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Autoren-Initiative gegen "demokratiefeindliche Begriffe"

"Volkskanzler", "Lügenpresse", "Systemparteien": Worte wie diese sind längst Teil des aktuellen politischen Diskurses in Österreich. Autorenverbände sehen darin "ein Wording, das drauf und dran ist, die Demokratie abzuschaffen". Sie haben sich deshalb im Wahljahr zur Plattform "Der Wert der Demokratie" zusammengeschlossen, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Am Ende soll ein "Lexikon demokratiefeindlicher Begriffe" stehen, hieß es am Donnerstag bei der Präsentation.

Gegründet wurde die Plattform, die sich in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorstellte, von der IG Autorinnen Autoren, dem österreichischen PEN-Club, der Grazer Autorinnen Autorenversammlung und vom österreichischen Schriftsteller/innenverband. Inzwischen sind rund 20 Verbände bzw. Einrichtungen dabei. Ziel sei es, "politischen Akteurinnen und Akteuren, die das demokratische System durch Verleumdung, Hetze, Lüge und Täuschung desavouieren wollen, deutlich und nachdrücklich zu widersprechen", heißt es in der Grundsatzerklärung der Plattform.

"Wir wollen nicht auf Wahlergebnisse warten. Wir wollen jetzt etwas tun", zeigte sich IG Autorinnen Autoren-Geschäftsführer Gerhard Ruiss mit Blick auf die im Herbst anstehenden Nationalratswahlen kämpferisch. Geplant ist gemeinsam verfasste Kommentare, Statements und Appelle zu veröffentlichen, die sich allesamt mit antidemokratischen Begriffen oder Redewendungen auseinandersetzen, ihren Zweck analysieren oder Inhalte und Bedeutung historisch kontextualisieren. "Wir wollen Kampfbegriffe wirkungslos machen", wie Ruiss formulierte.

Publiziert werden soll vorerst auf den jeweiligen Websites der einzelnen Verbände, da man bisher über keinen gemeinsamen Online-Auftritt verfügt. Angedacht sei aber ein Blog, wie die neue PEN-Präsidentin Marion Wisinger sagte. Auch regelmäßige Veranstaltungen und Pressekonferenzen soll es geben, Medienkooperationen könnten folgen. Wenn genügend Beiträge zusammenkommen, sollen sie als "Lexikon demokratiefeindlicher Begriffe" publiziert werden, so Ruiss. Wo und in welcher Form, sei aber noch unklar.

Im Fokus stehen wenig überraschend Begriffe, die vor allem die FPÖ platziert. "Wenn ein Politiker von 'Fahndungslisten' spricht, läuten sowieso alle Alarmglocken", erinnerte Christian Teissl vom Schriftsteller/innenverband an eine entsprechende Aussage von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Es gebe aber auch Worte, die gemäßigter, harmloser daherkämen und gerade deshalb gefährlich seien, weil sie so vernünftig klängen. Als Beispiel nannte er Parolen wie "Genug gestritten" oder "Messt uns nicht an unseren Worten, sondern an unseren Taten". Ersteres suggeriere, dass Streit ein Hemmnis auf dem Weg zur Willensbildung darstelle; letzteres, dass Reden und Tun in der Politik zwei getrennte Bereiche seien. "Sprache ist in der Politik nicht irgendwas, sondern ihr Handwerkszeug", hielt Teissl dagegen: "Wenn jemand vom Umbau der Republik spricht, dann hat er den ersten Schritt bereits gesetzt."

Historiker und Autor Doron Rabinovici, Vorstandsmitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung, sprach mit Verweis auf Ungarn, Italien, Israel oder die Slowakei von einer "internationalen Entwicklung hin zum Autoritären". Optimistisch zeigte er sich aber insofern, als er nicht glaube, dass die Gesellschaft "so anfällig auf die Politik" wie in den 20er- und 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts sei, "weil sie heute viel aufmüpfiger ist". Dass eine starke Zivilgesellschaft Erfolg haben kann, habe sich etwa in Polen gezeigt.

Wisinger sieht das Projekt auch als "Bildungsarbeit" für jene Parteien, die gegen antidemokratische Tendenzen ankämpfen. Deren Argumente seien nämlich recht schwach. Die Plattform wolle Alternativen zur Sprachverrohung anbieten. "Das geht mir im linken Spektrum derzeit ab", postulierte die PEN-Chefin.

Ruiss will sich jedenfalls um weitere Mitglieder für die Plattform bemühen - etwa auch aus anderen Kunstsparten. "Im besten Fall kommt eine große Demokratiebewegung zustande", lautet seine Hoffnung.

ribbon Zusammenfassung
  • Autorenverbände in Österreich haben die Plattform 'Der Wert der Demokratie' ins Leben gerufen, um gegen demokratiefeindliche Begriffe vorzugehen.
  • Geplant ist die Veröffentlichung eines 'Lexikons demokratiefeindlicher Begriffe', das die Bedeutung und den Missbrauch solcher Ausdrücke analysiert.
  • Besonders die FPÖ wird für die Verwendung demokratiefeindlicher Begriffe kritisiert, die oft in der politischen Rhetorik auftauchen.