Verheerender Angriff auf Flüchtlingslager in Gaza: Zahlreiche Tote
Der Angriff ereignete sich in der Gegend von Khan Younis im Süden des Gazastreifens, meldete die Pressestelle der Hamas-geführten Regierung in Gaza. In der Mitteilung ist die Rede von einem "schrecklichen Massaker". Unter den Opfern seien auch Katastrophenschutzmitarbeiter. Israels Militär erklärte, es prüfe die Angaben.
Laut dem Gesundheitsministerium in Gaza wurden mindestens 71 Palästinenser getötet, 289 weitere wurden demnach verletzt. Nach Angaben des israelischen Militärs galt der Angriff dem Hamas-Militärchef Mohammed Deif. Ob er getötet worden sei, sei unklar, meldete der israelische Militär-Rundfunk.
Zu wenig Betten für Verletzte
Der Angriff ereignete sich dem Gesundheitsministerium zufolge in einer von Israel als sicher ausgewiesenen "humanitären Zone" des Flüchtlingslagers Al-Mawasi im Westen von Khan Younis. Viele der Verletzten schwebten in Lebensgefahr, hieß es aus medizinischen Kreisen. Demnach wurden Zelte von Vertriebenen getroffen.
Nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA gab es am Vormittag mehrere heftige Angriffe in der Gegend. Mitarbeiter im nahe gelegenen Nasser-Krankenhauses berichteten, dass es nicht mehr ausreichend Betten gebe, um die große Zahl der Verletzten nach den Angriffen aufzunehmen.
Israels Außenministerium teilte mit, Verteidigungsminister Yoav Gallant habe "angesichts der Entwicklungen in Gaza" kürzlich eine Beurteilung der operativen Lage mit Generalstabschef Herzi Halevi sowie dem Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, durchgeführt.
Israel will Hamas-Anführer gefangen nehmen
Ein Ziel Israels im Gaza-Krieg ist es, Deif sowie den Hamas-Führer im Küstengebiet, Yahya Sinwar, gefangenzunehmen oder zu töten. Sie gelten als die beiden wichtigsten Anführer der Organisation innerhalb des Gazastreifens. Im März hatte die Armee die Tötung des dritthöchsten Hamas-Führers im Gazastreifen, Marwan Issa, gemeldet.
Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge am Samstag auch ihre Einsätze in der Stadt Gaza im Norden des Gazastreifens fortgesetzt. "In Zusammenarbeit mit der Luftwaffe haben die Soldaten gestern mehrere Terroristen eliminiert", erklärte das Militär am Samstag. In der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens wurden demnach "zahlreiche Tunneleingänge" zerstört und ebenfalls Kämpfer der Hamas getötet. Zudem habe die Luftwaffe ein Lagerhaus ins Visier genommen.
Dort seien Gleitschirme gelagert worden, die bei dem Hamas-Großangriff am 7. Oktober auf Israel benutzt worden seien. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete am Samstag von Artilleriebeschuss im Südosten von Gaza sowie im Zentrum der Stadt. Das Viertel Tel al-Hawa wurde den Angaben zufolge mit Drohnen beschossen. Mindestens zehn Palästinenser sollen in der Nähe von Gaza-Stadt bei einem israelischen Angriff getötet worden sein, der Gebetshalle in einem Lager für Vertrieben traf, verlautete aus dem Gesundheitssektor.
Video: Angst vor großem Krieg
Israel: "Mehr als 150 Terroristen" getötet
Augenzeugen hatten am Freitag vom Rückzug israelischer Soldaten aus einigen Vierteln von Gaza berichtet. Laut dem Zivilschutz in dem von der Hamas kontrollierten Palästinenser-Gebiet waren dort nach einer zweiwöchigen israelischen Offensive etwa 60 Leichen gefunden worden. Die israelische Armee gab an, "mehr als 150 Terroristen" getötet zu haben.
Der Krieg im Gazastreifen war durch einen Großangriff von Kämpfern der Hamas und weiterer militanter Palästinenser-Gruppen auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei waren nach israelischen Angaben 1.195 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.
Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bisher mehr als 38.340 Menschen getötet.
Zusammenfassung
- Bei einem israelischen Angriff auf Zeltunterkünfte vertriebener Palästinenser sind laut der islamistischen Hamas über 100 Menschen getötet worden.
- Weitere Hunderte seien verletzt worden.
- Im nahe gelegenen Krankenhaus gibt es allerdings nicht mehr genügend Betten.
- Laut Israel hätte der Angriff zwei Hamas-Anführer gegolten.