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Mordprozess um totes Baby geht in Wien weiter

Der Mordprozess um ein mutmaßlich vom Vater getötetes Baby ist am Donnerstag am Wiener Straflandesgericht fortgesetzt worden. Der 30-jährige Beschuldigte soll laut Anklage seinem drei Monate alten Sohn mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz schwerste Kopfverletzungen zugefügt haben. Laut einem gerichtsmedizinischen Gutachten starb der Bub "eindeutig" an den Folgen eines Schütteltraumas. Der 30-Jährige bestreitet weiterhin die Vorwürfe.

Am zweiten Verhandlungstag kommen der Gerichtsmediziner und ein Neuropathologe zu Wort. Zudem wurden noch drei Zeugen geladen. Dem 30-Jährigen, der sich seit 11. Februar in U-Haft befindet, drohen im Fall eines anklagekonformen Schuldspruchs zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft. Am Donnerstag ist noch ein Urteil geplant.

Der Mann bestreitet vehement, mit den Verletzungen und dem Tod seines Sohn etwas zu tun zu haben. "Ein Schütteln ist nie passiert. Weder absichtlich noch unabsichtlich", beteuerte der Angeklagte bereits am ersten Verhandlungstag. Der Beschuldigte vermutet, dass es bei der notärztlichen Behandlung des drei Monate alten Buben in einem Spital zu Behandlungsfehlern gekommen sein könnte. Die Ärzte hätten zwei Mal eine Drainage gemacht, ohne dass er dem zugestimmt hätte, betonte der 30-Jährige.

Die Mutter des Buben hatte am 3. Februar gegen 23.00 Uhr mit ihrem Sohn ein Krankenhaus aufgesucht, wo unverzüglich mit der Behandlung des laut Anklage misshandelten Säuglings begonnen wurde. Für das Baby kam jede ärztliche Hilfe zu spät. Das Kleinkind dürfte schon zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme keine Gehirnfunktionen mehr gehabt haben. Am 6. Februar wurden die lebenserhaltenden Geräte abgeschaltet und der Bub für tot erklärt.

Das Spital alarmierte in weiterer Folge die Polizei, da sich bei dem Baby die typischerweise auf ein so genanntes Schütteltrauma hindeutenden Hirnverletzungen zeigten. Zudem wies das Baby neben den Kopfverletzungen auch ältere Verletzungen - eine gebrochene Rippe und einen gebrochenen Arm - auf. Die Eltern wurden in weiterer Folge wegen Mordverdachts fest- und in U-Haft genommen.

Die Mutter wurde dann allerdings Ende Mai enthaftet, das gegen sie gerichtete Ermittlungsverfahren mittlerweile eingestellt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist gegen die 27-Jährige kein Tatverdacht mehr gegeben.

Die Mutter, die seit mehr als zehn Jahren mit dem Angeklagten liiert war, hatte am Nachmittag des 3. Februar gemeinsam mit ihrer zwei Jahre alten Tochter eine Geburtstagsfeier besucht. Von 15.00 Uhr bis 22.00 Uhr war der Vater allein mit dem Sohn zu Hause. Für die Staatsanwältin bestand kein Zweifel, dass es in diesen sieben Stunden zu den festgestellten Hirnverletzungen gekommen sein muss.

Verteidigerin Astrid Wagner bezeichnete ihren Mandant als "verantwortungsvollen Familienmenschen", der sehr liebevoll mit seinen Kindern umgegangen sei. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe würden nicht zu seiner Persönlichkeit passen.

Der Bub - ein Wunschkind - war am 3. November mittels einer Saugglockengeburt zur Welt gekommen. Der Angeklagte erzählte am ersten Verhandlungstag, dass das Kind seit seiner Geburt schwer geatmet hätte. Der Vater bestritt auch, dass er als Einziger ein Gelegenheitsverhältnis gehabt hätte, dem Kind Schaden zuzufügen - schon am 29. Jänner soll es in den Nachmittagsstunden zu einem Vorfall gekommen sein, der von der Anklage als versuchter Mord qualifiziert wird. Ein als Sachverständiger beigezogener Neuropathologe hatte im Ermittlungsverfahren ältere Subduralblutungen unter der Hirnhaut des toten Säuglings festgestellt. Die Anklage macht dem Vater zum Vorwurf, den Buben schon damals kräftig geschüttelt zu haben, was dieser entschieden bestreitet.

Der Kleine sei mehrfach, zuletzt am 22. Jänner zu Familienfeiern mitgenommen und dabei "herumgereicht" und von Angehörigen auf den Schoß genommen worden, behaupteten der Angeklagte und Verteidigerin Wagner. Am 22. Jänner habe er nach einer Geburtstagsfeier einen blauen Fleck am Rücken des Buben entdeckt, erklärte der 30-Jährige.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Mordprozess gegen einen 30-jährigen Vater, der beschuldigt wird, seinen drei Monate alten Sohn durch Schütteltrauma getötet zu haben, wird in Wien fortgesetzt. Der Vater bestreitet die Vorwürfe und sieht mögliche Behandlungsfehler im Krankenhaus.
  • Die Mutter des Kindes wurde aus der Untersuchungshaft entlassen, da kein Tatverdacht mehr gegen sie besteht. Am zweiten Verhandlungstag sagten ein Gerichtsmediziner und ein Neuropathologe aus.
  • Im Falle einer Verurteilung droht dem Vater eine Haftstrafe von zehn bis 20 Jahren oder lebenslang. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die Hirnverletzungen während der Abwesenheit der Mutter auftraten.