Crossing Europe als Kaleidoskop europäischen Filmschaffens
"Europe, we need to talk", lautet der Titel, den sich das Festival heuer gegeben hat. Thematisch drehen sich viele der Filme um das Thema Krieg, organisatorisch kehrt man wieder in die Zeit vor der Pandemie zurück - ohne Coronamaßnahmen, dafür mit einer zusätzlichen Location und einem ergänzenden Streamingangebot. Tribute-Gast ist heuer keine Regisseurin oder Produzentin, sondern eine Schauspielerin: Angeliki Papoulia, die durch die Jahre immer wieder bei Crossing Europe auf der Leinwand zu sehen war.
Zu Eröffnung wird der Berlinale-Beitrag von Estibaliz Urresola Solaguren "20.000 especies de abejas/20.000 species of bees" gezeigt, dessen achtjährige Hauptdarstellerin Sofia Otero für ihre schauspielerische Leistung einen Silbernen Bären erhielt. Sie spielt in dem Coming-of-Age-Film ein Kind, das auf der Suche nach seiner geschlechtlichen Identität ist, und während eines Urlaubs im Baskenland endlich einen neuen Namen für sich findet - denn weder der Geburtsname Aitor noch der Spitznamen Cocó waren je adäquat.
Ebenfalls am Eröffnungsabend zu sehen ist der Dokumentarfilm "Shidniy Front/Eastern front" von Vitaly Mansky und Yevhen Tiarenko über den Krieg in der Ukraine. Titarenko schloss sich mit der Kamera für mehrere Monate einer Gruppe von Rettungssanitätern an, die Verwundete an der ukrainisch-russischen Front bergen. Sein Partner Vitaly Mansky, der auch in der Wettbewerbsjury von Crossing Europe sitzt, ist ein ukrainischstämmiger russischer Dokumentarfilmer, der sich unter Präsident Wladimir Putin zunehmend vom Regime distanzierte und seit der Annexion der Krim in Lettland lebt und arbeitet.
Das Drama "A Blast" von Sylla Tzoumerka steht vor dem Hintergrund der Auswirkungen der griechischen Finanzkrise der 2010er-Jahre. Von heute auf morgen entschließt sich Maria davonzulaufen. Sie lässt alles liegen und stehen und tritt die Flucht nach vorne an. Hauptdarstellerin Angeliki Papoulia ist das diesjährige Tribute von Crossing Europe gewidmet. Der Opener in der Nachtsicht ist "Svetlonoc/Nightsiren", in dem Tereza Nvotova das klassische Hexennarrativ aufbricht: Jahrzehnte nach einer Familientragödie kehrt Šarlota in ihren kleinen slowakischen Heimatort zurück, wo ein Giftcocktail aus patriarchalen Strukturen und blindem Aberglauben ein Klima der Misogynie geschaffen hat.
Darüber hinaus bietet das Festival im "Panorama" einen Überblick über das aktuelle Filmschaffen in Europa, in der Local-Artists-Schiene über jenes heimischer Künstler. Die Programmsektion "Architektur und Gesellschaft" steht heuer unter dem Motto "Ganz schön hässlich", die "Arbeitswelten" firmieren unter der Überschrift "Kunst ist auch nur ein Job". Die Jugendschiene YAAAS! präsentiert in Kooperation mit dem Youki International Youth Media Festival ein Close-Up, bei dem junge Filmemacherinnen und -macher dem Publikum Einblicke in ihre Arbeit gewähren. Die Nightline am OK-Deck sorgt mit Liveacts für Partystimmung während des Festivals.
Wer keine Karten fürs Kino mehr bekommt oder verhindert ist, kann wieder zuhause mitschauen. Crossing Europe @home bietet Festivalfilme auf Kino-VOD-Club (1. bis 31. Mai), filmfriend (seit 4. April), Flimmit (ab 26. April) und im ÖBB-Railnet (1. Mai bis 30. Juni).
(S E R V I C E - Crossing Europe Filmfestival in Linz, 26. April bis 1. Mai. www.crossingeurope.at)
Zusammenfassung
- In Linz eröffnet heute Abend die 20. Ausgabe von Crossing Europe.
- Bis 1. Mai stehen dann beim drittgrößten Filmfestival Österreichs 139 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus 45 Ländern am Programm, die ein Kaleidoskop des europäischen Filmschaffens darstellen.
- "Europe, we need to talk", lautet der Titel, den sich das Festival heuer gegeben hat.
- Hauptdarstellerin Angeliki Papoulia ist das diesjährige Tribute von Crossing Europe gewidmet.