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EU-Umweltkommissar gegen "Alarmstimmung" zum Thema Wolf

EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius hat kein Verständnis für die Anti-Wolf-Stimmung in Österreich. Österreich habe bisher gerade einmal 20 Wölfe nach Brüssel gemeldet. Dass sich hierzulande Menschen aus Angst vor einer Begegnung mit einem Wolf nicht mehr in den Wald trauen und bereits mehrere Exemplare erlegt wurden - zuletzt am vergangenen Wochenende in Osttirol -, bezeichnete der Umweltkommissar am Montag im Interview mit dem "Ö1 Morgenjournal" als irritierend.

"In Österreich sterben mehr Menschen nach einer Kuhattacke als nach einer Begegnung mit einem Wolf. Also die Gefahr, die in Österreich von einem Wolf ausgeht, ich finde diese Alarmstimmung unverhältnismäßig", sagte Sinkevičius. Die EU plane vorerst nicht, den Schutz des Wolfes - EU-weit eine geschützte Art - "aufzuweichen", hielt der Litauer fest. Das EU-Recht erlaube ja Wölfe zu schießen, wenn sie zu nahe an Menschen herankommen. In vielen Ländern funktioniere das: "Ich weiß nicht, welche Hürden Österreich daher sieht, aber es ist wohl immer leichter, Brüssel die Schuld zu geben."

Diese Aussagen wies Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) zurück. Beim Wolf gehe die Argumentation aus Brüssel "an der Realität in den EU-Mitgliedsstaaten vorbei", meinte Totschnig in einer Stellungnahme. "Fakt ist, der Wolf ist in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht und vermehrt sich mittlerweile pro Jahr um bis zu 30 Prozent", hielt Totschnig fest. Rund 80 Wölfe hätten 2022 österreichweit 800 Tiere gerissen, 2021 seien es 500 gewesen. "Er verliert zunehmend die Scheu vor dem Menschen. Konflikte zwischen 'Mensch und Tier' sind vorprogrammiert. Ich habe kein Verständnis dafür, dass zuerst etwas passieren muss, bevor wir handeln dürfen. Die EU-Kommission muss die Sorgen der Menschen ernst nehmen", warnte der aus Osttirol stammende Minister, wo am Wochenende erstmals ein Wolf erlegt wurde. Vier weitere Abschussgenehmigungen sind auf Basis der neuen Maßnahmenverordnung der Tiroler Landesregierung im Bezirk Lienz noch aufrecht. In Osttirol wurden heuer bisher 90 Weidetiere durch Wölfe getötet, weitere 150 werden vermisst.

"Ich habe EU-Kommissar Sinkevičius bereits eingeladen, sich vor Ort ein realistisches Bild zu machen, mit Betroffenen zu sprechen und das Problem mit den Großraubtieren zu diskutieren", meinte Totschnig. Leider sei Sinkevičius seiner Einladung nicht gefolgt.

Scharfe Kritik an EU-Kommissar Sinkevičius übte auch Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP). "Dass der Umweltkommissar fast 1.000 Schafe, die aufgrund von Großraubtieren im vergangenen Jahr in Tirol nicht mehr sicher im Tal angekommen sind, als unverhältnismäßig abtut, kann ich nicht nachvollziehen", erklärte Mattle. Im Jahr 2022 seien im Bundesland nachweislich über 400 Schafe gerissen worden, über 500 habe man nach Wolfssichtungen erst gar nicht mehr gefunden. Wolf und Bär würden den Menschen im dicht besiedelten Alpenraum Angst machen: "Das kann der Kommissar nicht einfach ignorieren." Indes sprach auch Mattle eine Einladung an Sinkevičius aus: Und zwar zu einem Lokalaugenschein und Gesprächen "mit besorgten BürgerInnen sowie betroffenen Almbauern" in Tirol.

Noch einen Schritt weiter ging in einer Reaktion auf den EU-Kommissar indes Tirols Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer (SPÖ). "Es braucht die ganzjährige Bejagung von Wolf, Bär und Luchs. Das ist unser erklärtes Ziel. Mit oder ohne EU", erklärte Dornauer gegenüber der APA. Der Schutzstatus des Wolfs auf EU-Ebene sei in der aktuellen Situation "nicht mehr nachvollziehbar". Die Europäische Union und der Umweltkommissar seien "angehalten, das Gespür für die Bedürfnisse der Menschen nicht zu verlieren."

ribbon Zusammenfassung
  • EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius hat kein Verständnis für die Anti-Wolf-Stimmung in Österreich.
  • Österreich habe bisher gerade einmal 20 Wölfe nach Brüssel gemeldet.
  • Beim Wolf gehe die Argumentation aus Brüssel "an der Realität in den EU-Mitgliedsstaaten vorbei", meinte Totschnig in einer Stellungnahme.
  • Wolf und Bär würden den Menschen im dicht besiedelten Alpenraum Angst machen: "Das kann der Kommissar nicht einfach ignorieren."