Messer-Attacke auf Weihnachtsfeier: Zwölf Jahre Haft
Der Verurteilte hatte am 15. Dezember 2023 vor dem Lokal einem 44-jährigen Arbeitskollegen ein Messer neun Mal in Brust, Bauch und die Flanke gestoßen.
Die Klinge eröffnete die Brusthöhle, dank glücklicher Umstände und rascher notärztlicher Hilfe überlebte das Opfer. Der Angeklagte, der den Tötungsvorsatz in Abrede stellte, hatte in der Verhandlung gerätselt, wie es dazu kommen konnte. "Das waren meine Arbeitskollegen, die ich wirklich liebe", sagte er eingangs der Verhandlung. Er sei bis dahin "nie in meinem Leben auf wen losgegangen. Mich lieben die Leute, ich liebe die Leute". Und weiter: "Das hätt' nie im Leben passieren dürfen, Alter!"
Auf der Firmen-Weihnachtsfeier sei "reichlich Alkohol" geflossen, berichtete die Staatsanwältin. Der Angeklagte sei besonders stark alkoholisiert gewesen, seine Kollegen hätten ihn schließlich "als lästig empfunden". Zunächst habe der Junior-Chef dem 47-Jährigen vor dem Lokal einen leichten Stoß versetzt, um ihn damit dazu zu bringen, nach Hause zu gehen. Obendrein habe auch noch das spätere Opfer dem Mann gut zugeredet, sich dann umgedreht, "und da zieht der Angeklagte ein Messer und sticht neun Mal zu", meinte die Staatsanwältin.
Der Angeklagte behauptete, er sei noch im Lokal von seinen Kollegen körperlich angegriffen worden. Alle seien betrunken gewesen: "Nach dem Essen kam literweise Wodka an den Tisch." Er habe nach mehreren Bier im Alleingang eine ganze Flasche Wodka geleert: "Voriges Jahr bin ich nicht hingegangen zur Weihnachtsfeier, weil ich nicht trinken wollte. Dieses Jahr hab' ich mich sicher gefühlt. Das ist meine Arbeitsfamilie." Man habe ihn dann plötzlich "von hinten attackiert". Was danach geschehen sei, wisse er nicht mehr. "Er hat einen Filmriss, partielle Erinnerungen. Er kann es sich nicht erklären. Er wollte, dass es aufhört, die Angriffe gegen ihn", sagte die Verteidigerin. Ihr Mandant sei ein "grundsätzlich friedfertiger, hilfsbereiter Mensch".
Nach der Tat begab sich der 47-Jährige heimwärts, ohne sich um den Verletzten zu kümmern. Die Tatwaffe entsorgte er am Nach-Hause-Weg, sie wurde nie sichergestellt. Laut gerichtsmedizinischem Gutachten handelte es sich um ein scharfes Messer mit einer mindestens sieben Zentimeter langen Klinge. "Wir haben es hier nicht mit einem Mörder zu tun", versicherte die Verteidigerin, "es war eine überaus überschießende Abwehrreaktion, die er zutiefst bedauert."
Der psychiatrische Sachverständige, der mit der Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten beauftragt wurde, erklärte dem Schwurgericht, dass es keine Vorgeschichte mit schweren psychischen Störungen gäbe. Am Tag des Geschehens sei eine erhebliche Berauschung im Spiel gewesen, es gebe jedoch keinen laborchemischen Nachweis, wie viel Alkohol der Mann wirklich konsumiert hätte. Seine Schlussfolgerung: Durch die Alkoholisierung wurde die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten deutlich herabgemindert, aber nicht gänzlich aufgehoben.
Der Firmenchef sagte als Zeuge aus, der Angeklagte sei auf der Feier zwar etwas laut und betrunken gewesen, aber ansonsten unauffällig. Von einem Streit oder gar einer Schlägerei hätte er nichts mitbekommen. Dies bestätigten auch die weiteren geladenen Zeugen, darunter das Opfer, ein 44-jähriger Pole. Der Sohn des Firmenchefs erinnerte sich an eine Diskussion, die er auf der Feier mit dem Angeklagten führte: "Wir haben aber nicht gestritten, es gab keine Handgreiflichkeiten."
Auch das Opfer gab an, auf der Feier viel Alkohol konsumiert zu haben. Laut dem Gerichtsmediziner hatte er 2,2 Promille Alkohol im Blut. Nach der Feier hätte er den Angeklagten Richtung U-Bahn begleitet und ihn am Zebrastreifen leicht weggestoßen. Daraufhin hätte ihn dieser mit einem Messer attackiert: "Nach dem ersten Stich konnte ich nicht mehr gut atmen, an die anderen Stiche kann ich mich nicht mehr erinnern." Es hätte auch nie Streit zwischen ihm und dem Angeklagten gegeben.
Nach Aussagen des Gerichtsmediziners wurde das Opfer mit sieben Stich- und zwei Schnittwunden verletzt. Der 44-Jährige sei in stabilem Zustand ins Krankenhaus gebracht worden, Lebensgefahr hätte keine bestanden. Ein Gast, der zufällig an dem Abend im Lokal anwesend war und von Beruf Rettungssanitäter ist, leistete dem 44-Jährigen nach den Verletzungen Erste Hilfe. Er gab an, er habe kurz vor der Tat gesehen, wie es zwischen vier Personen - darunter Opfer und Angeklagter - vor dem Lokal zu Handgreiflichkeiten gekommen sei. Der Angeklagte hätte seine Angreifer angeschrien, dass sie ihn in Ruhe lassen sollten.
Video: Kritik an Messer-Verbot in Favoriten
Zusammenfassung
- Bei einer Firmen-Weihnachtsfeier in Wien-Landstraße stach ein 47-jähriger Glaser seinen 44-jährigen Kollegen neunmal mit einem Messer, wobei das Opfer schwer verletzt, aber nicht lebensgefährlich verletzt wurde.
- Der stark alkoholisierte Täter, der seine Tatwaffe auf dem Heimweg entsorgte, bestritt jeglichen Tötungsvorsatz und erklärte, sich aufgrund von Alkohol und einem vorherigen Angriff seiner Kollegen an nichts erinnern zu können.
- Ein psychiatrischer Gutachter bestätigte, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat stark alkoholisiert war, was seine Steuerungsfähigkeit erheblich, aber nicht vollständig beeinträchtigte.
- Zeugenaussagen, darunter die des Firmenchefs und des Opfers, stellten klar, dass es vor der Tat keine offensichtlichen Auseinandersetzungen oder Handgreiflichkeiten gab, was die Verteidigung des Angeklagten in Frage stellt.
- Die Verteidigung des Angeklagten argumentierte, dass es sich um eine übermäßige Abwehrreaktion handelte und betonte, dass ihr Mandant die Tat zutiefst bedauere.