Der Hof des Amok-Wilderers von AnnabergAPA

Vor 10 Jahren: Als der Wilderer von Annaberg vier Menschen tötete

Am 17. September schoss Wilderer Alois Huber auf drei Polizisten und einen Rettungssanitäter. Heuer jährt sich der Amoklauf zum zehnten Mal. Noch heute ist das Verbrechen unvergessen.

Der Amoklauf in Annaberg (Bezirk Lilienfeld) jährt sich im September 2023 zum zehnten Mal. Der Wilderer Alois Huber erschoss drei Polizisten und einen Sanitäter des Roten Kreuzes.

Eine Chronologie der Ereignisse

Im Jahr 2013 gab es immer wieder Berichte über Wilddiebstähle im Raum Niederösterreich. Die Exekutive führte deshalb vermehrt Schwerpunktkontrollen durch, um den verantwortlichen Wilderer zu ertappen.

17. September 2013: Ein schwarzer Tag in Annaberg

In der Nacht des 17. September 2013 waren ebenso mehrere Polizisten unterwegs. Im Gebiet Ulreichsberg fiel einer Cobra-Streife, welche sich wegen der Wilderei ebenfalls auf die Lauer geelgt hatte, ein Geländewagen auf. Die Beamten stellten sich mit ihrem Streifenwagen quer, um den Verkehrsweg abzusperren. Doch der Lenker ignorierte die Straßensperre und raste blindlings durch.

Es handelte sich um den 55-jährigen Alois Huber aus Großpriel (Katastralgemeinde von Melk). Er flüchtete zum Annaberger Ortsteil Äußerte Schmelz und wartete in einem Hinterhalt am Straßenrand. 

Die Cobra-Streife verfolgte ihn und entdeckte das Geländefahrzeug am Straßenrand, als der Wilderer plötzlich das Feuer eröffnete. Es kam zu einer Schießerei, wobei ein Cobra-Beamter (38) schwer verletzt wurde - er starb wenig später.

Die Rettung wurde verständigt. Als sich der Rettungswagen mit zwei Sanitätern, begleitet von Polizisten, dem Tatort näherte, richtete der 55-Jährige sein Gewehr auf einen der Rettungskräfte (70) und schoss. Er starb am Tatort.

Erneute Flucht und weitere Morde

Huber flüchtete dann zu Fuß Richtung Zentrum Annaberg. In einer nahegelegenen Kreuzung bezogen zwei weitere Polizisten in ihrem Streifenwagen Stellung. Huber schoss erst auf den einen Polizisten (51) und dann auf den anderen (44) und tötete beide.

Der Täter zog danach einen der Polizisten aus dem Auto, setzte sich ans Steuer und fuhr, mit der Leiche des zweiten Beamten am Beifahrersitz, auf seinen Vierkanthof in Großpriel bei Melk

Stundenlanger Nervenkrieg

Im Keller seines Hauses verschanzte sich der Flüchtige. Die Polizei und das Bundesheer umstellten den Hof. Es folgte eine mehrere Stunden dauernde Belagerung. Immer wieder schoss der Amokläufer aus dem Haus heraus auf die Beamten. Auch ein Panzerfahrzeug des Bundesheeres wurde angefordert.

Die Polizei zögerte zunächst, den Hof zu stürmen, da immer noch davon ausgegangen wurde, dass Huber einen Polizeibeamten als Geisel bei sich hatte. Verhandlungsversuche schlugen fehl. Nach Stunden drang die Polizei schließlich in den Vierkanthof ein.

Im Keller des Hauses fanden die Beamten einen regelrechten Bunker vor. Huber hatte dort Feuer gelegt und sich selbst erschossen

Die weiteren Straftaten 

Im Haus wurden rund 3.000 Schusswaffen, jede Menge Munition, 90 Hirsch- und rund 500 Rehgeweihe sowie 100 Jagdtrophäen gefunden. Bei den nachfolgenden Ermittlungen stellte sich dann heraus, dass Alois Huber für 108 Straftaten in den Jahren 1994 bis 2013 verantwortlich war.

Es wurden Einbrüche in Wien, Kärnten und Salzburg nachgewiesen. Er brach etwa in 59 Jagdhäuser, Jagdschlösser, Schießstätten und in ein Wildtiermuseum ein. Er stiftete elf Brände, verübte auch 14 PKW- und LKW-Einbruchsdiebstähle, stahl 21 Kfz-Kennzeichen und vier Motorräder. Der Wilderer von Annaberg verursachte einen Gesamtschaden von 10 Millionen Euro.

Verbrechen "hat Spuren hinterlassen"

Noch heute, zehn Jahre danach, ist das Verbrechen unvergessen. Gerade in der Landespolizeidirektion Niederösterreich habe der Amoklauf "Spuren hinterlassen", sagt Sprecher Johann Baumschlager gegenüber der NÖN. Drei "erfahrene Einsatzbeamte" habe die Polizei damals verloren. "Kinder der Familien wurden dadurch zu Halbweisen und die Polizei NÖ hat durch die Taten nicht nur drei Kollegen, sondern auch drei Freunde verloren", erzählt er.

Unvergessen sei auch der Tod des Rot-Kreuz-Sanitäters. "Die Blaulichtorganisationen in NÖ sind durch den schrecklichen Fall noch näher zusammengerückt", so Baumschlager. 

Die Exekutive zog aus dem "Fall Annaberg" Konsequenzen. Bei Einsatztrainings liegt der Fokus nunmehr stark auf Eigensicherung und Waffengebräuche werden im Vorfeld von einer Kommission geprüft. 

Gedenkfeier am Donnerstag

Nachdem Amoklauf wurden in Annaberg zwei Gedenksteine errichtet. Am Donnerstag fand dort eine Gedenkfeier statt. Innenminister Gerhard Karner, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner - die zum Zeitpunkt der Tat vor zehn Jahren Innenministerin war - und Vertreter der Cobra, der Landespolizeidirektion sowie des Roten Kreuzes nahmen teil.

Auch Angehörige der Verstorbenen waren anwesend. Nach einer Andacht wurden Kränze niedergelegt.

Gedenkstein Wilderer von AnnabergAFP/APA
ribbon Zusammenfassung
  • Der Amoklauf in Annaberg (Bezirk Lilienfeld) jährt sich 2023 zum zehnten Mal.
  • Der Wilderer Alois Huber schoss dabei auf drei Polizeibeamte und einen Rettungssanitäter. Danach erschoss er sich selbst.
  • Er war für 108 Straftaten verantwortlich und verursachte einen Gesamtschaden von rund 10 Millionen Euro.
  • Noch heute hinterlässt das Verbrechen bei den Blaulichtorganisationen seine Spuren. Nach dem Amoklauf hat die Polizei den Fokus stark auf Eigensicherung gelegt.
  • Am Donnerstag fand im Beisein von Inneminister Karner und Landeshauptfrau Mikl-Leitner in Annaberg eine Gedenkfeier für die vier Verstorbenen statt.