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Mayer: "Demo-Veranstalter legt fest, wo er demonstrieren will"

Damit der Handel am letzten Einkaufswochenende vor Weinachten nicht gestört wird, will die Wiener Polizei vor 18 Uhr keine Demonstrationen in der Innenstadt zulassen. Sie muss dabei aber auf das Wohlwollen der Veranstalter hoffen, so die Verfassungsexperten Heinz Mayer und Peter Bußjäger.

Die Wirtschaftskammer und der Handel hatten einen Wunsch: Die Shopping-Laune soll nach dem Lockdown jetzt nicht auch noch durch Demonstrationen gestört werden. Straßensperren, Staus, Auseinandersetzungen mit der Polizei und Tausende ohne Masken passen nicht ins Bild. Noch dazu darf an diesem Sonntag auch eingekauft werden.

Die Polizei möchte dem Wunsch der Wirtschaft nachkommen und kündigte am Donnerstag an, Demonstrationen vor 18 Uhr in der Wiener Innenstadt abwenden zu wollen. "Es besteht kein generelles Demonstrationsverbot für Wien", teilte man aber kurz darauf auf Twitter mit - wohl wissend, dass dies nicht gehen würde. 

"Wir prüfen sorgfältig jede Anzeige und müssen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gegen das Grundrecht der Handelstreibenden auf Erwerbsfreiheit abwägen. Gerade am einzigen Einkaufswochenende im Advent wird die Landespolizeidirektion Wien den Interessen des Handels dabei besonderes Augenmerk widmen", erklärte Polizeisprecher Markus Dittrich gegenüber PULS 24. 

Entweder könne die Beginnzeit der Kundgebung verlegt werden oder aber der Ort. Wer bereits um 12 Uhr demonstrieren wolle, könne dies etwa im Prater tun. Besteht man auf der Innenstadt als Ort, müsse man die Schließzeit der Geschäfte um 18 Uhr abwarten. 

Polizei muss auf Einvernehmen bauen

Die Polizei muss bei ihrem Vorgehen auf einvernehmliche Lösung bauen, rechtlich sei das Vorhaben schwer umzusetzen, sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer: "Der Veranstalter legt fest, wo er demonstrieren will". Wenn die Örtlichkeit zu gefährlich sei, könne die Polizei untersagen. Dabei müsse aber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, für das öffentliche Wohl oder Verstöße gegen das Strafrecht zu befürchten sein, sagt Mayer. Er nennt als Beispiele etwa den völligen Zusammenbruch des Verkehrs oder, dass die Notversorgung in Spitälern gefährdet werde. 

Eine Einschränkung des Handels reiche für ein Verbot nicht aus. "Demonstrationen stören immer, das ist der Sinn der Sache", sagt Mayer. Demonstrationen würden auch dem Handel immer schaden, es sei aber das Recht einer Demonstration, Aufmerksamkeit bekommen zu wollen.

Der Verfassungsjurist Peter Bußjäger sieht das ähnlich - man könne Demonstrationen untersagen, wenn das öffentliche Wohl gefährdet sei. Das sei ein breiter Begriff, der auch volkswirtschaftliche Interessen erfassen kann. Dass aber das rein wirtschaftliche Interesse der Händler und ungestörtes Einkaufen darunter fallen, "das würde ich bezweifeln", so Bußjäger.

Was hingegen schon ein Grund sein könnte, um Demos abzusagen, seien gesundheitliche Bedenken - wenn also zu befürchten wäre, das Tausende ohne Masken durch die Mariahilfer Straße ziehen würden. Diese Argumentation hat die Polizei aber bisher nicht vorgebracht.

Lichtermeer verschoben, MFG nicht kooperativ

Dass Demonstrationen nicht einfach verboten werden können, weiß aber auch die Polizei: Mit den jeweiligen Demo-Organisatoren versuche man einvernehmliche Lösungen zu finden, teilte die Polizei deshalb mit - die meisten Veranstalter würden sich bislang auch kooperativ zeigen. Die Organisatoren des Lichtermeers zum Gedenken an die Corona-Toten am Wiener Ring beginnen ihre Veranstaltung am Sonntag statt um 16.30 Uhr erst um 18.30 Uhr.

Insgesamt seien laut Polizei am Wochenende aber mehr Demos gegen die Impfpflicht und gegen die Corona-Maßnahmen geplant. Ob sich diese ebenfalls einsichtig zeigen, ist noch nicht bekannt. Die impfkritische Partei MFG etwa, die am Samstag am Schwarzenbergplatz eine Kundgebung abhalten will, möchte nicht hinnehmen, woanders oder zu einer anderen Zeit zu demonstrieren.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Wirtschaftskammer und der Handel hatten einen Wunsch: Die Shopping-Laune soll nach dem Lockdown jetzt nicht auch noch durch Demonstrationen gestört werden. 
  • Die Polizei möchte dem Wunsch der Wirtschaft nachkommen und kündigte am Donnerstag an, Demonstrationen vor 18 Uhr in der Wiener Innenstadt abwenden zu wollen.
  • Die Polizei muss bei ihrem Vorgehen auf einvernehmliche Lösung bauen, rechtlich sei das Vorhaben schwer umzusetzen, sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer: "Der Veranstalter legt fest, wo er demonstrieren will".
  • Wenn die Örtlichkeit zu gefährlich sei, könne die Polizei untersagen. Dabei müsse aber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, für das öffentliche Wohl oder Verstöße gegen das Strafrecht zu befürchten sein, sagt Mayer.
  • Der Verfassungsjurist Peter Bußjäger sieht das ähnlich - man könne Demonstrationen untersagen, wenn das öffentliche Wohl gefährdet sei. Dass das rein wirtschaftliche Interesse und ungestörtes Einkaufen darunter fallen, "das würde ich bezweifeln".
  • Die Polizei will einvernehmliche Lösungen mit den Veranstaltern suchen. Ob das gelingt, ist fraglich - die impfskeptische MFG etwa zeigt sich nicht einsichtig.