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Prozessstart gegen Ex-Lehrer wegen Nacktfotos von Schülern

Ein ehemaliger Lehrer hat sich am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht wegen Tausender Nacktfotos und -videos von mehr als einem Dutzend seiner Schüler verantworten müssen. Der Mann hatte sich laut Staatsanwaltschaft das Vertrauen auf "perfide und widerliche Weise" erschlichen, indem er sich über Jahre auf Social Media als Mädchen ausgegeben und so das Material der Burschen zugeschickt bekommen hat. Der Mann gestand großteils. Der Prozess wird im Februar fortgesetzt.

"Ich bin es gewöhnt in Abgründe der Seele zu blicken, aber dieses Verfahren sprengt in mehrfacher Hinsicht das übliche Maß", leitete Staatsanwalt Hansjörg Bacher den Prozess ein, bevor er in seinem Eröffnungsplädoyer ausführliche Einblicke in die "Lügenkonstrukte" des ehemaligen Pädagogen gab. Der Mann arbeitet seit Beginn der Ermittlungen nicht mehr als Lehrer, galt aber in seiner Schule als äußerst beliebt - in der Kollegenschaft, bei den Eltern und bei den Schülerinnen und Schülern. Er war inoffizieller Vertrauenslehrer. Er habe aber auf "arglistige Weise das Vertrauen missbraucht", um an Bilder von geschlechtlichen Handlungen zu gelangen und so seine Triebe zu befriedigen, sagte Bacher.

Es geht um 15 namentlich bekannte Burschen - bis auf einen waren sie alle seine Schüler. Er kontaktierte sie mit einem Social Media-Profil, auf dem er sich als angeblich drogensüchtiges, reales Mädchen einer Nachbarschule ausgab, die den Burschen bereits bekannt war. Angeklagt sind gleich mehrere Delikte, schilderte der Staatsanwalt: Neben dem Vorwurf, dass der Lehrer sich die Aufnahmen mit sexuellen Inhalten von Minderjährigen erschlichen hat, geht es unter anderem auch um den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses, teils versuchte Nötigung, Erpressung, Täuschung, Verleumdung, Unterdrückung eines Beweismittels und falsche Beweisaussage.

Besonders schwer wiegt der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs, denn der Lehrer soll einen Schüler über Jahre hinweg auch körperlich missbraucht haben - konkret in der Schule, in leeren Klassenzimmern oder im "Geo-Kammerl". Das stritt der Pädagoge allerdings ab. Er beteuerte auch, dass er stets nur Buben kontaktiert habe, die bereits 14 Jahre alt waren. Laut Staatsanwaltschaft sei aber ein Opfer dabei, das zum Tatzeitpunkt sogar noch unmündig war.

Gutscheincodes als Bezahlung

Der Lehrer flog 2022 auf, erste Nacktfotos hatte er sich bereits 2016 schicken lassen. Im Austausch bekamen die Burschen entweder Fotos und Videos, die fremde, junge Frauen bei sexuellen Handlungen zeigten, oder auch Gutscheine für Online-Shops. Manche der Opfer hätten sich sogar von sich aus bei dem Profil des "Mädchens" gemeldet, um an Gutscheincodes für Einkäufe zu gelangen, schilderte der Angeklagte. Insgesamt will er mehr als 32.000 Euro für das übermittelte Material ausgegeben haben, rechnete er beim Prozess vor.

Bei einem seiner Schüler ging der Pädagoge laut Staatsanwalt auf besonders "listige Art und Weise" vor. Der Bursche vertraute ihm in der Schule an, dass er ein Auge auf ein Mädchen geworfen habe. Der Angeklagte gab vor, ihm zu helfen und die beiden zu verkuppeln, doch dafür seien gewisse Handlungen nötig, um dem Mädchen seine Aufrichtigkeit zu beweisen. Während die Angebetete nichts von den Vorgängen wusste, erschlich sich der Lehrer mit Lügen Videos und Fotos vom Burschen bei sexuellen Handlungen. "Der Lehrer war damals sein einziger Freund und er führte ihn hinter das Licht", so Bacher. Er soll den Jugendlichen regelrecht kontrolliert haben und von ihm besessen gewesen sein. Über Jahre hinweg habe er ihn mit Lügen in der Hand gehabt.

"Stehe zu allen schrecklichen Sachen, die ich gemacht habe"

Der Beschuldigte gestand zwar, dass er bei diesem Schüler Fotos und Videos auf diese Art und Weise erschlichen habe, direkte Übergriffe hätten aber entgegen der Anklage nicht stattgefunden. "Ich habe die Neigung zu Jugendlichen in der Schule entwickelt", schilderte er. Er befindet sich deswegen auch in Behandlung. An Kindern unter 14 Jahren habe er kein Interesse, beteuerte er mehrfach: Das wäre "moralisch noch verwerflicher" gewesen, meinte er. "Ich stehe zu allen schrecklichen Sachen, die ich gemacht habe, aber nur auch das, was ich gemacht habe." Aufgrund der Menge an Datenmaterial habe er teilweise sogar den Überblick verloren - ebenso über seine Ausgaben für die Gutscheincodes. "Wenn sie nichts (Fotos oder Videos, Anm.) mehr schicken wollten, habe ich ihnen mehr (höhere Gutscheinsummen, Anm.) geboten."

ribbon Zusammenfassung
  • Ein ehemaliger Lehrer muss sich vor dem Grazer Straflandesgericht verantworten, weil er über Tausend Nacktfotos und -videos von 15 Schülern erlangt hat, indem er sich auf Social Media als Mädchen ausgab.
  • Der Lehrer, der mehr als 32.000 Euro für Gutscheine ausgab, um das Material zu erhalten, bestreitet körperlichen Missbrauch, obwohl die Staatsanwaltschaft dies bei einem Schüler behauptet.
  • Der Prozess, der im Februar fortgesetzt wird, umfasst Anklagen wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses, Erpressung und Täuschung.