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J. D. Vance: Von "Hillbilly Elegy" bis Couch-Sex

Einst galt J. D. Vance als unerbittlicher Kritiker Donald Trumps, nun gibt er den Steigbügelhalter für dessen mögliche zweite Amtszeit als US-Präsident. Doch wer ist der republikanische Running-Mate denn nun tatsächlich und wie lief sein Wahlkampf? Ein Porträt von "Hillbilly Elegy" bis Couch-Sex.

Geht es nach den Republikanern, soll James David alias J. D. Vance der nächste Vize-Präsident der Vereinigten Staaten werden. Dass der 40-jährige Senator aus Ohio diese Rolle in einer Regierung unter Trump zukommen könnte, war allerdings alles andere als vorgezeichnet.

Vance wurde im US-Bundesstaat Ohio geboren, er wuchs in schwierigen Verhältnissen auf. Seine Familiengeschichte und den Klassenkampf in Amerika beschrieb er im autobiographischen Bestseller "Hillbilly Elegy", der später mit prominenter Besetzung verfilmt wurde.

Bei Erscheinen 2016 sprach der "Economist" vom aktuell "wichtigsten Buch über Amerika". Überwiegend positive Kritiken sahen das Leben der US-Unterschicht eingefangen. 

Von "Hillbillys, Rednecks oder White Trash"

Geht man nach dem Inhalt des Buches, war die einzige Konstanze im Leben von Vances Mutter Drogen. Seine geliebte Mamaw, die Oma, zündete derweil den im Suff auf der Couch liegenden Großvater an.

"Amerikaner nennen sie Hillbillys, Rednecks oder White Trash. Ich nenne sie Nachbarn, Freunde und Verwandte", schreibt Vance.

Nachdem er bei den Marinekorps gedient hatte, studierte er an der renommierten Universität Yale Jus und arbeitete sich innerhalb der republikanischen Partei hoch.

"Zynisches Arschloch" und Hitler-Vergleich

2016, während Trumps erstem Wahlkampf, galt J.D. Vance noch als scharfer Kritiker Trumps in den Reihen der Republikaner. Er nannte ihn öffentlich einen "Idioten", verglich ihn in privaten Chats mit Adolf Hitler. 

"Ich schwanke dazwischen zu glauben, dass Trump so wie Nixon ein zynisches Arschloch ist, das nicht so schlimm (und vielleicht sogar nützlich) wäre, oder Amerikas Hitler", so eine private Nachricht aus dem Jahr 2016.

Dieses nicht gerade schmeichelhafte Statement kam 2022 erstmals an die Öffentlichkeit. In einem Statement bestritt ein Sprecher von Vance die Äußerungen zwar nicht, seine Ansichten hätten sich jedoch mittlerweile geändert.

Video: USA-Experte Florian Danner zum Wahlkampf von J. D. Vance

Rechtzeitig vor seiner Bekanntgabe als Running-Mate folgte eine 180-Grad-Wende hin zum Trump-Fan. Im US-Senat hat Vance seine Loyalität gegenüber Trump in der Vergangenheit bereits bewiesen: Er spielte den Sturm auf das US-Kapitol im Jänner 2021 herunter. 

Kritiker unterstellen dem 40-Jährigen Opportunismus, andere kaufen ihm seinen Sinneswandel dagegen durchaus ab.

Gegenüber der Nachrichtenagentur "Reuters" erklärte Vance' Mentor John Barrasso (Republikanischer Senator aus Wyoming), dass sein Schützling erkannt habe, welchen Erfolg Trump während seiner Präsidentschaft den USA gebracht hatte.

Inhaltliche Überschneidungen

Einig ist sich Vance mit Trump jedenfalls in puncto Wirtschaftspolitik: Die USA als Produktions-Standort sieht Vance als Chance, skeptisch zeigt auch er sich gegenüber Freihandel und der "leichtfertigen" Partizipation der USA in Kriegen anderer Länder.

Beim Thema Abtreibung buhlen beide um Wählerstimmen und passen ihre Positionen immer wieder entsprechend an: So sprach Vance sich in einem Interview im Jahr 2021 dafür aus, dass Opfer von Vergewaltigung und Inzest Schwangerschaften austragen sollten. Gleichzeitig befürwortete er 2024 den Zugang zu Abtreibungspillen

Für Beobachter gilt Vance als polarisierende Wahl als Kandidat für die Vizepräsidentschaft. Seine Wahl könnte laut "Reuters" Trumps Position bei den konservativen Republikanern steigern, aber gleichzeitig auch moderate Wähler abschrecken.

"Weird" durch Couch-Sex und "Katzenladies"

Im Wahlkampf leistete sich der republikanische Running-Mate diverse Schnitzer, was ihm sogar bei einigen Konservative den Stempfel "weird", also "seltsam" einbrachte.

Vor allem seine Aussage, kinderlose Frauen seien unglückliche "Katzenladies", aus dem Jahr 2021 spielten US-amerikanische Sender auf und ab. Auch unbeholfene Wahlkampfauftritte von Vance liefen zwischenzeitlich in Endlosschleife. 

Zusätzlich veröffentlichte die "New York Times" Auszüge aus privaten E-Mails des Vizekandidaten. Darin habe er erklärt, er "hasse Polizisten" und nahm Bezug auf den 2014 von der Polizei erschossenen Michael Brown. Er könne sich nicht vorstellen, was ein "schwarzer Kerl durchmachen muss". 

In den Mails wetterte Vance auch gegen Trump und nannte ihn einen "Demagogen". Er mache sich Sorgen, wie "willkommen sich muslimische Bürger in ihrem eigenen Land fühlen". Zwar ist er ja mittlerweile zum Trump-Unterstützer mutiert und nutzt selbst dessen Rhetorik. Dieses Bild hinterließen die Mails allerdings nicht. 

Zum Fallstrick für sein Auftreten als ernsthafter Politiker wurde außerdem eine Flut an Memes im Netz. Trumps Running-Mate wurde nachgesagt, dass er mit einer Couch Sex gehabt und im Internet nach Delphin-Sex gesucht habe.

Wahr sind diese Gerüchte zwar nicht. Ein User auf X (ehemals Twitter) hatte fälschlicherweise behauptet, Vance habe den Geschlechtsverkehr mit einem Latexhandschuh in einer Couch in seinem Bestseller "Hillbilly Elegy" beschrieben. Profil, das später deaktiviert wurde.

Die Nachrichtenagentur Associated Press musste dennoch einen Faktencheck zurückziehen. Zwar konnten sie zeigen, dass im Buch von Vance kein Couch-Sex vorkam. Dass es diesen nie gegeben hat, lässt sich allerdings nicht eindeutig falsifizieren.

Kleben blieben die Gerüchte jedenfalls, ebenso wie das Label "weird". Ob es dennoch zum Vizepräsidenten reicht, bleibt abzuwarten.

ribbon Zusammenfassung
  • Einst galt J. D. Vance als unerbittlicher Kritiker Donald Trumps, nun gibt er den Steigbügelhalter für dessen mögliche zweite Amtszeit als US-Präsident.
  • Doch wer ist der republikanische Running-Mate denn nun tatsächlich und wie lief sein Wahlkampf?
  • Ein Porträt von "Hillbilly Elegy" bis Couch-Sex.