APA/APA/Sommerspiele Perchtoldsdorf/Lalo Jodlbauer

"Amphitryon" in Perchtoldsdorf doppelt gut

Im zweiten Jahr seiner Intendanz bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf hat sich Alexander Paul Kubelka an Heinrich von Kleists "Amphitryon" gewagt, Regie geführt, das Bühnenbild gestaltet - und gewonnen. Ein exzellentes Ensemble erfüllt den symbolträchtigen, mythologisch aufgeladenen Klassiker mit Leben.

Die Bühne vor der Burg ist von einem großen Wasserbecken geprägt, in dem Stege zu Skulpturen führen. Keine Frage, dass die Mitwirkenden im Lauf des Abends ziemlich durchnässt werden. Zwar gibt es keine Fontänen oder Springbrunnen, doch ein Gartenschlauch reicht mitunter aus. Der Spielraum ist definiert, und dass an den Rändern die Markierungen des Parkplatzes sichtbar bleiben, ist wohl absichtsvolle Metapher für Verwandlung.

Das Doppelgängermotiv wird in Kubelkas Inszenierung zur Chiffre für die Suche nach Echtheit oder Fake. Beides kollidiert miteinander, vermischt sich in der Wahrnehmung und löst dadurch Irritation, Identitätskrise, Enttäuschung und Aggression aus: ein offenbar seit der Antike bekanntes Phänomen.

Amphitryon, der siegreiche Feldherr, und Gott Jupiter werden von Jakob Seeböck überzeugend dynamisch dargestellt und wiederum durch einen Tänzer (Miguel Angel Collado) kunstvoll gespiegelt. Gregor Seberg gibt einen sympathischen Diener Sosias mit drolligen Zügen, Kajetan Dick den ihn diabolisch konkurrenzierenden Merkur, Daniela Golpashin die bodenständige Charis.

Und schließlich Larissa Fuchs als Alkmene: ein Ereignis! Als bildende Künstlerin poliert sie zu Beginn mit der Schleifmaschine eine Skulptur zurecht, um sich dann Gott Jupiter hinzugeben, der sich als zurückgekehrter Amphitryon ausgibt. Wie Fuchs jeden Anflug von Pathos vermeidet und eine sehr heutige junge Frau spielt, mit allen emotionalen Zwischentönen, und letztlich - zwischen zwei Männern zerrieben, oder ist es doch nur einer? - dem sogenannten Lustspiel mit ihrem finalen seufzenden "Ach" noch den tragischen Schlusspunkt setzt, ist schlicht beeindruckend.

Die Bühnenmusik von Anton Iakhontov aka Patrick K.-H. setzt dezente dramaturgische Akzente, die Lichtregie von Nico Kraema-Stix verleiht unter anderem der Wasserfläche spiegelnde Effekte. Ein kleiner Schwachpunkt vor der Pause war die Tontechnik - was den Gesamteindruck nicht trüben konnte: Viel Premierenbeifall nach einem beinahe dreistündigen Abend.

(Von Ewald Baringer/APA)

(S E R V I C E - Sommerspiele Perchtoldsdorf: Heinrich von Kleist, "Amphitryon". Regie: Alexander Paul Kubelka, mit Larissa Fuchs, Jakob Seeböck, Gregor Seberg, Kajetan Dick, Daniela Golpashin. Weitere Aufführungen bis 27. Juli. www.sommerspiele-perchtoldsdorf.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Alexander Paul Kubelka inszeniert im zweiten Jahr seiner Intendanz bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf Heinrich von Kleists 'Amphitryon' und erhält viel Premierenbeifall.
  • Larissa Fuchs beeindruckt als Alkmene, die zwischen zwei Männern zerrieben wird, während Jakob Seeböck als Amphitryon und Gott Jupiter überzeugt.
  • Die Bühne ist geprägt von einem großen Wasserbecken, das für Verwandlung steht, und die Lichtregie erzeugt spiegelnde Effekte.