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Mehr als 120 Tote bei Waldbränden in Chile

In Chile hat am Montag der erste von zwei Tagen Staatstrauer für die nach jüngsten Angaben mehr als 120 Opfer der verheerenden Waldbrände in Chile begonnen. Nur 32 der Toten in der Touristenregion Valparaíso sind nach Behördenangaben bisher identifiziert. Rettungskräfte durchsuchten indes die vom Flammeninferno verwüsteten Gegenden.

Eng besiedelte Nachbarschaften in den Hügeln der besonders betroffenen Küstenstadt Viña del Mar waren vom Strom abgeschnitten. Die Straßen bedeckten Schutt und Asche, ausgebrannte Autos standen herum.

Am Sonntag hatte Präsident Gabriel Boric bei einem Besuch in Quilpué westlich von Viña del Mar gewarnt, dass die Zahl der Toten noch erheblich steigen werde. Es handle sich um "die größte Tragödie" seit dem starken Erdbeben mit mehr als 500 Toten von 2010, sagte Boric. "Ganz Chile weint um Valparaíso."

Ganze Wohnviertel in Quilpué wurden durch die Flammen zerstört, Autos verbrannten, wie ein Team der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Tausende Bewohner saßen am Freitag mehrere Stunden lang fest, als sie mit dem Auto zu fliehen versuchten. Zehntausende Hektar Wald wurden vernichtet.

Am Freitag waren während einer Hitzewelle gleich mehrere Feuer in der Region ausgebrochen, die von Winden weiter angefacht wurden. Die Behörden untersuchen, ob es sich um Brandstiftung handelt. "Die wichtigsten Teile meines Hauses wurden gerettet, aber jetzt haben wir keinen Strom, wir können nichts tun oder unsere Handys aufladen", sagte die 63-jährige Patricia Guzmán in der Gegend von Quilpué. "Der Verkehr wird durch verbrannte Autos erschwert, alles ist verwüstet."

Viña del Mar liegt etwa eineinhalb Autostunden von der Hauptstadt Santiago de Chile entfernt. In den Sommermonaten ist es ein beliebter Urlaubsort. Bürgermeisterin Macarena Ripamonti sprach von einer "beispiellosen Katastrophe". 190 Bewohner würden noch vermisst.

"Hier steht kein einziges Haus mehr", erzählte die 67-jährige Pensionistin Lilian Rojas, die in Viña del Mar in der Nähe des Botanischen Gartens wohnte. Das Feuer habe sie binnen weniger Minuten überrascht. "Ich bin rausgegangen, um zu schauen, und die Leute rannten schon. Ich bin raus, habe die Tür zugezogen und bin weg", sagte sie und zeigte auf ihr rosafarbenes Kleid: "Das ist das einzige, was mir geblieben ist."

Nach Angaben des nationalen Katastrophenschutzdienst (Senapred) sind bis Sonntag fast 26.000 Hektar Land in zentralen und südlichen Regionen Chiles verbrannt. Etwa 1.400 Feuerwehrleute sowie 1.300 Militärangehörige und Freiwillige bekämpfen die Flammen. Auch 31 Hubschrauber und Löschflugzeuge sind im Einsatz.

Senapred-Chef Álvaro Hormazábal verwies am Sonntag auf dutzende Brände im Land, die noch immer außer Kontrolle seien. Die Wetterbedingungen seien weiter "kompliziert". In Til Til, etwa 60 Kilometer nördlich von Santiago, und im etwa 400 Kilometer südlich der Hauptstadt gelegenen Galvarino wurden am Sonntag vorbeugend Evakuierungen angeordnet.

Seit Mittwoch herrschten im Landesinneren und in der Hauptstadt Santiago Temperaturen um 40 Grad. Die Hitze hängt Experten zufolge mit dem Wetterphänomen El Niño zusammen, das durch eine Erwärmung des Oberflächenwassers im Pazifik gekennzeichnet ist und weltweit Auswirkungen hat.

Auch andere Länder in Südamerika sind von Bränden infolge der Dürre betroffen. In Argentinien kämpft die Feuerwehr seit Ende Jänner gegen ein riesiges Feuer, das schon mehr als 3.000 Hektar Land im Nationalpark Los Alerces zerstört hat. Nach Chile und Kolumbien bedroht die aktuelle Hitzewelle in den kommenden Tagen Argentinien, Paraguay und Brasilien.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Waldbrände in Chile haben bisher mindestens 112 Menschenleben gefordert, während 40 Brände im ganzen Land weiterhin aktiv sind.
  • Mit dem Einsatz von 1.400 Feuerwehrleuten sowie 1.300 Soldaten und Freiwilligen wurden bislang fast 26.000 Hektar Land zerstört, besonders betroffen ist die Touristenstadt Viña del Mar.
  • Präsident Gabriel Boric bezeichnet die Situation als 'größte Tragödie' seit dem Erdbeben 2010 und warnt, dass die Zahl der Todesopfer noch erheblich steigen wird, da Hunderte Menschen noch vermisst werden.