Ist eine Grippeimpfung für jeden sinnvoll?

1,25 Millionen Influenza-Impfdosen stehen für Österreich zur Verfügung. Das reicht nicht annähernd aus, um die Bevölkerung zu impfen. Warum sich dennoch jeder, der möchte, für eine Impfung anmelden sollte.

Trockener Husten, Fieber, Gliederschmerzen: Die Symptome von Covid-19 und der saisonalen Grippe sind sehr ähnlich. Das stellt das Gesundheitssystem im kommenden Herbst und Winter vor enorme Herausforderungen. Um eine Überlastung in den Spitälern zu verhindern, will das Gesundheitsministerium die Durchimpfungsrate bei der Grippe erhöhen. 1,25 Millionen Impfdosen für Österreich wurden dafür bestellt. Das ist eine Steigerung um circa 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres richtete am Montag einen Appell an alle Menschen in Österreich: "Lassen sie sich impfen". Aber sollten wir uns wirklich alle impfen lassen? 1,25 Millionen Dosen reichen nicht annährend aus, um alle 8,9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher zu impfen. Europaweit sind Impfstoffe knapp. Die Priorität liegt deshalb darauf, Kinder und Risikogruppen zu impfen. Erstere spielen bei der Verbreitung des Virus eine tragende Rolle. 

Virologin Heidemarie Holzmann, die auch im nationalen Impfgremium sitzt, sagt im Gespräch mit PULS 24 dennoch: "Jeder der sich impfen lassen will, soll sich impfen lassen und sich anmelden". Generell sei die Akzeptanz der Grippeimpfung in Österreich gering. Die Durchimpfungsrate liegt bei etwa 10 Prozent. Man werde erst sehen, ob sich dieses Jahr überhaupt mehr Menschen impfen lassen.

Das Argument, dass junge, gesunde Menschen Risikogruppen den Impfstoff "wegnehmen" könnten, lässt Holzmann nicht gelten. Für Kinder und ältere Menschen seien Impfdosen reserviert

Kinder als Superspreader

Dieses Jahr wird die Grippeimpfung zum ersten Mal im kostenfreien Kinderimpfprogramm angeboten. 350.000 Dosen sind dafür vorgesehen. Kinder sind hauptverantwortlich bei der Verbreitung der Grippe. Laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sind sie bei der Durchimpfung strategisch besonders wichtig.

"Wenn man nur 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen impft, hat man einen besseren Effekt bei der Verminderung der Sterberate der Älteren, als wenn man 90 Prozent der Älteren impft", sagt Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt. Durch Herdeneffekte könne die Weiterverbreitung von Grippeviren vermieden werden. Eine Impfung wird ab dem vollendeten 6. Lebensmonat allgemein empfohlen.

Ältere, chronisch Kranke und Schwangere sind besonders gefährdet

Ältere Personen und Menschen mit chronischen Erkrankungen zählen zur Risikogruppe bei einer Influenza-Erkrankung. Bei diesen Personengruppen verlaufen die Infektionen schwerer, weil ihr Immunsystem bereits geschwächt ist. Sie sollten sich deshalb gegen Influenza impfen lassen, empfiehlt Wiedermann-Schmidt

Auch Schwangere zählen zur Risikogruppe. "Durch die Impfung haben Schwangere eine 40 Prozentige Reduktion eine schwere Erkrankung zu haben", sagt Kinderarzt Hans Jürgen Dornbusch. Für sie gilt ebenfalls die Empfehlung, sich gegen die Grippe impfen zu lassen.

Zusätzlich empfiehlt Wiedermann-Schmidt die Influenza-Impfung für Gesundheits- und Pflegepersonal: Nicht nur zum Eigenschutz, sondern auch, um Patientinnen und Patienten nicht anzustecken.

Warum wurden nicht mehr Impfdosen bestellt?

Die Grundbestellung für die Grippeimpfung 2020 erfolgte bereits im September 2019. Die Basis dafür lieferten bisherige Erfahrungen und die Impfquote bei der Grippe liegt in Österreich nun einmal bei nur etwa zehn Prozent. Im internationalen Vergleich lassen sich nur wenige Menschen in Österreich impfen, daher wurden auch nur wenige Impfdosen bestellt.

Das Gesundheitsministerium hatte sich auf dem umkämpften Weltmarkt um Nachbestellungen von Grippe-Impfstoffen bemüht. Gesundheitsminister Anschober sagte, die Menge der bestellten Impfstoffe wurde um 40 Prozent erhöht. Sämtliche vom Ministerium organisierte Kontingente stellen zusätzliche Mengen dar.

Eine Grippe-Impfung schützt circa sechs Monate lang. Die Influenza-Saison dauert etwa von Dezember bis März. Vakzinologin Wiedermann-Schmidt empfiehlt daher, sich Ende Oktober, Anfang November impfen zu lassen. Die Impfung kann beim Haus- und Kinderarzt durchgeführt werden, dafür sollte man sich vorher anmelden.

450.000 bis 1,3 Millionen Österreicher erkranken jährlich an der Grippe. Pro Jahr gibt es 500 bis 1.000 Grippe-Todesfälle. 

 

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  • 1,25 Millionen Influenza-Impfdosen stehen für Österreich zur Verfügung. Das reicht nicht annähernd aus, um die Bevölkerung zu impfen. Warum sich dennoch jeder, der möchte, für eine Impfung anmelden sollte.