Gefangen in der Walzerschleife: Sengls Strauss-Escape-Room
Sengl - bekannt etwa für ihre Nachstellungen von Szenen aus Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit" mit präparierten Ratten - hatte mit dem Komponistenstar vor diesem Projekt nicht allzu viel am Hut, gab sie am Freitag im Vorfeld der offiziellen Eröffnung im APA-Gespräch unumwunden zu. "Aber ich habe generell Lust, mich in meiner Kunst mit Themen zu konfrontieren, die mir nicht so vertraut sind. Umso fremder, umso spannender. Und bei Strauss war die Herausforderung durchaus groß", lachte die Künstlerin. Das Ziel sei jedenfalls gewesen, "aus der Walzer-Goldener-Strauss-im-Stadtpark-Ecke" rauszukommen und die Frage zu stellen, wer und wie Strauss vielleicht gewesen sein könnte.
Also führt Sengl direkt hinein in das Denken und die Emotionen des weltbekannten Tonsetzers, der hier durchgängig als menschliche Figur mit Hundekopf dargestellt wird. "Schatten des Zweifels - Im Kopf des Genies" heißt demnach der Escape Room, in dem viel Schwarz-Weiß-Grafik und noch mehr Spiegelelemente dominieren und der pro Durchgang von zwei bis sechs Personen ab 14 Jahren gespielt werden kann. Eine Reihe von Dioramen mit eigens gestalteten Statuetten oder Illustrationen, die im Spielverlauf auftauchen und um die sich einige der kniffligen Aufgaben drehen, bieten Bezüge zur Biografie von Strauss - etwa zur Kindheit mit dem übermächtigen Vater, zur politischen Haltung oder zu einer unglücklichen Liebe. Wobei: Strauss-Kennerin oder -Kenner muss man nicht sein, um die Rätsel zu lösen.
Darüber hinaus hat sich Sengl auch versucht vorzustellen, wie es Strauss mit seinem Künstlertum ergangen sein mag. "Man weiß recht wenig darüber, aber es gibt Vermutungen, dass er auch Burn-out-Phasen gehabt hat. Und vielleicht hatte er nach gefühlt 10.000 Walzern auch die Idee, einmal etwas anderes zu machen?" Nicht umsonst sieht man Strauss im ersten der drei Räume dank Spiegelungseffekte in einer Endlosschleife gefangen. Sie selbst kenne diese Ambivalenz als Künstlerin: "Wiederhole ich mich, weil ich mich da sicher fühle, oder stelle ich mich der Herausforderung, etwas anderes zu machen? Ich unterstelle dem Strauss jetzt einmal, dass er sich diese Fragen auch gestellt hat."
Rund eine Stunde dauert laut Sengl der Rätselparcours. Es ist im Übrigen nicht der erste, den die Wienerin im Museumsquartier in Zusammenarbeit mit Time-Busters realisiert hat. 2019 und 2022 hatte sie bereits Escape Rooms zu den Themen Flucht und Kinderarmut gestaltet. Diesmal hat Sengl weniger einen direkt politischen als vielmehr einen psychologisch-reflexiven Ansatz. Wobei sie das Strauss-Projekt so unpolitisch auch wieder nicht verstanden wissen will, gehe es doch vor allem im letzten Raum darum, sich als Besucherin oder Besucher die Frage zu stellen, "wie ich mein Schneckenhaus verlassen kann und wie man mit den Dingen umgeht", gerade wenn gegenwärtig "gerade nicht alles so leiwand ist".
Bleibt die Frage, warum Sengl den Schani mit Hundekopf zeigt. "Tiere sind in meiner Kunst immer Metaphern für Menschen. Und in dem Fall dachte ich, ein Hund ist dem Menschen am nächsten." Konkret hat sie sich für einen Skye Terrier entschieden. "In seiner Art der Behaarung, des Haarwuchses ist er dem Strauss doch recht ähnlich", erklärte sie. "Ein Mops oder so wäre dann doch sehr unstraussig gewesen."
(S E R V I C E - https://www.time-busters.at/mission/schatten-des-zweifels/; https://www.johannstrauss2025.at/event/schatten-des-zweifels-im-kopf-des-genies/)
Zusammenfassung
- Deborah Sengl eröffnet am 10. Januar 2025 im Wiener Museumsquartier einen neuen Escape Room, der sich mit den Selbstzweifeln und dem endlosen Walzerkreislauf von Johann Strauss befasst.
- Der Escape Room, der für zwei bis sechs Personen ab 14 Jahren geeignet ist, verwendet Schwarz-Weiß-Grafiken und Spiegelelemente, um in die Gedankenwelt des Komponisten einzutauchen.
- Sengl, bekannt für ihre tierischen Metaphern, stellt Strauss mit einem Hundekopf dar und fordert die Besucher auf, sich mit Fragen der persönlichen Entwicklung auseinanderzusetzen.