Nach Zugsunglück in Griechenland: Ursachensuche läuft

Nach der verheerenden Kollision zweier Züge in Mittelgriechenland mit mindestens 46 Toten wollen die Behörden das Unglück vollständig aufklären.

Beim schweren Zugsunglück in Griechenland sind mindestens 46 Menschen ums Leben gekommen. Dies teilte am Donnerstag die Feuerwehr mit. Weiterhin werden noch zahlreiche Menschen vermisst. Aus diesem Grund suchen die Rettungskräfte in den Trümmern weiter, wie das Staatsfernsehen (ERT) berichtete. "Statt Leben zu retten, müssen wir Leichen herausholen", sagte ein Mitarbeiter der Einsatzkräfte am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters am Unfallort nahe der Stadt Larissa.

Landesweiter Streik

Aus Protest gegen den maroden Zustand der griechischen Bahnen sind die Eisenbahner landesweit in einen 24-stündigen Streik getreten. Auch zwei der drei U-Bahnlinien von Athen werden bestreikt, wie Medien berichteten. Weiteren Medienberichten zufolge hatten Eisenbahngewerkschafter längst vor Unfällen gewarnt, weil das elektronische Leitsystem auf der Strecke Athen-Thessaloniki kaum funktionierte. Das jüngste Schreiben dieser Art ist erst drei Wochen alt, wie die Wirtschaftszeitung "Naftemporiki" schreibt. Demnach soll es auf der Strecke immer wieder zu kleineren und Fast-Unfällen gekommen sein.

Man könne die gefährliche Situation nicht mehr ertragen. "Worauf warten Sie noch, um einzugreifen? Was muss noch passieren?", hieß es in dem Schreiben vom 7. Februar. In einem weiteren Schreiben, das die Vereinigung der Lokführer im vergangenen November an das Verkehrsministerium schickte, werden die Mängel aufgelistet. Demnach funktionierten die Lichtsignale an der Strecke bereits seit vielen Jahren nicht mehr. Auch sei das ETCS (European Train Control System) - das System, das den Zug stoppt, wenn Gefahr droht, und das somit auch vor menschlichem Versagen schützt - außer Betrieb. Darüber hinaus funktionierten seit nunmehr 15 Jahren die Sicherheits- und Beleuchtungssysteme in den Tunnels nicht vollständig.

Während der Zugverkehr in Griechenland von der italienischen Eisenbahngesellschaft Ferrovie dello Stato Italiane betrieben wird, ist die staatliche griechische OSE für die Infrastruktur verantwortlich. Deren Chef war bereits am Mittwoch nach dem Unfall zurückgetreten. Das allein jedoch reiche nicht, heißt es nun in griechischen Medien. Es handle sich um Staatsversagen, wenn die Infrastruktur der griechischen Bahn derart fahrlässig vernachlässigt werde.

Bahnhofsvorsteher: "Habe einen Fehler gemacht"

Der Bahnhofsvorsteher, der am Dienstagabend am Bahnhof der Stadt Larisa in Mittelgriechenland verantwortlich war, soll am Mittwoch eingestanden haben, die Weichen falsch gestellt zu haben. Zugleich galt es, die Opfer zu identifizieren. Viele Leichen sind verbrannt und können nur per DNA-Analyse identifiziert werden.

"Ich habe einen Fehler gemacht und den Personenzug auf dieselbe Schiene wie den entgegenkommenden Güterzug geschickt", soll der 59 Jahre alte Eisenbahner zu Protokoll gegeben haben, wie der Staatssender ERT am Mittwochabend unter Berufung auf Polizeikreise berichtete. Der Mann war bereits am Vormittag festgenommen worden. Doch das dürfte noch längst nicht das Ende der Ermittlungen sein. Schon kurz nach dem schweren Unfall kam Kritik von Eisenbahnern und deren Gewerkschaft auf, dass das elektronische Leitsystem auf der Strecke Athen - Thessaloniki schon länger nicht arbeite. Deshalb seien die Bahnhofsvorsteher dafür verantwortlich, die Züge quasi händisch zu koordinieren.

In einer Rede an das Land sicherte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis den Menschen am Mittwochabend zu, die Umstände des Unglücks vollständig aufklären zu lassen. Alles weise darauf hin, dass es hauptsächlich auf einen "tragischen menschlichen Fehler" zurückzuführen sei. Eine unabhängige, überparteiliche Kommission solle klären, warum die notwendige Modernisierung der griechischen Bahnen in den vergangenen Jahren ausgeblieben sei.

Opferzahl dürfte steigen

Zuvor hatte Verkehrsminister Kostas Karamanlis bereits seinen Hut genommen. Er fühle sich verpflichtet, die Verantwortung für die Fehler des griechischen Staates zu übernehmen. Das sei das Mindeste, um den Familien der Opfer Respekt zu zollen, begründete er den Schritt.

Bei den Opfern handelt es sich übereinstimmenden Berichten zufolge hauptsächlich um junge Menschen. Viele seien nach einem Feiertag aus dem verlängerten Wochenende gekommen und auf dem Weg zur Universität in Thessaloniki gewesen. Die Opferzahl dürfte wohl steigen. Neben DNA-Abgleichen dienten auch Tattoos und Kleider bei der Suche nach der Identität der Opfer als wichtige Hinweise, berichten griechische Medien.

US-Außenminister Antony Blinken sprach Griechenland das Beileid seines Landes aus. Er betonte, dass die Vereinigten Staaten in dieser schweren Zeit an der Seite des griechischen Volkes stünden.

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  • Nach der verheerenden Kollision zweier Züge in Mittelgriechenland mit mindestens 46 Toten wollen die Behörden das Unglück vollständig aufklären.