APA/APA/Salzkammergut 2024/Chris Guetl

Chemnitz steht als Kulturhauptstadt 2025 in den Startlöchern

Was kommt nach Salzkammergut 2024? Die folgenden Europäischen Kulturhauptstädte heißen Chemnitz in Sachsen sowie das italienisch-slowenische Projekt der Städte Gorizia/Nova Gorica als länderübergreifende Einrichtung. Stefan Schmidtke, Programmgeschäftsführer von Chemnitz 2025, war zu Besuch in Bad Ischl und gab der APA Einblicke in Konzepte, Programmatisches und Hintergründe.

Während das Kulturhauptstadtjahr 2024 im Salzkammergut in die Zielgerade biegt, bereitet sich Chemnitz auf seinen Start im Jubiläumsjahr 2025 vor. Denn vor 40 Jahren ist das Konzept der Europäischen Kulturhauptstadt entstanden und mit Athen erstmals an den Start gegangen. Mit der symbolischen Staffelübergabe an Chemnitz im Rahmen der Radtour des European Peace Ride am Freitag in Bad Ischl gab es Gelegenheit, Bilanz und Parallelen zu ziehen, aber vor allem auf die künftige sächsische Kulturhauptstadt zu blicken.

Mit dem Motto des Kulturhauptstadt-Jahres in Sachsen "C the unseen" gelte es, bisher Ungesehenes zu zeigen und neu zu entdecken. Über 100 Projekte und rund 1.000 Veranstaltungen werden vor allem von lokalen Akteuren und Akteurinnen gestaltet. Über 80 Prozent der Projekte würden auch hier nicht von Profis auf die Beine gestellt, erklärte Schmidtke. Laien und die Zivilgesellschaft bilden die große Basis der Veranstaltungen. "Wir sind im Kern eine große, zivilgesellschaftliche Anstrengung, ein stadtoffenes Beteiligungsprojekt", so Schmidtke.

In Chemnitz greift das Kulturhauptstadt-Projekt wieder in die Regionen hinaus. 38 Kommunen aus den Landkreisen Erzgebirge, Mittelsachsen und Zwickau sind mit an Bord. "Der Unterschied zu Bad Ischl ist, dass hier Chemnitz selbst das einzige Zentrum mit dem Titel ist", sagte Schmidtke. Manche der Projekte in Sachsen seien für das gesamte Gebiet gedacht, andere nur für die Regionen. Als Beispiel nannte Schmidtke die "Makerhubs", die in den Kommunen Werkstätten einrichten sollen, um dort wieder Handwerk zu ermöglichen, neu gedacht und Besuchern zugänglich.

Ein weiteres Projekt sei der Kunst- und Skulpturenweg "Purple Path", der über 30 zeitgenössische künstlerische Positionen im öffentlichen Raum der Umlandkommunen erfassen soll. 17 dieser Kunstwerke seien bereits installiert. Diese Interventionen sollen touristischen Mehrwert auch für die Zeit nach dem Kulturhauptstadtjahr bieten.

Natürlich werden sich auch die großen Häuser und Institutionen in Chemnitz beteiligen. Die Kunstsammlung am Theaterplatz arbeitet zum Beispiel an einer großen Edvard Munch-Ausstellung, das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz (smac) bringt die Ausstellung "Silberglanz und Kumpeltod" zur Geschichte und Gegenwart des Bergbaus, der Wirtschaft und Kultur des Erzgebirges in der Region ganz wesentlich prägte.

Dass es auch in Sachsen gar nicht so leicht ist, die Regionen außerhalb der Stadt mit einzubeziehen und zu aktivieren, bestätigt auch Schmidtke. "Wir haben wie überall das Problem, dass die Menschen am Land etwas anders ticken. Da gibt es Kommunen, die raketenmäßig eigene Dinge auf die Beine stellen, sich selbst organisieren. Und dann gibt es solche, wo das viel schwerer ist, weil zum Beispiel der Bürgermeister nur im Ehrenamt ist", sagte der Programmchef.

Es sei ein sehr langsamer Prozess, dass die Menschen ihre Aktivitäten auch als europäische Leistung selbst anerkennen. Denn es passiere ohnehin viel, es fehle nur das "Bewusstsein, dass man es miteinander und für die Gemeinschaft tut. Daran arbeiten wir sehr intensiv", so Schmidtke.

Die Ergebnisse der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen sieht Schmidtke nicht als Problem auf das Kulturhauptstadt-Projekt. Die Finanzierung sei ohnehin fix gesichert, alles werde nach Plan umgesetzt. "Natürlich gibt es bestimmte mediale Szenen, in denen wir angefeindet werden. Das sehen wir", sagt Schmidtke. Andererseits sei dieses Wahlergebnis für viele Menschen im Land auch eine Motivation. Sie wollen sich zunehmend selbst beteiligen. "Ihnen können wir als Kulturhauptstadt einen Raum geben, das Interesse ist jedenfalls größer geworden."

Ausgangspunkt und Idee für die Bewerbung als Kulturhauptstadt seien die Ereignisse gewesen, die Chemnitz 2018 international in die Schlagzeilen gebracht hatten. Einem Mord bei einem Stadtfest waren rechtsradikale Ausschreitungen gefolgt. "Um sich diesen gesamtgesellschaftlichen Problemen zu stellen - beispielsweise einer fehlenden Zivilgesellschaft - und um sich einer Aufarbeitung der DDR zu widmen, hat man sich für die Bewerbung als Kulturhauptstadt entschieden", erläutert Schmidtke.

Das Medienecho ist jedenfalls jetzt schon groß. Die Korrespondenten großer deutscher Medienhäuser reisten zum Start der Friedens-Radtour nach Bad Ischl an, Liveschaltungen inklusive. Am 25. Oktober wird das Programm offiziell präsentiert, die große Ausstellung "Silberglanz und Kumpeltod" eröffnet einen Tag davor. Offiziell beginnt für Chemnitz das Kulturhauptstadtjahr mit dem 18. Jänner 2025.

ribbon Zusammenfassung
  • Chemnitz wird 2025 Europäische Kulturhauptstadt und plant unter dem Motto 'C the unseen' über 100 Projekte und 1.000 Veranstaltungen, von denen 80 Prozent von Laien organisiert werden.
  • 38 Kommunen aus den Landkreisen Erzgebirge, Mittelsachsen und Zwickau beteiligen sich, darunter Projekte wie 'Makerhubs' und der 'Purple Path', der 17 bereits installierte Kunstwerke umfasst.
  • Die Bewerbung als Kulturhauptstadt ist eine Reaktion auf die rechtsradikalen Ausschreitungen 2018 in Chemnitz, und die Finanzierung des Projekts ist gesichert.