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Schläge für transidente Tochter für Gericht nicht erwiesen

Ein kurdischstämmiger Familienvater hatte sich am Mittwoch wegen fortgesetzter Gewaltausübung am Landesgericht zu verantworten. Eines seiner Kinder hatte ihn im Vorjahr angezeigt. Die 2005 geborene Tochter erklärte, sie sei vom Jänner 2020 bis August 2022 drei bis vier Mal pro Woche geschlagen worden, nachdem sie sich als transidentitär geoutet hatte und eine Geschlechtsanpassung vornehmen lassen wollte. Der Angeklagte wurde im Zweifel freigesprochen.

Die mittlerweile 18-Jährige zog im Sommer des Vorjahrs von zu Hause aus und ist seither darauf bedacht, dass ihre Eltern nicht davon erfahren, wo sie lebt. Zu groß ist offenbar die Angst vor dem Vater. Im Ermittlungsverfahren gegen den Vater wurde die Tochter kontradiktorisch vernommen. Dabei schilderte sie, wie sie eines Tages ihrem Vater offenbart habe, sie fühle sich als "Junge". Auf ihre Feststellung, sie wolle "kein Mädchen mehr sein", habe dieser "Das geht nicht wegen der Religion. Das wird nicht zugelassen" geantwortet und sie mit einem Gürtel gezüchtigt. Weil sie auf ihrer Transidentität beharrte, sei sie fortan regelmäßig verprügelt und misshandelt worden.

Der Angeklagte, der seit 2019 mit seiner Ehefrau und insgesamt neun Kindern in Wien lebt, stellte vor Gericht die diese Vorwürfe in Abrede. "Ich habe nur getan, was ein Vater tun muss", hielt er einleitend fest. Er habe darauf geachtet, "dass sie (die Tochter, Anm.) sich nicht mit schlechten Leuten trifft. Wahrscheinlich hat sie das nicht akzeptiert". Auf die Frage des Richters, wieso seine Tochter daheim ausgezogen sei, meinte der Angeklagte:" Sie hat Prüfungen nicht bestanden, schlechte Noten bekommen." Geschlagen habe er sie nie.

Mit dem Umstand, dass sich sein Kind als junger Transmann sieht, dürfte der kurdische Familienvater jedoch weiterhin Schwierigkeiten haben. "Bei uns sind die Frauen heilig. Ich habe ihr gesagt, sie soll so bleiben, wie Gott sie geschaffen hat", gab er zu Protokoll. Und empört zeigte er dem Richter dann mehrere Fotos, auf denen unter anderem zu sehen ist, "wie meine Tochter diese blonde Frau küsst", wie der Angeklagte sagte. Diese Freundin habe er "weggejagt auf eine höfliche Weise", denn sie und seine Tochter hätten "unerlaubte Sachen miteinander gemacht. Mein Haus war bis dahin sauber". "Wieso zeigen Sie mir diese Fotos? Was ist da schlimm dran? Was ist das Problem", wollte der Richter wissen. "Ich habe keine Probleme. Außer im Haus", lautete die Antwort.

Die Ehefrau des Angeklagten und seine jüngste Tochter betonten im Anschluss, der Vater sei kein Schläger und Gewalttäter. Die laut Anklage von jahrelanger Gewalt Betroffene erschien nicht persönlich zur Verhandlung, ihre kontradiktorische Befragung war auf Video aufgezeichnet worden. Das Video wurde allerdings nicht - auch nicht in Teilen - abgespielt, der Richter begnügte sich damit, das Protokoll mit den Angaben der Anzeigerin zusammenfassend darzulegen.

Am Ende wurde der Vater im Zweifel freigesprochen. Der Richter erläuterte, die Glaubwürdigkeit der transidentitären Tochter sei "nicht ganz überzeugend". Sie habe bei der kontradiktorischen Einvernahme "abweichende Angaben" gegenüber ihren Aussagen vor der Polizei gemacht und diese seien grundsätzlich "in sich ein bisschen widersprüchlich." Die Zeugenaussagen der Ehefrau sowie der 15-jährigen Tochter des Angeklagten stufte der Richter dagegen als glaubwürdig ein. An den Vorwürfen gegen den Mann bleibe somit "ein Restzweifel, der es nicht möglich gemacht hat, mit einem Schuldspruch vorzugehen", bemerkte der Richter abschließend.

Der Freispruch ist nicht rechtskräftig. Die Anklagevertreterin gab vorerst keine Erklärung an.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein kurdischstämmiger Familienvater hatte sich am Mittwoch wegen fortgesetzter Gewaltausübung am Landesgericht zu verantworten. Eines seiner Kinder hatte ihn im Vorjahr angezeigt. Die 2005 geborene Tochter erklärte, sie sei vom Jänner 2020 bis August 2022 drei bis vier Mal pro Woche geschlagen worden, nachdem sie sich als transidentitär geoutet hatte und eine Geschlechtsanpassung vornehmen lassen wollte. Der Angeklagte wurde im Zweifel freigesprochen.