APA/GERD EGGENBERGER

Unwetter in Kärnten: Fäkalien fluten Häuser

Im Süden Österreichs ist die Lage in der Steiermark und in Kärnten weiter kritisch: "Die Wettersituation entspannt sich, aber die Gefahr ist nicht gebannt", warnt der Kärntner Katastrophenschutzreferent am Montag. Landeshauptmann Kaiser spricht von 400 bis 500 Muren und Hangrutschungen in Kärnten, Straßen sind weiter unpassierbar, Bewohner evakuiert. Auch das Bundesheer ist weiter im Einsatz.

In der Nähe von St. Veit an der Glan kam es am Sonntagabend zum ersten Todesopfer der Unwetterkatastrophe im Süden Österreichs. Ein Mann aus dem Bezirk fuhr mit seinem Rad am gesperrten Glanradweg zwischen Raggasaal und Karnburg. Er wurde vom Wasser in den Fluss gerissen. 

Nach einer Suchaktion wurde er im Bereich Karnburg leblos im Wasser treibend gesichtet und von der Wasserrettung Krumpendorf geborgen. Im Klinikum Klagenfurt wurde er dann für tot erklärt.

Fäkalien fluten Häuser

In Kärnten habe die Katastrophe ein Ausmaß und eine Breite, wie man sie "kaum jemals zuvor erlebt" habe, sagte Landeshauptmann Peter Kaiser am Montag vor Medien. 65 von 132 Kärntner Gemeinden seien betroffen. Rund um Klagenfurt sei die Situation am schlimmsten. Das Grundwasser stehe teils nur 50 Zentimeter unter der Gebäudeunterkante. Die Folge: Keller auszupumpen sei vielerorts unmöglich, weil das Wasser einfach nachrinnt, wie der Landesfeuerwehrkommandant erklärte. Fäkalien fluten im Raum Klagenfurt Badezimmer und Häuser.

Unwetter in Kärnten: "Jeden Tag bis zu 300 Einsätze"

Der Wörthersee stehe so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Wann das Wasser zurückgeht, kann noch nicht gesagt werden, sicher sei, bis zum Normalstand werde es noch Wochen dauern. 

Hunderte Muren und Hangrutsche - Hunderte Evakuierte

In Kärnten kam es zu 400 bis 500 Vermurungen und Hangrutschungen, teils seien weiter Straßen gesperrt, manche, wie Kaiser ankündigte, werden noch länger gesperrt bleiben. 80 der größten Hangrutschungen wurden bereits von Experten begutachtet. Im Bezirk Völkermarkt mussten bisher 213 Personen aus Sicherheitsgründen ihre Häuser verlassen.

Man kann nur auf Wetterbesserung warten und hoffen, dass sich die Hänge wieder stabilisieren. Bis auf wenige Ausnahmen sei "einfach Geduld gefragt", erklärte der zuständige Experte am Montag. Wir sind bei Hängen "relativ machtlos".

Landesfeuerwehrkommandant Rudolf Robin: "Feuerwehr ist am Limit"

Feuerwehren: "Ja, wir sind am Limit"

Insgesamt kam es zu über 3.500 Einsätzen in Kärnten, Hubschrauber fliegen weiter Erkundungsflüge, um einen Überblick über die Lage zu ermöglichen. Allein in Kärnten sind über 4.200 Feuerwehrleute von 277 Feuerwehren im Einsatz. Dazu kommen 80 Personen vom Roten Kreuz und über 170 von Berg- und Wasserrettung. Niederösterreich schickte 200 Feuerwehrleute, Großpumpen und Radlader, um im Nachbarbundesland auszuhelfen. Die Feuerwehr sei am Limit, sollte es notwendig werden, hätten sich Oberösterreich und Salzburg angeboten, Hilfe zu schicken. 

Bundesheer weiter im Einsatz

Während im Südburgenland der Einsatz des Bundesheeres beendet wurde, sind Soldatinnen und Soldaten in der Steiermark und in Kärnten weiter im Einsatz. 400 waren über das Wochenende beschäftigt, laut Verteidigungsministerium, kehren 139 in ihre Kasernen zurück. 

18.000 Einsätze: Schon jetzt mehr als 2021

Schon jetzt habe man im Jahr 2023 in Kärnten über 18.000 Einsätze absolviert. Zum Vergleich: 2021 war das die Einsatzdichte im ganzen Jahr.

Kaiser: "Große Vorsicht weiterhin geboten"

Es gibt weiterhin keine Entwarnung, meint Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).  Große Vorsicht sei auch weiterhin geboten.

Steiermark: Gefahr vor Hangrutschungen könnte sich "eher noch verschärfen"

In der Steiermark sanken im ganzen Land die Pegel der Flüsse und Bäche. Daten des Hydrographischen Dienstes des Landes zeigten am Montag in der Früh nur noch die Mur in Graz und Mureck im "gelben" Bereich, aber auch in diesem Fall mit stark sinkendem Pegel. Auch der Pegelstand der Sulm im Bereich Leibnitz, der am Sonntagnachmittag noch einen leicht steigenden Verlauf gezeigt hatte, sank rapide.

Auch in der Steiermark werden in den kommenden Tagen Hangrutschungen und Murenabgänge das größte Problem sein. Am Sonntagvormittag waren 280 Rutschungen in der Steiermark erfasst, nun auch im obersteirischen Obdach und Lobming. Teils bedrohen die Rutschungen Wohnhäuser und Infrastruktur. Viele Ortswasserleitungen insbesondere im Bezirk Südoststeiermark sind durch die Rutschungen gebrochen. Mit Stand Sonntagnachmittag sind in der Steiermark 82 Personen aus ihren Wohnhäusern in Sicherheit gebracht worden. Am Abend wurden die gesamten Bezirke Leibnitz und Südoststeiermark zum Katastrophenfall erklärt, wegen der Vielzahl an Hangrutschungen.

Obwohl am Montag die Niederschläge ausbleiben, könne sich die Lage "eher noch verschärfen", sagte Harald Eitner, Chef des steierischen Katastrophenschutzes. Beinahe minütlich würden neue Hangrutschungen gemeldet, sagte er im Interview bei "Ö1". Er rät den Menschen deshalb dazu, das eigene Grundstück nach den schweren Regenfällen anzuschauen und mögliche Gefahren unbedingt zu melden. 

Geldhilfe von Bund und EU

"Wir werden es nicht mehr allein schaffen", sagte Kärntens Landeshauptmann. Er forderte vom Bund, die Katastrophenschutzmittel für Kärnten, das Südburgenland und die Steiermark aufzustocken. Er habe auch bereits eine Vorabmeldung ans Innenministerium geschickt, weil er den EU-Solidiaritätsfonds ansprechen wolle, der Fachterminus für das, was im Süden Österreichs passiere, sei "Major Desaster". 

ribbon Zusammenfassung
  • Im Süden Österreichs ist die Lage in der Steiermark und in Kärnten weiter kritisch: "Die Wettersituation entspannt sich, aber die Gefahr ist nicht gebannt", warnt der Kärntner Katastrophenschutzreferent am Montag.
  • Landeshauptmann Kaiser spricht von 400 bis 500 Muren und Hangrutschungen in Kärnten, Straßen sind weiter unpassierbar, Bewohner evakuiert. Auch das Bundesheer ist weiter im Einsatz.
  • In St. Veit an der Glan starb ein Radfahrer, der von den Fluten mitgerissen wurde.
  • Im Raum Klagenfurt steht das Grundwasser so hoch, dass Gebäude mit Fäkalien geflutet werden.