Hemayat betreut seit 30 Jahren Kriegs- und Folteropfer
"Das Angebot ist inzwischen vielfältig geworden und oft auch aus der Not entstanden", blickte Heiss im Rahmen einer Pressekonferenz zurück. Eine Konstante ist jedoch geblieben: Die Nachfrage war immer größer, als das Angebot, das der Verein bereit stellen konnte. Rund 1.800 Menschen wurden 2024 bereits betreut, aber auch aktuell stehen rund 500 Personen auf der Warteliste, die eine Behandlung benötigen würden - das hat sich gegenüber 2020, als noch rund 1.100 betreut wurden, nicht geändert. Man sehe bei Hemayat jedoch nur die "Spitze des Eisbergs", der Bedarf sei weitaus größer und es wären auch niederschwellige Angebote - etwa für die Kinder Betroffener nötig. "Ich glaube, es ist auch ein grundsätzliches Problem, dass es keine Eingangsdiagnostik im Asylverfahren gibt", so Heiss.
Was Hemayat betrifft, so wäre der Verein aufgrund der eingeschränkten Ressourcen nicht in der Lage, aktiv auf die Communitys zuzugehen. So würden Betroffene etwa weitervermittelt, wenn sie bei Deutschkursen Auffälligkeiten zeigen würden. Trotzdem unterstrich Preitler, dass Hemayat "in einer Zeit, wo man dringend gute Nachrichten" brauche, solche bieten könne. Selbst wenn eine Patientin derart traumatisiert sei, dass bei ihr eine Integration in den Arbeitsmarkt eher nicht mehr zu erreichen ist, können generationenübergreifende Erfolge erzielt werden, berichtete Preitler aus ihrer Praxis: Während es bei der Frau, die bereits an körperlichen Erkrankungen litt um Stabilisierung gegangen sei, konnte man erfolgreich daran arbeiten, dass sie eine gute Mutter sei. Der Erfolg zeigte sich an den drei Töchtern, von denen eine maturiert habe, eine gerade eine Lehre absolviere, während die Dritte bereits berufstätig sei.
Inzwischen kann den traumatisierten Personen auch ein umfangreiches Angebot zur Verfügung gestellt werden, sagte Geschäftsführerin Heiss. Zum Teil erfolge die Betreuung in der Muttersprache, zum Teil mit Dolmetschern. Neben Psychotherapie, einzeln oder in Gruppen, biete der gemeinnützige Verein Krisenintervention, Elternberatung, psychologische bis hin zu vielfältigen körperorientierten Angeboten wie etwa Shiatsu. "In Zeiten wo das Asylrecht infrage gestellt wird und gespart werden muss, ist es aber schwierig, die Arbeit zu finanzieren", so Heiss weiter. Zum Geburtstag könne man sich zumindest wünschen, dass man alle Personen mit einem entsprechenden Bedarf auch behandeln könne, da man einen wichtigen Teil der Gesundheitsversorgung für diese Stadt anbiete. Was es brauche, das sei eine "stabile finanzielle Absicherung, um den Opfern eine neue Zukunft zu eröffnen."
Ein wichtiger Aspekt der Arbeit sei aber von Anfang an die Dokumentation von Folter gewesen, blickte der Mediziner Mirzaei zurück. Und die Folterzahlen würden laut den Zahlen von Amnesty International weltweit steigen, so Mirzaei. "Auch wenn sich die Form ändert, so steigt damit auch der Bedarf an Dokumentation und Therapien. Ersteres sei einerseits wichtig für die Betroffenen selbst, andererseits auch für die laufenden Asylverfahren.
Und seit fast einem Jahrzehnt kooperiert Hemayat auch mit Ärzte ohne Grenzen (Medecins Sans Frontieres/MSF), eine Zusammenarbeit, die nicht zuletzt "wegen der massiven Versorgungslücke in Österreich" erfolge, sagte Laura Leyser, Geschäftsführerin von MSF-Österreich. Sie betonte, dass immer mehr Menschen gezwungen seien, aus ihrer Heimat zu fliehen. Laut den Zahlen des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) seien es allein im Vorjahr 123 Millionen gewesen, "und die Tendenz scheint sich nicht umzukehren."
Zusammenfassung
- Hemayat, ein Wiener Verein zur Betreuung von Kriegs- und Folteropfern, feiert 2025 sein 30-jähriges Bestehen und hat seit seiner Gründung fast 22.000 Menschen unterstützt.
- Im Jahr 2024 wurden 1.800 Menschen betreut, doch stehen derzeit 500 Personen auf der Warteliste, was die anhaltend hohe Nachfrage nach den vielfältigen Betreuungsangeboten des Vereins unterstreicht.
- Die Dokumentation von Folter ist ein zentraler Aspekt der Arbeit von Hemayat, wobei die weltweiten Folterzahlen laut Amnesty International steigen und der Bedarf an Dokumentation und Therapien zunimmt.