"Feinsinnige Subversion": Maria Hahnenkamp im Belvedere 21
Die 1959 in Eisenstadt geborene Künstlerin Maria Hahnenkamp sei "für Eingeweihte ein Fixstern der österreichischen Kunst der Gegenwart", habe aber "nie die Breite der Bekanntheit von anderen erlangt", sagte Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere, bei der Pressekonferenz am Mittwoch. "Unser Wunsch ist, dass diese Schau ihrem Œuvre nun die Sichtbarkeit ermöglicht, die es verdient." Räumlich gelingt dies auf jeden Fall, nachdem Ausstellungsarchitekt Walter Kräutler das Obergeschoß des Belvedere 21 von Stellwänden frei geräumt und dennoch über 100 Exponate aus rund 35 Werkgruppen untergebracht hat. Hahnenkamp hat zwar Friedl Kubelkas "Schule für künstlerische Photographie" besucht, "würde sich aber selbst nie als Fotografin bezeichnen", sagte Kuratorin Stefanie Reisinger. "Sie arbeitet mit, durch, über und gegen das Medium der Fotografie." Zu sehen sind Fotografien und Fotobücher, Arbeiten auf Fotopapier, Diaprojektionen und Videoarbeiten, Installationen und ortsspezifische Interventionen.
Es handle sich nicht um eine chronologische Rückschau, sondern um eine thematisch gegliederte Personale, betonte Reisinger. Zentrale Themen sind Leere und Raum, Handwerk und Ornament, Sichtbarmachung und Auslöschung, Fragmentierung und Wiederholung. Die Bedeutung dieser Begriffe für Hahnenkamps institutionen- und medienkritische, feministische Zugänge erschließt sich allerdings erst beim näheren Hinsehen und Befassen mit einzelnen konkreten Werken. Die vier sorgfältig als Kunstobjekte gestalteten und in Vitrinen ausgestellten Fotoalben, die Ende der 1980er die ersten Arbeiten Hahnenkamps bilden, geben etwa erst in der fünften Vitrine in Form einer laufenden Videodokumentation, in der sie ausgepackt, durchblättert und wieder eingepackt werden, ihre Geheimnisse preis: Das Hostien-Album, das Zudeck-Album, das Runde Formen-Album und das Bettzudeck-Album bergen unterschiedliche Facetten ihrer Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft aus ländlich-katholischem Milieu.
Auch eine gut ausgeleuchtete, leere Ecke des Ausstellungsraums offenbart ihre Kunst erst beim direkt Davorstehen: Es handelt sich um eine "In-situ-Bohrung", mit der ein Ornament, das einem im 19. Jahrhundert herausgegebenen Musterbuch für Kirchenausstattung entnommen wurde, mittels Hunderter Löcher großflächig auf die Ausstellungswand übertragen wurde: "Ihre Kunst geht so in den Raum über", sagte Reisinger. Auch Ausstellungsstelen, auf denen leere Satin- und Filzbetten, in deren Vertiefungen ursprünglich Parfum-Flakons oder Seifen lagen, als scheinbar wertvolle Ausstellungsstücke unter Glaskuppeln ausgestellt sind, geben gleichermaßen Grund zum Grübeln und Schmunzeln. Immer wieder geht es Hahnenkamp um den Objektcharakter, der die Frau in Gesellschaft und Wirtschaft seit Jahrhunderten begleitet - bis hin zu Verfremdungen und Überarbeitungen von Modefotografien.
Ein "Vortrag über nichts" als Klangraum
Nicht alles erschließt sich einfach. Ihre Arbeiten mit leeren Räumen, mit Rahmen oder mit belichtetem Fotopapier, das handwerklich weiterverarbeitet wird, laden zu einer längeren Auseinandersetzung ein. Mittels "feinsinniger Subversion" sollen "neue Perspektiven des Sehens und Denkens eröffnet" werden, heißt es dazu. Für die Ausstellung, die von Freitag bis Ende August zu sehen ist, wurde auch eine neue Arbeit entwickelt: Die Sopranistin Ursula Langmayr interpretiert John Cages 1961 entstandenen und von Hahnenkamp bearbeiteten "Vortrag über nichts" in einem Klangraum, der sich mittels zufällig einschaltender Tonaufnahme oder als Liveperformance an sechs festgesetzten Terminen - etwa bei der Eröffnung am Donnerstag um 20 und 21 Uhr - öffnet. Eine informative Broschüre begleitet die Schau bereits jetzt, der von Martha Stutteregger grafisch gestaltete Katalog wird am 25. Mai (15.30 Uhr) präsentiert.
(S E R V I C E - "Maria Hahnenkamp", Ausstellung im Belvedere 21, Arsenalstraße 1, 1030 Wien von 21. März bis 31. August. Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr, Donnerstag 11-21 Uhr. Ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln, soll ab 23. April erhältlich sein, 288 Seiten; ca. 220 Abbildungen, 29,80 Euro. www.belvedere.at)
Zusammenfassung
- Maria Hahnenkamp, eine bedeutende, aber wenig bekannte Künstlerin, wird im Belvedere 21 mit über 100 Exponaten aus 35 Werkgruppen präsentiert.
- Die Ausstellung, die von 21. März bis 31. August läuft, ist thematisch gegliedert und beleuchtet Themen wie Leere, Raum und Ornament.
- Eine neue Arbeit, 'Vortrag über nichts', wird von Ursula Langmayr interpretiert, und ein begleitender Katalog erscheint am 23. April.