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Prozess gegen Villen-Einbrecher in Wien auf Mai vertagt

"Es hat irgendwie etwas von einem Hollywood-Film", hat Staatsanwältin Franziska Fent am Montag beim Prozess gegen eine hochprofessionelle Einbrecher-Bande am Wiener Landesgericht festgehalten. Die Angeklagten hätten sich zu einer kriminellen Vereinigung zusammengeschlossen und arbeitsteilig organisiert, um in Nobel-Villen am Stadtrand einzudringen. Vier der fünf Angeklagten waren geständig. Der Prozess musste auf Ende Mai vertagt werden.

"Es hat wie ein Unternehmen funktioniert", legte die Staatsanwältin zu Beginn der Verhandlung dar. Bei zwei Angeklagten handelt es sich um die eigentlichen Täter - Profis, die auf die so genannte Fensterbohrmethode spezialisiert sind. Die beiden Männer im Alter von 43 und 54 Jahren weisen europaweit bereits acht bzw. sechs einschlägige Vorstrafen auf. Sie verstehen es, Fenster- und Türrahmen so anzubohren, dass sich mittels einer durch die Löcher zu ziehenden Drahtschlinge die Verriegelung lösen lässt und man so ins Innere gelangt. "Dafür braucht es spezielle Übung, spezielle Fingerfertigkeit", zollte die Staatsanwältin den beiden beinahe Respekt für ihre Kenntnisse. Für die Chauffeurdienste war ein 28-Jähriger Taxifahrer zuständig. Der Tipp für den lukrativsten wie auch einträglichsten Coup stammte laut Anklage von einem Ehepaar (50 und 53 Jahre alt), wie alle Angeklagten ungarische Staatsbürger. Während Philipp Wolm, der Verteidiger des 53-Jährigen, ein Geständnis ankündigte, meinte der Rechtsvertreter der 50-jährigen Frau, Peter Philipp, diese werde sich "nicht schuldig" bekennen.

"Die Täter haben es bewusst in Kauf genommen, dass die Opfer zu Hause sind und - wenn es sein muss - Gewalt gegen die Opfer anzuwenden. Das nennt man Home Invasion", sagte die Staatsanwältin. Eine solche erlebte am 28. Mai 2019 eine wohlhabende 79-jährige Frau in ihrer Villa in Döbling. "Ich war selber am Ort. Man sieht, wie viel da drinnen ist", verriet die Staatsanwältin den Schöffen, dass das Anwesen schon von außen imposant wirke. Von der aus Ungarn stammenden Haushälterin der Villen-Besitzerin habe die Angeklagte von "der Wahnsinnsvilla" (Staatsanwältin) erfahren und diese bei Besuchen bei ihrer Bekannten gemeinsam mit ihrem Ehemann ausgekundschaftet, wobei dieser den Generalschlüssel nachmachen habe lassen, wie ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurde. Vor Gericht verneinte der 53-jährige zweifach vorbestrafte Bauunternehmer das jedoch. "Ich habe von niemand einen Schlüssel erhalten", sagte er aus. In seiner Aussage nahm der 53-Jährige zudem seine Frau in Schutz: "Sie hat nichts damit zu tun." Es habe zudem keinen Auftrag gegeben jenes Haus zu überfallen, betonte er vor dem Schöffengericht.

Seit 2017 soll geplant gewesen sein, die Nobel-Villa auszuräumen. Der 54-Jährige widersprach in seiner Aussage jedoch der Darstellung der Staatsanwaltschaft, wonach man über einen Tipp des Ehepaares auf das luxuriöse Anwesen gekommen sei. "Wir sind darauf gekommen, weil ein ungarisches Lokal in der Nähe ist", behauptete er. Bei einem ersten Einbruch im Jahr 2018 wurde der Tresor in der Waschküche geknackt, doch der eigentliche Schatz befand sich im zweiten Stock in einem Wandtresor.

Am 28. Mai 2019 folgte der zweite Coup. Die Besitzerin hörte eines Abends aus dem Zimmer, in dem sich der Tresor befand, verdächtige Geräusche und zog sich nicht zurück. "Sie ist total mutig. Sie geht in den Raum, wo die beiden Männer sind", schilderte die Staatsanwältin. "Ich bin durch ein Licht aufgewacht, aufgestanden und aus meinem Schlafzimmer gegangen, weil ich wissen wollte, ob das ein Gewitter ist. In dem Moment sind plötzlich zwei vermummte Männer vor mir gestanden", erinnerte sich die 79-jährige Wienerin an den Überfall. "Der erste Mann hat mich festgehalten und nach dem Code gefragt. Der Zweite hat mit einem Brecheisen versucht den Tresor herauszubrechen."

Die 43 bzw. 54 Jahre alten Einbrecher hatten die Villen-Besitzerin mit einem Kabel und einem Tuch gefesselt und "einfach liegen gelassen", so die Staatsanwältin. Dieses Anklagefaktum hat die Staatsanwaltschaft als schweren Raub qualifiziert.

Mit einem Porsche Cayenne flüchteten die Kriminellen dann nach Ungarn. Im Gepäck: Schmuck im Wert von 800.000 Euro. Beim ersten Einbruch in dieselbe Villa hatten sie im Jahr 2018 bereits 15 bis 20 Armbanduhren im Wert von 100.000 Euro, eine Münzsammlung und Bargeld an sich gebracht. Als Komplize fungierte dabei auch der Vater des Taxilenkers, der zum Prozess am Montag jedoch nicht geladen war.

Den Porsche hatten die Täter auch nicht redlich erworben. Am 24. Mai 2019 waren sie unbemerkt von den Besitzern, die den Einbruch verschliefen, in eine andere Villa in der Peter-Jordan-Straße gelangt und hatten "Schmuck und alles, was sie finden können" gesucht. Reich beladen verließen die zwei Männer über die Garage den Tatort - und stießen dort auf den Porsche. Der Zündschlüssel steckte, worauf sie sich kurzerhand ins Fahrzeug setzen, die Garage öffneten und das Weite suchten. Der mitangeklagte Taxifahrer soll in weiterer Folge den Porsche dann in der Pötzleinsdorfer Straße geparkt haben, um für den nächsten Coup mit einem flotten Fluchtfahrzeug gewappnet zu sein. Mit dem Luxusschlitten auch noch Geld zu machen, sei jedoch nicht der Plan gewesen. "Unser Interesse war es den Porsche verschwinden zu lassen", sagte der 54-Jährige aus.

Vor der Anklage umfasst sind noch zwei weitere Einbrüche am 31. April 2019. Auf die Spur der Angeklagten war man dank der Haushälterin der zweifach ausgeplünderten Villen-Besitzerin gekommen, die sich frühzeitig an die Strafverfolgungsbehörden wandte und ihr Wissen preisgab. Der Frau wurde Kronzeugen-Status zugebilligt, sie wurde daher nicht mitangeklagt. Dasselbe gilt für eine Vertrauensperson, die im Gerichtsakt nur anonymisiert auftaucht. Von dieser Person, die sich im Dezember 2021 an die Kriminalpolizei gewandt hatte, stammen konkrete Hinweise, die zur Ausforschung und Festnahme der unmittelbare Täter führten. "Sie hat Angst um ihr Leben, wenn ihr Name bekannt würde", gab die Staatsanwältin bekannt.

Die Haushälterin der 79-Jährigen, die Vertrauensperson und die Frau des 54-jährigen Zweitangeklagten waren am Montag auch als Zeugen geladen. Keiner von ihnen erschien jedoch. Der Prozess wurde daher auf den 24. Mai vertagt.

ribbon Zusammenfassung
  • "Es hat irgendwie etwas von einem Hollywood-Film", hat Staatsanwältin Franziska Fent am Montag beim Prozess gegen eine hochprofessionelle Einbrecher-Bande am Wiener Landesgericht festgehalten.
  • Die Angeklagten hätten sich zu einer kriminellen Vereinigung zusammengeschlossen und arbeitsteilig organisiert, um in Nobel-Villen am Stadtrand einzudringen.
  • Vor der Anklage umfasst sind noch zwei weitere Einbrüche am 31. April 2019.