APA/APA/Eva Ringler

Persönlichkeit der Pfeilgiftfrösche prägt Fortpflanzung

Mut, Aggressivität und "Entdeckergeist", ein neues Terrain zu erkunden, haben bei Pfeilgiftfröschen sehr unterschiedliche Effekte auf den Fortpflanzungserfolg - je nach Kombination und Kontext positive wie auch negative. Es gebe nicht den einen "überlegenen" Verhaltenstypus", der den Erfolg sichert, sagte Zoologin Eva Ringler von der Universität Bern, die vormals in Wien forschte, der APA. Die Studie erschien im Journal "Proceedings of the Royal Society B".

Ringler und Mélissa Peignier untersuchten mit Kollegen Effekte von Verhaltensweisen der Pfeilgiftfrösche (Allobates femoralis) auf ihre Reproduktion - definiert als wie oft und mit wie vielen Partnern reproduziert wurde, sowie die Anzahl des bis ins adulte Alter durchgebrachten Nachwuchses. Damit ist der Einblick ins Leben dieser Pfeilgiftfrösche, eine in Südamerika weit verbreitete Froschart, um eine Facette reicher. Zu den bisher untersuchten Eigenschaften der polygamen Frösche zählt z.B., dass Väter eine wichtige Aufgabe bei der Brutpflege übernehmen, indem sie die Kaulquappen nach dem Schlüpfen huckepack auf verschiedene Tümpel im Regenwald verteilen.

In der aktuellen Studie, im Rahmen derer Ringler auch noch am Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien tätig war, untersuchte man eine vor mehr als zehn Jahren auf einer Flussinsel in Französisch-Guyana etablierte Population von Pfeilgiftfröschen. Dieses einzigartige Setting ermöglicht es den Forscherinnen und Forschern, die heute wild lebenden, etwa 150 adulten Tiere zu beobachten, zu experimentieren und genetisch über mehrere Generationen hinweg zu untersuchen.

"Wie sich in unserer Studie bestätigt hat, bringen Persönlichkeitsausprägungen wie Mut, Aggressivität und Erkundungsverhalten von neuem Terrain den Tieren, Männchen wie auch Weibchen, in verschiedenen Kontexten mal Vor- und mal Nachteile für den Fortpflanzungserfolg", sagte Ringler gegenüber der APA: "Deshalb beobachten wir diesen breiten Mix an verschiedenen Verhaltenstypen in der Population - welcher auch in Zukunft höchstwahrscheinlich erhalten bleiben wird. Es gibt nicht einen Verhaltenstypus, der immer allen anderen Typen überlegen ist und diese langfristig verdrängt."

"Aggressivität erweist sich als günstig beim Verteidigen eines Territoriums, aber die Tiere machen dann auch mitunter Fehler: Männchen, die eigentlich nur das Territorium durchqueren wollen, oder Weibchen, die gerade auf Partnersuche sind, werden attackiert - so eine falsche Attacke ist der Partnerwahl natürlich nicht besonders dienlich", so Ringler: "Jeder Verhaltenstyp, je nachdem, in welcher Situation sich dieser gerade befindet, hat somit ganz unterschiedliche Vor- und Nachteile."

Pfeilgiftfrösche sind ein ideales Modellsystem, um Verhaltensausprägungen und deren Auswirkung auf individuellen Fortpflanzungserfolg zu untersuchen, erläuterte die Forscherin, "weil es einerseits Partnerwahl gibt, bei der Weibchen die Männchen in ihren Territorien aufsuchen, wo es zur Eiablage in der Laubstreu oder in anderen terrestrischen Strukturen kommt - sie bestimmen also maßgeblich, mit wem sie sich paaren". Die Männchen seien hingegen für die Brutpflege, den Kaulquappen-Transport, zuständig und suchen die Orte auch "sehr strategisch" aus, sagte Ringler: Sie verteilen die Kaulquappen auf mehrere Wasserstellen, um Risiko zu streuen, wie frühere Studien bereits gezeigt haben. "Der Vater hat somit viel Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit seiner Nachkommen", so Ringler, die seit dem Jahr 2020 als Professorin an der Universität Bern tätig ist, und die Projektförderung des Wissenschaftsfonds FWF in die Schweiz transferieren konnte.

"Wir verstehen jetzt besser denn je, wie wichtig der Einbezug von individuellen Unterschieden für ökologische und evolutionäre Fragestellungen ist", sagte Erstautorin Mélissa Peignier über die aktuelle Studie. Künftig möchten sich Ringler und ihr Team anschauen, inwiefern bei Kaulquappen beobachtete Verhaltensmuster, etwa deren Aktivität oder Schreckhaftigkeit, auch im späteren Entwicklungsstadium der Tiere - über die Metamorphose hinweg - erhalten bleiben. Zudem will man der Frage nachgehen, "inwieweit die Verhaltensweisen genetisch vererbt werden und wer sich genetisch eher durchsetzt, Mutter oder Vater".

(S E R V I C E - online: https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rspb.2023.1551)

ribbon Zusammenfassung
  • Mut, Aggressivität und "Entdeckergeist", ein neues Terrain zu erkunden, haben bei Pfeilgiftfröschen sehr unterschiedliche Effekte auf den Fortpflanzungserfolg - je nach Kombination und Kontext positive wie auch negative.
  • Die Studie erschien im Journal "Proceedings of the Royal Society B".
  • Damit ist der Einblick ins Leben dieser Pfeilgiftfrösche, eine in Südamerika weit verbreitete Froschart, um eine Facette reicher.