25 Jahre Nestroy-Preis und Theatergeschichte in neuem Buch
Der Titel ist, wie das aus Margarete Affenzeller, Wolfgang Kralicek und Petra Paterno bestehende Herausgeber-Team im Vorwort auflöst, Johann Nestroys Zauberspiel "Die Familien Zwirn, Knieriem und Leim oder Der Welt-Untergangs-Tag" (1834) entlehnt - ein Ausdruck, mit dem man damals sein Erstaunen oder seine Entrüstung ausdrückte. Laut der Jury-Vorsitzenden Alexandra Althoff lässt sich das Buch auch "als Bühne für kritisches Nachdenken über Theater" lesen. Nach einer historischen Betrachtung zur Entstehung des Preises sowie Erinnerungen an Aufreger und Glanzmomente folgt ein bunter, fundierter Einblick in die unterschiedlichen Aspekte des (heimischen) Theaterschaffens der vergangenen 25 Jahre.
So macht sich Paterno unter dem Titel "Erweiterung der Spielzone" Gedanken über die Umbrüche und Veränderungen des Schauspieleberufs im 21. Jahrhundert, Affenzeller untersucht die Entwicklungen im Regie-Fach und zeichnet den Weg "vom Despoten zum Teamwork" nach. In einem Gespräch machen sich die Autor:innen Ewald Palmetshofer, Gerhild Steinbuch und Bernhard Studlar Gedanken über den erweiterten Dramenbegriff und den Marktwert von Uraufführungen, die Rolle des Nestroy-Preises für die Off-Szene diskutieren die Theatermacher:innen Sabine Mitterecker, Sara Ostertag, Michael Turinsky und Yosi Wanunu. Auch Themen wie dem Bühnenbild als Spiegel unseres komplexen Verhältnisses zur Realität, dem Selbstverständnis von Bundesländerbühnen, dem Theater als Arbeitsplatz vor dem Hintergrund von Diversität, Machtmissbrauch und Klassismus oder der Rolle des Nestroy-Preises in der Nachwuchsförderung werden Raum gegeben.
Schlaglichter werden auf prägende Theatermenschen wie Frank Castorf oder Elfriede Jelinek geworfen, deren Dankesrede anlässlich des Lebenswerkpreises 2021 abgedruckt ist. Eva Maria Klinger spricht mit der Burgschauspielerin Regina Fritsch über ihre 40-jährige Karriere am Burgtheater. Hinzu kommen "25 Stimmen zum Theater" von Ali M. Abdullah bis zu Emmy Werner, der Autor Ferdinand Schmalz setzt sich mit "Theatertexten im Schwebezustand zwischen Krise, Theorie und Unterhaltung" auseinander.
Mitgeliefert werden im Anhang - neben einer Liste aller Nominierten und Ausgezeichneten seit dem Jahr 2000 - einige statistische Einblicke: So führt etwa das Burgtheater (inklusive Akademietheater) sowohl die Nominierungen mit 254 Nennungen und 97 Auszeichnungen an, gefolgt vom Volkstheater (72 Nominierungen und 26 Nestroys) und dem Theater in der Josefstadt (69 zu 19). Unter den Bundesländerbühnen führt das Schauspielhaus Graz mit 40 Nominierungen und 13 Preisen. Im Schauspielfach führen Caroline Peters und Michael Maertens die Nominierungsliste an, im Regie-Fach führt Andrea Breth.
Zusammenfassend hält Althoff fest: "Niemand, der Theater liebt, wird damit je kritiklos im Reinen sein. Theater wird mit sich selbst ja auch nie fertig." Und weiter: "Auch die Aufsätze dieses Bandes zeigen: Theater ist nur im Modus seiner fortwährenden Selbstbefragung zu haben."
(S E R V I C E - "Sapperment! 25 Jahre Nestroy-Preis. Ein Stück österreichisches Gegenwartstheater", herausgegeben von Margarete Affenzeller, Wolfgang Kralicek und Petra Paterno, Molden Verlag, 216 Seiten, 25,95 Euro)
Zusammenfassung
- Die 25. Verleihung des Nestroy-Preises findet am 24. November im Volkstheater statt, begleitet von einem neuen Buch 'Sapperment', das 25 Jahre Nestroy-Preis und das österreichische Gegenwartstheater beleuchtet.
- Das Burgtheater führt mit 254 Nominierungen und 97 Auszeichnungen die Liste der erfolgreichsten Theater an, gefolgt vom Volkstheater und dem Theater in der Josefstadt.
- Das Buch bietet Essays und Diskussionen über das Theater der letzten 25 Jahre, einschließlich der Rolle des Nestroy-Preises in der Nachwuchsförderung und der Bedeutung von Theatergrößen wie Frank Castorf und Elfriede Jelinek.