"Black Flame": Lauter Öl-Essay bohrt ins Dunkel
Mit einem Dröhnen hebt sich der Vorhang, und zum Vorschein kommt ein hohes Baugerüst, auf dem der Techmilliardär Musk Platz genommen hat, um Fragen zu beantworten. Aber lieber nicht aus dem Publikum, sondern von einer gestaltlosen Entität, die per auf die Bühne projizierter Schrift kommuniziert. Recht rasch kommt er von ölfressenden Bakterien zur Sonnenenergie, von der man sich ernähren und die man am besten im Norden Mexikos, wo es noch nicht einmal Radiostationen gibt, nutzbar machen sollte.
Währenddessen leuchtet es aus einem Loch im Bühnenboden herauf. Es scheint tief ins Erdinnere zu führen, wo der fossile Energieträger Öl seit Millionen von Jahren vor sich hinkocht, sofern ihn nicht die Erdölindustrie frühzeitig an die Oberfläche befördert. Ein Wissenschafter klärt das Publikum auch sogleich über die "geologische Lotterie" - Probebohrungen auf hoher See - auf, um bald von einem Entschuldigungscoach abgelöst zu werden, der darlegt, wie und wofür man sich entschuldigt. Nämlich sicher nicht für die von der Industrie eifrig gebauten Straßen, die dadurch erlangte Freiheit und auch nicht für die lieben Delfine und Wale, die man doch eh - Stichwort Greenwashing - tatkräftig unterstütze.
Die chilenische Regisseurin Manuela Infante hat sich mit "Black Flame" zweifellos eines hochaktuellen Themas angenommen, dem sie sich mitunter humorvoll und aus teils originellen Blickwinkeln annähert. So richtig in die Gänge kommen will der rund 80-minütige Abend aber nicht. Was wohl auch damit zu tun hat, dass die Inszenierung phasenweise an einen komplexen Gedankenstrom erinnert, dem man sich lieber in aller Ruhe lesend nähern möchte.
Die Ansätze auf der Klangebene (Diego Noguera) wie der Einsatz des Baugerüsts als Art Instrument oder bedrohliche Soundwände aus der Tiefe der Erde sind vielversprechend. Auch das Spiel mit Licht und Schatten gestaltet sich stimmungsvoll. Beides hätte mehr Raum vertragen, um Verschnaufpausen vom Gesagten zu geben und dieses auch sickern lassen zu können. So jedoch hat Schauspielerin Anna Rieser den Abend weitgehend im Alleingang zu stemmen. Den freundlichen Schlussapplaus hat sie sich mit ihrer Darbietung allemal verdient.
(S E R V I C E - "Black Flame - A Noise Essay" von Manuela Infante im Volkstheater Wien. Regie: Manuela Infante. Mit Anna Rieser. Musik/Sounddesign: Diego Noguera, Bühne: Michael Sieberock-Serafimowitsch, Kostüm: Mona Ulrich. Weitere Termine am 7. Jänner sowie am 1. und 25. Februar. www.volkstheater.at)
Zusammenfassung
- Elon Musk, ein verzagter Wissenschafter, ein Entschuldigungscoach und ein verunglückter Formel-1-Fahrer: Sie alle setzen sich auf der Bühne des Volkstheaters Wien auf ihre eigene Art mit dem Thema Öl auseinander.
- Auch der Tod lauert bei der Uraufführung von Manuela Infantes lautem Essay "Black Flame" am Freitagabend hinter jeder Ecke.
- Am Leben erhält das etwas zähflüssige Stück letztlich Anna Rieser mit einer souveränen Soloperformance.