Genitalverstümmelung: Vielen nicht bewusst, dass es "anders sein könnte"
Alle zehn Sekunden werden die Genitalien eines Mädchens unter zwölf Jahren verstümmelt, so UNICEF.
Bei der weiblichen Genitalverstümmelung werden die äußeren Geschlechtsorgane von Mädchen – meist im Alter von vier bis acht Jahren – zum Teil oder ganz weggeschnitten. Laut Schätzungen leben rund 8.000 Mädchen und Frauen in Österreich, die von Genitalverstümmelung betroffen sind – weltweit sind es über 200 Millionen Frauen, weitere drei Millionen kommen jährlich hinzu.
Betroffene leiden ein Leben lang
Chronische Entzündungen im Unterleib, starke Regelschmerzen, Probleme während der Geburt und Depressionen sind nur einige der zahlreichen Folgen einer Genitalbeschneidung - die Betroffenen leiden oft ein Leben lang. In Österreich gilt die Genitalverstümmelung als Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen und ist strafbar.
Doris Burtscher, Medizinanthropologin bei Ärzte ohne Grenzen, hat im Rahmen ihrer Arbeit in betroffenen Gebieten mit vielen Menschen über die Gründe der weiblichen Genitalbeschneidung gesprochen. Im PULS 24 Interview erklärt sie, dass neben hygienischen und ästhetischen Gründen, meist Religion und Tradition als Ursache genannt werden.
Viele Frauen meinten, sie würden die Genitalbeschneidung nicht an ihren eigenen Töchtern durchführen wollen, weil sie wissen, dass es "nicht gut ist". "Aber dann sprechen sie wieder davon, dass die soziale Konvention, die Normen und das soziale Zugehörigkeitsgefühl so stark ist, dass sie es nicht schaffen, ihren Mädchen dies nicht anzutun", so Burtscher.
Mädchen wissen nicht, was sie erwartet
Unter anderem sei diese Praxis in Somalia, Sudan, Sierra Leone, Tschad und Äthiopien noch sehr weit verbreitet, meint Burtscher. Oftmals würden die Mädchen gar nicht wissen, was sie bei der Beschneidung erwartet. Gerade deshalb sei Aufklärungsarbeit wichtig. Außerdem sei auch vielen erwachsenen Frauen nicht bewusst, was durch die Beschneidung "an ihrem Körper passiert". Sie seien es gewohnt, dass "das Genitalorgan so auszusehen hat. Das haben sie gelernt und damit sind sie aufgewachsen." Dass es "auch anders sein könnte" sei vielen gar nicht bewusst.
Im Zuge einer Aufklärung müssten "alle einbezogen werden", wie zum Beispiel auch die religiösen Persönlichkeiten, die Älteren und die Beschneider:innen einer Gemeinschaft. Durch die Diskussion und Aufklärung über die medizinischen Folgen könne man zusammen mit den Betroffenen Lösungsvorschläge finden.
Zusammenfassung
- Am 6. Februar ist der Internationale Tag der weiblichen Genitalverstümmelung.
- Im PULS 24 Interview erklärt Doris Burtscher, Medizinanthropologin bei "Ärzte ohne Grenzen", welche Folgen das für die Betroffenen hat und wie dagegen aufgeklärt wird.
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