Wiener Lungenfacharzt infiziert, Staatsanwalt ermittelt
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen einen Mann, der einen Lungenfacharzt Mitte März mit dem Coronavirus infiziert haben soll. Nachdem der Fall am Mittwoch publik wurde, "haben wir von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet", teilte Behördensprecherin Nina Bussek der APA mit. Ermittelt wird wegen vorsätzlicher Gefährdung durch übertragbare Krankheiten und vorsätzlicher Gemeingefährdung.
Demnach wird auch geprüft, ob der an Covid-19 erkrankte Verdächtige neben dem Arzt weitere Personen - etwa andere Patienten im Warteraum - in Gefahr gebracht oder gar infiziert hat. Der junge Mann dürfte - wie das Ö1-"Journal um acht" berichtete - den Mediziner getäuscht und sich als gesund ausgegeben haben, um von diesem behandelt zu werden. Er hatte in der vorvergangenen Woche die Praxis des Arztes mit eindeutigen Symptomen in Richtung Covid-19 - hohes Fieber, Husten, Atemnot - aufgesucht.
Auf mehrmaliges Nachfragen habe der Mann ihm versichert, er wäre negativ auf SARS-CoV-2 getestet worden, behauptet der Arzt. Was nicht den Tatsachen entsprach, wie sich nach der Behandlung bei Recherchen des Lungenfacharztes zeigte. "Es ist einfach nicht wahr, was der erzählt hat. Er hat gelogen, um dranzukommen", verriet der Mediziner Ö1.
In weiterer Folge entwickelten sich beim Arzt Symptome, die auf Covid-19 schließen ließen. In der vorigen Woche ließ er sich testen und erhielt ein positives Ergebnis. Der Mediziner informierte den Gesundheitsdienst der Stadt Wien (MA 15).
Das Strafgesetzbuch sieht für vorsätzliche Handlungen, die geeignet sind, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe vor, sofern die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört (Paragraf 178 StGB). Wer an Covid-19 erkrankt ist und aus Fahrlässigkeit andere mit einer Infektion gefährdet, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen oder bis zu einem Jahr Haft rechnen (Paragraf 179 StGB).
Ebenfalls bis zu einem Jahr Haft oder Bußen von bis zu 720 Tagessätzen drohen bei fahrlässiger Gemeingefährdung (Paragraf 177 StGB). Diese Bestimmung stellt Handlungen unter Strafe, die eine Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß bewirken. Zu denken wäre dabei etwa an Behördenvertreter, die zu spät auf die Ausbreitung von SARS-CoV-2 reagiert und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung unterlassen bzw. zu spät erlassen haben. Bei vorsätzlicher Gemeingefährdung (Paragraf 176 StGB) sind Freiheitsstrafen von einem bis zu zehn Jahren vorgesehen. Wenn dabei eine Person stirbt, eine größere Anzahl von Menschen verletzt wird oder viele Menschen in Not versetzt werden, erhöht sich der Strafrahmen auf fünf bis 15 Jahre.
Unterdessen hat die Wiener Anklagebehörde auch gegen zwei Corona-Spucker Ermittlungen in Richtung Paragraf 178 StGB aufgenommen. Die Verdächtigen hätten - unabhängig voneinander - auf der Straße Passanten bespuckt und angegeben, mit SARS-CoV-2 infiziert zu sein, teilte Behördensprecherin Bussek mit. Ob die Beschuldigten tatsächlich infektiös waren bzw. sind, wird abgeklärt. "Sie wurden getestet, die Ergebnisse liegen noch nicht vor", sagte Bussek. Seitens der Polizei hieß es gegenüber der APA, bisher sei es - was die absichtliche Gefährdung von Mitmenschen mit dem Coronavirus kommt - nur zu Einzelfällen gekommen.
Zusammenfassung
- Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen einen Mann, der einen Lungenfacharzt Mitte März mit dem Coronavirus infiziert haben soll.
- Nachdem der Fall am Mittwoch publik wurde, "haben wir von Amts wegen ein Verfahren eingeleitet", teilte Behördensprecherin Nina Bussek der APA mit.
- Ermittelt wird wegen vorsätzlicher Gefährdung durch übertragbare Krankheiten und vorsätzlicher Gemeingefährdung.