Wissenschaft-Protest gegen ÖVP-Klimapolitik in Wien
Die ÖVP sei keine staatstragende Kraft mehr wie zu früheren Zeiten, betonte Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur (BOKU), der sich am Donnerstag kurzfristig entschuldigen lassen musste, in einer durch das Bündnis verlesenen Wortspende. Stattdessen habe sie sich zu einer Partei des "unverantwortlichen Klima-Rechtspopulismus", die die Klimakrise bis heute nicht ernst nehme, entwickelt. So habe die ÖVP gemeinsam mit der Wirtschaftskammer zu verantworten, dass nur ein Bruchteil der entsprechenden Vereinbarungen im Regierungsprogramm umgesetzt worden sei, wurde in Steurers Rede ausgeführt. Zweitens sei auch das Versprechen, eine EU-weite Vorreiterrolle beim Klima-Thema einzunehmen, nicht eingehalten worden. "Denn sie war gerade in letzter Zeit wiederholt damit beschäftigt, wichtige umweltpolitische Beschlüsse der EU zu sabotieren", wurde erklärt. "Drittens macht die ÖVP aus dem ohnehin schwierigen, aber unausweichlichen Wertewandel hin zu einem klimafreundlicheren Leben gerade in den Bereichen Mobilität und Ernährung einen spaltenden Kulturkampf."
Nehammers "Klimapolitik mit Hausverstand" sei vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Lage fatal. "Eine Klimapolitik mit Hausverstand ist wie eine Pandemiepolitik mit Pferdentwurmungsmittel: für viele tödliche Scharlatanerie", kritisierte Steurer. Spätestens seit der Corona-Krise sei bekannt, dass sich der von ÖVP oft zitierte "Hausverstand" nicht zur Lösung komplexer Probleme eigne. Stattdessen brauche es Sachorientierung. Doch aktuell sei die Kanzlerpartei vielmehr "ein Sicherheitsrisiko für Österreich", erklärte Steurer in Anspielung auf einen Nehammer-Sager im Sommer 2023 in Richtung des FPÖ-Chefs Herbert Kickl.
Die "Scientists For Future" verstanden die vergangenen Äußerungen der Kanzlerpartei zur Klimakrise am Donnerstag als "Kampfansage an die Wissenschaft". Diesen Fehdehandschuh wolle man jedoch gerne annehmen, um mit sachlichen Argumenten dagegenzuhalten. Man werde gerade auch im Hinblick auf die bevorstehenden Nationalrats- und EU-Wahlen aufpassen, "dass Politiker nicht Wasser predigen und Wein trinken", betonte das Bündnis. Die Forschenden kündigten zudem an, gemeinsam mit anderen Klimabewegungen Fragen zur Klimatauglichkeit der Wahlprogramme an die Parteien zu stellen und deren Beantwortung sowie eine wissenschaftliche Einordnung zu veröffentlichen.
Unter dem Teilnehmern der Aktion befanden sich unter anderem Leonore Theuer, Richterin am Landesgericht für Zivilrechtssachen sowie der stellvertretende Leiter des Instituts für Soziale Ökologie an der BOKU, Willi Haas.
Zusammenfassung
- In Wien protestierten rund 100 Wissenschaftler vor der ÖVP-Parteizentrale gegen die Klimapolitik der Bundesregierung unter Kanzler Karl Nehammer.
- Die Kritik richtete sich insbesondere gegen die unzureichende Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und das Blockieren umweltpolitischer EU-Beschlüsse durch die ÖVP.
- 'Scientists For Future' kündigten an, die Klimatauglichkeit der Wahlprogramme vor den Nationalrats- und EU-Wahlen zu prüfen und zu bewerten.