APA/NIKLAS HALLE'N

Großbritannien misst erstmals Temperaturen über 40 Grad

Weite Teile Europas lagen am Dienstag unter einer drückenden Hitzeglocke mit stellenweise noch nie erreichten Höchstwerten. Im Südwesten Englands zeigten die Thermometer nach Angaben des britischen Wetterdienstes Rekordwerte von um die 40 Grad Celsius an. Im Südwesten Frankreichs versuchten Feuerwehrleute ausgedehnte Waldbrände einzudämmen. Nach Angaben von Meteorologen wanderte die Hitzewelle in Richtung nordöstlicher Regionen Europas.

In den besonders betroffenen Regionen im Südwesten des Kontinents könnte dies die lang erwartete Entspannung bringen. Die glühende Hitze hatte verheerende Waldbrände vor allem in Frankreich, Portugal und Spanien ausgelöst. Hunderte Menschen starben nach einem Hitzekollaps, Zehntausende mussten aus ihren Häusern evakuiert werden.

In Großbritannien, wo bereits zu Wochenbeginn der Hitze-Notstand ausgerufen worden war, führten die Rekordtemperaturen zu Einschränkungen im Nah- und Fernverkehr. "Unsere Infrastruktur, von der ein großer Teil noch aus der viktorianischen Zeit stammt, ist einfach nicht für solche Temperaturen geeignet", sagte Transportminister Grant Shapps. Am Vortag hatte der Londoner Flughafen Luton wegen einer Überhitzung der Landebahn seinen Betrieb eingestellt. Zugverbindungen wurden wegen der Gefahr der Verformung von Gleisen ausgedünnt oder eingestellt.

In Coningsby in der ostenglischen Grafschaft Lincolnshire wurden am Nachmittag 40,3 Grad gemessen, wie der Wetterdienst Met Office nach vorläufigen Daten bekannt gab. Am Londoner Flughafen Heathrow und im St. James' Park im Regierungsviertel wurden zuvor 40,2 Grad Celsius gemessen. Erst kurz davor war mit 39,1 Grad in Charlwood in der englischen Grafschaft Surrey ein britischer Hitzerekord aufgestellt worden - dieser währte jedoch kaum länger als eine Stunde.

Vor dieser Woche lag der Hitzerekord für Großbritannien bei 38,7 Grad, die 2019 in Cambridge gemessen wurden. Dieser Wert wurde bis zum späten Dienstagnachmittag bereits an rund 30 Messstationen im Land getoppt. In London hatte die Feuerwehr mit etlichen heftigen Bränden zu kämpfen und rief eine Großschadenslage aus. Die Einsatzkräfte sprachen von "ungekannten Herausforderungen".

Im Süden Europas versuchen Einsatzkräfte die verheerende Feuersbrunst in den Griff zu bekommen. In der Weinbauregion Gironde in Frankreich registrierten die Einsatzkräfte die größten Waldbrände seit über 30 Jahren. Ein Mann wurde unter dem Verdacht der Brandstiftung festgenommen. In der Region nahe Bordeaux haben die Flammen seit vergangener Woche eine Fläche von 19.300 Hektar verwüstet. Insgesamt 34.000 Menschen mussten angesichts nahender Feuersbrünste vorsorglich ihre Häuser verlassen.

In Spanien kämpften Feuerwehrleute und Helfer gegen mehr als 30 Waldbrände. Über 6.000 Menschen aus 32 Dörfern müssten im Nordwesten ihre Häuser verlassen. In Portugal warnte der Wetterdienst, 50 Gemeinden vor allem im Norden und der Mitte des Landes könnten vom Feuer überrannt werden. Auch in Italien kämpfen Feuerwehren landesweit gegen Wald- und Buschbrände. Der Zivilschutz auf Sizilien sprach für Dienstag in einigen Gegenden die höchste Gefahrenstufe aus. Feuerwehreinheiten aus Udine, Triest und Görz (Gorizia) waren bei einem Großbrand im Karstgebiet im Einsatz, Flammen griffen auf das Gebiet neben der Autobahnmautstelle Lisert über.

Neben der Hitze warnten Experten auch vor einer steigenden Ozon-Belastung. "Die Auswirkungen auf die Luftqualität sind nicht zu vernachlässigen", sagte Mark Parrington, leitender Wissenschafter des Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS). Eine hohe Ozonbelastung verschlimmert Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und wird mit einer erhöhten Sterblichkeitsrate in Verbindung gebracht. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO wurden die Grenzwerte im Südwesten Englands, Nord-Frankreich und im Benelux überschritten. Ozon entsteht durch die Wechselwirkung von Wärme und Sonnenlicht mit Treibhausgasen. Die Ozonbildung beschleunige sich während einer Hitzewelle, sagte Parrington.

Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte vor starken "Wärmebelastungen". Punktuell rechneten die Meteorologen am Nachmittag in Westdeutschland mit rekordverdächtigen Temperaturen um die 40 Grad. Der DWD schätzte auch die Waldbrandgefahr aufgrund hoher Trockenheit als sehr hoch ein. Das Technische Hilfswerk (THW) war nach eigenen Angaben bei verschiedenen Bränden im Einsatz. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartete eine hohe Zahl hitzebedingter Krankheitsfälle. Von 2000 bis 2015 hätte sich die Zahl der jährlichen Hitze-Patienten mehr als verdoppelt, sagte ein Sprecher.

"Das ist nicht 'die neue Normalität'", schrieb die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg mit Blick auf die Rekordtemperaturen auf Twitter. "Die Klimakrise wird weiter eskalieren und schlimmer werden, solange wir unseren Kopf in den Sand stecken und Profit und Gier über Menschen und den Planeten stellen. Wir schlafwandeln noch immer dem Abgrund entgegen."

In Österreich wird ein vorläufiger Hitze-Höhepunkt erst in den kommenden Tagen erwartet. Am späten Dienstagnachmittag erreichte die Tiroler Gemeinde Imst den heutigen Spitzenwert von 35 Grad, teilte die ZAMG mit. Vom Österreich-Rekord blieben die Temperaturen deutlich entfernt. Dieser liegt bei 40,5 Grad, gemessen in Bad Deutsch-Altenburg (NÖ) am 8. August 2013.

ribbon Zusammenfassung
  • Weite Teile Europas lagen am Dienstag unter einer drückenden Hitzeglocke mit stellenweise noch nie erreichten Höchstwerten.
  • Im Südwesten Englands zeigten die Thermometer nach Angaben des britischen Wetterdienstes Rekordwerte von um die 40 Grad Celsius an.
  • Am Londoner Flughafen Heathrow und im St. James' Park im Regierungsviertel wurden zuvor 40,2 Grad Celsius gemessen.
  • Vom Österreich-Rekord blieben die Temperaturen deutlich entfernt.