Grün-Strategie soll Hitzetage in Villach erträglicher machen
Die "Grüne Achse" soll in Zukunft als 1,4 Kilometer lange durchgehende Allee vom Bahnhof bis zum Stadtpark für erträglichere Sommertemperaturen in der Innenstadt sorgen. Im Zuge einer Verkehrsberuhigung wurde die zuvor sehr stark befahrene Bahnhofsstraße entsiegelt und mit Bäumen in der Fahrbahnmitte versehen. "Wir haben uns gefragt, wie kann man die Autos zurückdrängen und einen Straßenraum machen, der ein Wohlfühlambiente hat", erklärte Albel und ergänzte: "Dann sind wir auf die Idee gekommen, in der Mitte Bäume und ein paar Parkplätze zu machen." Die Verlagerung des Verkehrs habe sich auf die Umgebung aufgeteilt und sei nicht spürbar.
Am Hauptplatz wurden bereits vier Bäume nach dem Schwammstadtprinzip gepflanzt. Jeder Baum wächst in einem Becken mit 35 Kubikmetern saugfähigem Material, das etwa zehn Mal so viel Wasser aufnehmen kann wie ein normaler Stadtboden. So fungiert der Untergrund als Retentionsraum bei Starkregen und hält das Wasser länger für die Pflanzen zur Verfügung.
Insgesamt sind zehn Schwammstadt-Bäume am Hauptplatz geplant, je zwei der Baumarten Zerreiche, Scharlacheiche, Feldahorn, italienischer Ahorn und Silberlinde. Bis Mai 2025 sollen die restlichen sechs dazukommen. Der Umsetzung dieses komplexen Prinzips sei eine sorgfältige Planung vorausgegangen. "Im dichtest besiedelten Gebiet mit Veranstaltungen und zahlreichen Leitungen im Unterbau kannst du nicht einfach einen Baum setzen", so Albel. Bevor also der Hauptplatz aufgemacht wurde, ist die Bauweise im Oktober 2022 mit zwei Bäumen vor dem Standesamt erprobt und die Bevölkerung informiert worden. "Wir mussten den Leuten zuerst zeigen, wie aufwendig das eigentlich ist. Wir hatten auch einen eigenen Schauraum."
Neben den Leitungen und den Anforderungen der Anrainer, Unternehmer und Wirte musste auch dafür Sorge getragen werden, dass die freie Fahrt von Feuerwehr und Rettung gewährleistet bleibt oder dass Großveranstaltungen wie der traditionelle Villacher Fasching oder der Kirchtag trotzdem stattfinden können.
Villach ist mit etwa 65.000 Einwohnern und 135 Quadratkilometern Fläche die siebtgrößte Stadt Österreichs und mit 55 Prozent jene mit dem höchsten Waldanteil Österreichs. Im verbauten Gebiet werden auf öffentlichem Grund 8.000 Bäume betreut, davon 3.000 in der Innenstadt. Manche Bürger seien der Meinung, Villach wäre "total verbaut", wunderte sich Albel und berichtigte: "Das stimmt nicht. Wir haben einen Versiegelungsgrad von knappen neun Prozent, das ist einer der niedrigsten in ganz Österreich." Die Versiegelung konzentriere sich auf den Siedlungskern. Man sei zudem bemüht gewesen, mit den großen Handelsketten ein Konzept für Baumpflanzungen auf deren Parkplätzen zu erarbeiten. Von Spar und Billa gab es Absagen, lediglich Hofer habe die Vorschläge realisiert.
Die Stadt habe vor Projektbeginn von Experten der Geosphere Austria eine Hitzestudie erstellen lassen, bei der die heißesten Bereiche der Innenstadt erhoben wurden. "Einer dieser Hotspots war der Hauptplatz", erklärte der Bürgermeister. "Wir gehen systematisch vor, diese Hotspots für die Menschen leichter erträglich zu machen." Als zweiter Schritt wurde ein Grünbuch in Auftrag gegeben, das aktuell in Erstellung ist. Diese Arbeit beinhaltet straßenbauliche Empfehlungen sowie Anregungen für den Pflanzenbau. Eine Maßnahme sei zum Beispiel, das straßenbegleitende Grün nicht mehr vollständig zu mähen und es mit einer eigenen Samenmischung zu einer Futterwiese für Insekten zu machen. Auf das umstrittene Unkrautmittel Glyphosat werde schon seit langem zugunsten der Bienen verzichtet.
"Wir sind eine Stadt der kurzen Wege und wollen auch eine Stadt der kurzen Wege zu einer Grünfläche sein", betonte Bürgermeister Albel. So habe man die Idee der "Grünen Ecken" entworfen und zum Teil bereits umgesetzt. Dabei wird auf Grundstücken der Stadt, die sich in der Nähe von stark bewohnten Arealen befinden, Grünraum geschaffen, der gemeinsam mit der Bevölkerung gestaltet wird und zum Verweilen einladen soll. So wie aktuell im Stadtteil Perau, wo neben Wohnblöcken auf 4.500 Quadratmetern Bauland 50 Bäume und 400 Laufmeter Hecken gepflanzt sowie Hochbeete, Sitzgelegenheiten und ein Spielplatz errichtet wurden.
Die Einbindung der Bürger sei der Stadt wichtig, die Menschen sollen Bezug zur Natur haben. Seit 2019 bekommt daher jede neugeborene Villacherin und jeder neugeborene Villacher einen Baum geschenkt. Die Eltern können diesen Baum entweder selbst pflanzen oder ihn im Lebensbaumwald im Stadtteil Magdalen einsetzen lassen. "Mit jedem Lebensbaum ist die Botschaft verbunden, dass wir eine grüne Stadt sind und Verantwortung für unsere Zukunft tragen", sagte Albel.
Mit zahlreichen Veranstaltungen und einer eigenen Serie in der Stadtzeitung zum Thema Grün soll bei der Bevölkerung das Bewusstsein für das Thema ins Zentrum gerückt werden. Der Wirtschaft sei es ebenso wichtig, dass auf die Stadtpflanzen geachtet wird. So sei jeder der zehn Schwammstadt-Bäume auf dem Hauptplatz von einem heimischen Unternehmen mit 10.000 Euro unterstützt worden. Die restlichen 600.000 Euro für den Umbau bringt die Stadt auf, mit eingerechnet sei in dieser Summe auch die Verlegung neuer Fernwärme- und Glasfaser-Leitungen.
Natürlich gebe es auch Kritik. Manche würden die vergleichsweise hohen Kosten nicht verstehen, andere seien der Meinung, dass mit diesen Bäumen die Welt ohnehin nicht zu retten wäre. Die Stadt trete der Kritik mit Information entgegen. Grundsätzlich würden die Maßnahmen von den Villacherinnen und Villachern sehr gut angenommen, zeigte sich der Bürgermeister erfreut.
Zusammenfassung
- Villach plant bis 2027 eine 1,4 Kilometer lange 'Grüne Achse' durch die Innenstadt, um Hitzetage erträglicher zu machen.
- Zehn Bäume auf dem Hauptplatz wurden nach dem Schwammstadtprinzip gepflanzt, um Wasser besser zu speichern und das Stadtklima zu verbessern.
- Das Projekt beinhaltet eine Verkehrsberuhigung und die Entsiegelung der Bahnhofsstraße, um mehr Grünflächen zu schaffen.
- Villach hat einen Versiegelungsgrad von knapp neun Prozent, einen der niedrigsten in Österreich.
- Die Stadt hat 600.000 Euro für das Projekt aufgebracht, unterstützt von heimischen Unternehmen.