herheim und die für die Szenerie zuständige Silke Bauer doch alsbald ein Bühnenfeuerwerk, eine Leistungsschau, was auch die Anlage im MQ zu leisten im Stande ist.
Dennoch geht es nicht per se um Gigantismus, gelingt doch die Umsetzung der zahlreichen Tierfiguren der Parabel mit bisweilen schlichtesten Mitteln. Da reicht eine Fuchsschwanz in der Hand oder ein Wischmopp, und fertig ist der Dackel. Was nicht bedeutet, dass eine Libelle nicht in Jumbogröße über die Bühnenpersonage fliegen kann.
Zugleich folgt Herheim auch in dieser Arbeit nicht streng einem einzelnen Gedanken, sondern betrachtet die dem Werk eingeschriebenen Fragen nach dem Wesen der Natur und der Natur des Menschen lediglich als einen Strang seines Interesses. Ein zweiter nicht minder wichtiger ist, das vom Förster im Kindesalter gefangene Füchslein zu einer Art Lulu für die Männerwelt zu stilisieren und damit zugleich einen Metadiskurs über die Rolle der Frau in der Oper zu eröffnen.
Da erscheinen die Waldbewohnerinnen an einer Stelle als Femen-Aktivistinnen, die dem Dachs den patriarchalen Stachel ziehen. Und die Damen des Arnold Schoenberg Chores sind irgendwann als die großen weiblichen Tragödinnen der Opernliteratur gewandet, werden von ihren Gespielen gemeuchelt und hernach von einem Mähdrescher, dessen Schlegel aus Notenlinien besteht, geschreddert. Tja, Frauen haben es nicht leicht in der Oper.
Wie leicht es Regisseurinnen und Regisseure unter dem inszenierenden Intendanten Stefan Herheim am (Musik)Theater an der Wien haben werden, wird sich nun in der Zukunft erweisen müssen. Eine Vorlage, was alles geht, hat der neue Chef jedenfalls mit dieser Auftaktarbeit geliefert.
(S E R V I C E - "Das schlaue Füchslein" von Leoš Janáček im Musiktheater an der Wien im MQ, Halle E, Museumsplatz 1, 1070 Wien. Musikalische Leitung der Wiener Symphoniker: Giedrė Šlekytė, Inszenierung: Stefan Herheim, Bühne: Silke Bauer, Kostüm: Doris Maria Aigner, Licht: Paul Grilj. Mit Förster - Milan Siljanov, Försterin/Schopfhenne/Eule/Frau Pásek - Alžběta Vomáčková, Füchsin Schlaukopf - Mélissa Petit, Fuchs - Jana Kurucová, Harašta - Marcell Bakonyi, Schulmeister/Mücke/Dackel/Hahn/Specht - Ya-Chung Huang, Pfarrer/Dachs - Levente Páll. Weitere Aufführungen am 17., 20., 22., 25. und 27. Oktober. www.theater-wien.at/de/spielplan/78/Das-schlaue-Fuechslein)
Zusammenfassung
- Es war ein Einstand nach Maß - oder besser gesagt ein maßloser Einstand, den Stefan Herheim als neuer Intendant des (Musik)Theaters an der Wien am Samstag im Museumsquartier abgeliefert hat.
- Und so darf Tenor Ya-Chung Huang nebst zahlreichen Tierrollen auch noch als Janáček staunend durch die eigene Imagination wandeln.
- (S E R V I C E - "Das schlaue Füchslein" von Leoš Janáček im Musiktheater an der Wien im MQ, Halle E, Museumsplatz 1, 1070 Wien.