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Frankfurter Buchmesse: Lesekompetenz für Demokratie wichtig

Der international größte Marktplatz für Bücher und ein globaler Ort des respektvollen Diskurses: Die 76. Frankfurter Buchmesse will in den nächsten fünf Tagen beide Aspekte verbinden. Gastland ist in diesem Jahr Italien, das bei der heutigen Eröffnungsfeier um 17 Uhr von Kulturminister Alessandro Giuli vertreten wird. Über 1.000 Autoren sind bei 650 Veranstaltungen auf 15 Bühnen angekündigt. Die Messe ist ab Mittwoch für Fachbesucher, ab Freitag für das Publikum geöffnet.

Ehrengast Italien bringt 90 Autorinnen und Autoren nach Frankfurt. Nicht alle sind Teil der offiziellen Delegation: Einige - wie der von der Mafia verfolgte Schriftsteller Roberto Saviano - kommen auf Einladung ihres Verlages. Andere sind Teil des kuratierten Programms am Gemeinschaftsstand des italienischen Verlegerverbandes. Vor der Eröffnung war es zwischen italienischen Autoren und Vertretern der rechten Regierung in Rom zum offenen Streit gekommen. Der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wurde vorgeworfen, nicht genehme und regierungskritische Stimmen von der Buchmesse auszuschließen und sich zunehmend in den Kulturbetrieb einzumischen.

Gastland Italien registriert 2024 bisher mit -0,1 Prozent ein nahezu gleichbleibendes Umsatzniveau, während Neuseeland in einem am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Report von GfK Entertainment und Nielsen BookData mit Rückgängen von -9,3 Prozent das Schlusslicht bildet. Spitzenreiter bei der Umsatzentwicklung im globalen Buchmarkt ist Indien mit einem Plus von 18,3 Prozent, auch die spanisch- bzw. portugiesischsprachigen Buchmärkte konnten sich über steigende Gesamterlöse freuen. In Deutschland bewegte sich der Umsatz der Buchbranche in den ersten drei Quartalen dieses Jahres mit plus 0,5 Prozent auf einem stabilen Niveau: "Das müssen uns andere Branchen erst mal nachmachen", sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs am Dienstagvormittag auf einer Pressekonferenz.

Besonders erfreulich sei, dass junge weibliche Leserinnen sich für Bücher begeisterten. Die Messe hat daher in diesem Jahr dem Genre "New Adult" breiten Raum eingeräumt - romantische Romane für junge Erwachsene mit besonders treuer Leserschaft. In diesem neuen Areal werde die Messe "eher den Charakter einer Convention als einer Messe haben", sagte der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos. Ebenfalls neu ist eine "Asia Stage" und ein "Games Business Center". Das "Audio"-Areal für Hörbücher und Podcasts ist doppelt so groß wie bisher. Netflix hat erstmals einen eigenen Stand auf der Messe. Die Plattform Tiktok ist mit dem erfolgreichen Buchformat "Booktok" wieder prominent dabei.

Boos hofft aber auch auf "leidenschaftliche Debatten über die wunden Punkte der Gegenwart". So diskutiert etwa der israelische Historiker Yuval Noah Harari ("Nexus") auf der Messe vor großem Publikum mit dem japanischen Philosophen Kohei Saito ("Systemsturz") über die Optionen für die Zukunft.

Schmidt-Friderichs betonte die Bedeutung von Lesekompetenz. Diese sei "Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe und wirtschaftliche Stabilität". Allerdings verlasse in Deutschland noch immer jedes vierte Kind die Grundschule, ohne richtig zu lesen zu können. "Der Bildungsnotstand nimmt weiter zu und die Politik verschließt die Augen davor." "Wehrhafte Demokratie ist nur möglich, wenn sich Bürger eine fundierte Meinung zu politischen Themen bilden können." An Bildung, Kultur und Leseförderung dürften daher auch in Zeiten knapper Budgets nicht gespart werden, Streichungspläne bei Kultursendern seien "eine fatale Weichenstellung". Künstliche Intelligenz biete Chancen auch für Verlage, aber die Inhalte "basieren auf dem größten Datenklau der Geschichte" ohne Einverständnis der Autoren und Honorierung.

Bereits am Montagabend wurde traditionell zum Start der Buchmessen-Woche der Deutsche Buchpreis vergeben. Die Auszeichnung ging in diesem Jahr an Martina Hefter für ihr Werk "Hey guten Morgen, wie geht es dir?". Die Buchmesse endet am Sonntag mit der Übergabe des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die US-Historikerin Anne Applebaum. 2023 waren rund 215.000 Besucherinnen und Besucher gekommen.

(S E R V I C E - www.buchmesse.de)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Frankfurter Buchmesse, die größte ihrer Art, startet mit Italien als Gastland und erwartet über 1.000 Autoren bei 650 Veranstaltungen auf 15 Bühnen. Ein Konflikt zwischen italienischen Autoren und der Regierung in Rom überschattet die Eröffnung.
  • Im globalen Buchmarkt zeigt sich Indien mit einem Umsatzplus von 18,3% als Spitzenreiter, während Neuseeland mit einem Rückgang von 9,3% das Schlusslicht bildet. Deutschland verzeichnete eine Umsatzsteigerung von 0,5% in den ersten drei Quartalen.
  • Der Deutsche Buchpreis wurde an Martina Hefter verliehen, und die Messe endet mit der Verleihung des Friedenspreises an Anne Applebaum. Lesekompetenz wird als essenziell für Demokratie und gesellschaftliche Teilhabe hervorgehoben.