Ambivalenter "Graf von Luxemburg" in der Badener Sommerarena
Lehar selbst hat sein Werk als "Schmarrn" und "schlampige Arbeit", an der "gar nichts dran" sei, bezeichnet, sei es aus Koketterie oder Selbstkritik. Dabei ist das Stück von der Handlung her nicht unspannend: Eine junge Frau lässt sich auf eine befristete Scheinheirat ein, um aristokratische Weihen zu erhalten, ein verarmter Adeliger tut desgleichen, um seinen Kontostand aufzufüllen. Es ist im Grunde eine gefühlskalte Welt, in der monetäre Spekulation auch die Beziehungen bestimmt.
Mit dem Spagat zwischen üppiger Operettenseligkeit und ironischer Reflexion plagt sich Smolej sichtlich. Die Figuren, die er auf die Bühne stellt, bleiben Figuren. Inwiefern weiße Rollkragenpullis beim Ballett dazu beitragen sollen, Rollenbilder zu hinterfragen, bleibt rätselhaft. Und das Bühnenbild verweist so deutlich auf das Etablissement "Le Chat Noir", dass man bisweilen meinen könnte, eine Kulisse für "Cats" vor sich zu sehen, im Hotel hingegen weist gerade nur die "Hotel"-Leuchtschrift auf den Ort der Handlung hin.
Die Habenseite dieser Produktion ist eindeutig die musikalische. Mit Marius Burkert steht ein ambitionierter junger Dirigent am Pult, die sängerische Besetzung überzeugt großteils: Iurie Ciobanu in der Titelpartie, Sieglinde Feldhofer als selbstbewusste Angèle, Beppo Binder als mafiöser Notar.
Smolej hat auch die Textfassung erstellt. Als Gräfin Kokozowa zelebriert Marika Lichter ihren Dea-ex-machina-Auftritt im dritten Akt und darf angesichts offerierter Süßigkeiten glaubwürdig den markigen Ausspruch "Scheiß auf die Figur" vom Stapel lassen. An sich ein zentraler Satz, denn ja: auf den Charakter kommt es schließlich an.
(S E R V I C E - Franz Lehar: "Der Graf von Luxemburg" in der Sommerarena der Bühne Baden. Regie: Thomas Smolej, Musikalische Leitung: Marius Burkert. Mit Iurie Ciobanu, Sieglinde Feldhofer, Roman Frankl, Marika Lichter, Thomas Zisterer, Claudia Goebl, Beppo Binder. Weitere Vorstellungen bis 20. August. www.buehnebaden.at)
Zusammenfassung
- In der frisch renovierten Sommerarena der Bühne Baden hat am Freitagabend im Rahmen des Theaterfest NÖ "Der Graf von Luxemburg" Einzug gehalten. Franz Lehars Operette aus dem Jahr 1909, inszeniert von Thomas Smolej, fand sichtlich Gefallen beim Premierenpublikum, hinterließ aber auch ambivalente Eindrücke.