Kindergarten-Leiterin: "Wir haben Angst um die Kinder"
"Wir sind voll zurzeit", sagt Helene Lux, die Leiterin eines evangelischen Kindergartens in Wien. 100 Kinder seien angemeldet, 86 werden zur Betreuung vorbeigebracht. Im ersten Lockdown seien es nur sieben gewesen, deren Eltern Ärzte und damit systemrelevant waren. Jeden weiteren Lockdown hätte sich die Zahl der Anwesenden gesteigert.
Die Lockdown-Zeit wäre eine "riesige" Herausforderung für ihr Team. Eltern dürfen nicht ins Gebäude, die Pädagoginnen müssen jedes Kind einzeln an der Tür abholen und in den jeweiligen Raum bringen. "Es ist ein ewiges Läuten und hin- und hergehen", beschreibt die Leiterin den Arbeitsalltag.
100 Kinder, 50 Tests
Das große Glück sei, dass die Eltern "ihrer" Kinder sehr "testwütig" seien. Der Kindergarten sei zwar ein Studienkindergarten der Stadt Wien, für hundert Kinder stünden aber nur 50 Lollipop-Tests zur Verfügung. Es seien 100 angemeldet worden - Lux kann sich nicht erklären, warum nur 50 zugeteilt wurden. Alle hundert Eltern wollten, dass ihr Kind getestet wird. Aber nur die ersten 50, die sich meldeten, durften auch mitmachen.
Ende Dezember würde die Studie enden. Man wünsche sich aber unbedingt eine Verlängerung und Aufstockung auf 100 Tests für die Kinder. Auch andere Diakonie-Kindergärten hätten gerne die Möglichkeit, die Schützlinge zu testen. "Die einzige Möglichkeit, wie wir Corona draußen halten können, ist testen." Nur so könne man sicherstellen, dass kranke Kinder zuhause bleiben können.
Kinder kommen auch mit Symptomen
Helene Lux kenne aber auch viele Berichte von Kolleginnen in anderen Häusern, wo sich Eltern weigern, ihren Nachwuchs zu testen. "Noch unglücklicher macht sie, dass die kranken Kinder kommen. Ein Schnupfen vor Corona war ein Schnupfen. Ein Schnupfen jetzt kann schon das erste Symptom sein und kann dazu beitragen, dass man einen Cluster hat." Dagegen könne man nichts machen.
"Ich würde mir absolut eine Testpflicht wünschen", so die Pädagogin. Alle Kolleginnen und Kollegen, sogar der Zivildiener, seien geimpft und würden sich zweimal in der Woche testen, die Kinder jedoch nur zum Teil.
"Corona endet praktisch vor der Kindergartentür"
Der Kindergarten sei wichtig für die Kinder, die Entscheidung, ob man ein Kind zuhause lässt, sei schwer. Viele Eltern hätten auch gar keinen Urlaub mehr. "Ich versteh die Eltern sehr gut", so die Leiterin, aber Corona würde praktisch vor der Kindergartentür enden.
Der Ärger und die Frustration sei hoch. Im Fernsehen würde ständig über die Schule gesprochen, aber Kindergärten "gibt es de facto nicht". Das mache sie traurig.
Pläne ohne Vorgaben
"Wir machen oft Pläne aufs Blinde, weil wir denken, es kommt eine Verschärfung", die Infos kämen bei Änderungen aber sehr spät zu den Geschäftsführern. Dann käme die Warnung, sich vorzubereiten, weil eine Weisung erwartet wird. Manche Dinge seien berechenbar. Man wisse vorher, dass am Montag ein Lockdown startet, kritisiert Lux.
Die ersten positiven Fälle seien noch aufregend gewesen, mittlerweile habe sich das eingespielt, es gebe eigene Krisenpläne. Auch Personal sei schon positiv und in Quarantäne gewesen. "Das heißt, du hast den Kindergarten voll, hast aber plötzlich vier Leute weniger", dann "fängt die Krise an".
"Hatten keine einzigen Tag zu"
Lux' Wunsch: Dass jedes Mal, wenn Schulen erwähnt werden, auch die Kindergärten zur Sprache kommen. "So denken wir uns: Was tun wir eigentlich da? Es gibt uns eh nicht." Die Leute könnten annehmen, die Kindergärten wären zu, aber "wir hatten keinen einzigen Tag zu, wir haben durchgehend geöffnet".
"Angst um die Kinder"
Im ersten Lockdown hätten die Mitarbeiter Angst vor Corona gehabt, "Angst, dass wir das mit nachhause nehmen. Das sind Ängste, die kann man gar nicht beschreiben". Nun habe sich das verlagert, nun habe man Angst um die Gesundheit der Kinder. Die betreffe es nun mehr als je zuvor.
Zusammenfassung
- Ein voller Kindergarten, viel zu wenige Tests und kaum oder viel zu späte Vorgaben der Regierung. Kindergarten-Leiterin Helene Lux schildert den Alltag in Corona-Zeiten. Die Gesundheit der Kinder komme viel zu kurz. Sie fordert zumindest eine Testpflicht.
- "Wir sind voll zurzeit", sagt Helene Lux, die Leiterin eines evangelischen Kindergartens in Wien. 100 Kinder seien angemeldet, 86 werden zur Betreuung vorbeigebracht.
- Die Lockdown-Zeit wäre eine "riesige" Herausforderung für ihr Team. Eltern dürfen nicht ins Gebäude, die Pädagoginnen müssen jedes Kind einzeln an der Tür abholen und in den jeweiligen Raum bringen.
- Das große Glück sei, dass die Eltern "ihrer" Kinder sehr "testwütig" seien. Der Kindergarten sei zwar ein Studienkindergarten der Stadt Wien, für hundert Kinder stünden aber nur 50 Lollipop-Tests zur Verfügung.
- "Ich würde mir absolut eine Testpflicht wünschen", so die Pädagogin. Alle Kolleginnen und Kollegen, sogar der Zivildiener, seien geimpft und würden sich zweimal in der Woche testen, die Kinder jedoch nur zum Teil.
- Der Ärger und die Frustration sei hoch. Im Fernsehen würde ständig über die Schule gesprochen, aber Kindergärten "gibt es de facto nicht". Das mache sie traurig.