Schuldsprüche in Buwog-Prozess: 8 Jahre Haft für Grasser
Nach fast genau drei Jahren, 168 Verhandlungstagen und 150 Zeugeneinvernahmen wurde das Urteil im Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und die Mitangeklagten Walter Meischberger und Ernst Plech verkündet.
Grasser, Maischberger und Plech wurden schuldig gesprochen. Auch Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics und Ex-RLB-OÖ-Vorstand Georg Starzer wurden für schuldig befunden. Grasser wurde zu acht Jahre Haft und Maischberger zu sieben Jahre Haft verurteilt. Grassers Anwalt Manfred Ainedter kündigte bereits an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen. Der Urteilsspruch sei ein "glattes Fehlurteil, alle Rechtsmittel werden erhoben", so Ainedter.
Die weiteren Strafmaße sind: Hochegger zu 6 Jahren, Petrikovics zu 2 Jahren, Starzer zu 3 Jahren, Toifl zu 2 Jahren und Wicki zu 20 Monaten. Auch der frühere Ex-Telekomvorstand Rudolf Fischer wurde schuldig gesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Fünf Angeklagte im Komplex um den Linzer Terminal Tower wurden freigesprochen. Meischberger wurde vom Betrugsvorwurf rund um seine Villa in Wien-Döbling freigesprochen. Über Plech wurde kein Urteil gesprochen, weil er verhandlungsunfähig ist.
Kaltenbrunner zu Grasser-Schuldspruch
Grasser habe seine politische Funktion missbraucht, gegen Vermögensinteressen verstoßen und seine aufertragenen Verpflichtungen nicht erfüllt, sagte die Richterin. Es bestehe "kein Zweifel", dass der Zuschlag bei der Vergabe der Bundeswohnungen an ein Konsortium aus Immofinanz und Raiffeisenbank OÖ "pflichtwidrig" erfolgt sei. Dies hätten zahlreiche Zeugenaussagen und Unterlagen belegt.
"Nur Grasser kommt als Informant in Frage", so die Richterin zum entscheidenden Punkt, wer der Immofinanz verraten hat, wie viel der Mitbewerber CA Immo für die Buwog und andere Bundeswohnungen bezahlen könne. Es sei belegt, dass Grasser die Höhe der Finanzierungszusage für die CA Immo kannte, so die Richterin. Damit gib sie der Anklage grundsätzlich in allen Punkte recht.
Khol zu Buwog-Prozess: Bin vom Urteil nicht überrascht
Geschichte um "Schwiegermuttergeld" sei "abwegig und widerlegt"
Unter anderem merkte Richterin Hohenecker weiters an, dass der von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Tatplan zur illegalen Bereicherung auf Kosten der Republik durch drei Zeugenaussagen belegt sei. Es sei eine "Infrastruktur zur Verschleierung" geschaffen worden.
Grassers Ausführungen zum "Schwiegermuttergeld", wonach er rund 500.000 Euro von der Mutter seiner Frau in bar erhalten habe, um damit sein Veranlagungstalent zu beweisen, seien "abwegig und widerlegt". Weiters sprach Hohenecker von einer "umfangreichen Spurenverwischung" mittels Scheinrechnungen und Scheinprojekten.
Grasser: "Ich weiß, dass ich unschuldig bin"
Karl-Heinz Grasser bezeichnete seine Verurteilung im Buwog-Prozess als "Fehlurteil" und als ein "politisches Urteil". In einem 12-minütigen Statement vor Journalisten hielt Grasser nach der Urteilsverkündung fest, dass er unschuldig sei: "Ich weiß, dass ich unschuldig bin".
Ex- Finanzminister Karl-Heinz Grasser bezeichnete seine Verurteilung im Buwog-Prozess als "Fehlurteil" und als ein "politisches Urteil".
Es sei nach dem Schuldspruch "traurig, schockiert und erschrocken", sagte Grasser. Auch wenn die Richterin bei der Urteilsverkündung von "erdrückenden Beweisen" gegen ihn gesprochen habe, "gibt es in über elf Jahren keinen Beweis für ein unrechtes Handeln meiner Person", sagte Grasser. 150 Zeugen hätten ihn im Verfahren entlastet.
"Dieses Urteil hat nichts mit Fairness und Gerechtigkeit zu tun", er sei zuversichtlich, dass das Urteil vor dem Höchstgericht nicht standhalten wird. Grasser will nun, wie von seinem Anwalt angekündigt, hinterfragen, ob die Richterin Marion Hohenecker unparteiisch war. Aus Sicht von Grassers Anwalt Ainedter habe der Schöffensenat "dem enormen Verurteilungsdruck der in der zweiten Republik einmaligen medialen Vorverurteilung durch zigtausende negative Medienberichte nicht standgehalten und Karl-Heinz Grasser zu Unrecht verurteilt".
Ainedter will nun auch den am Beginn des Verfahrens geäußerten Verdacht auf Befangenheit von Richterin Marion Hohenecker vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) bringen.
Grasser-Anwalt Ainedter: "Die Richterin hat die Anklage abgeschrieben"
Meischberger verließ Gerichtssaal und ruft Menschenrechtsgerichtshof an
Grasser wie Meischberger nahmen das Urteil zunächst ruhig entgegen. Der Ex-FPÖ-Generalsekretär Meischberger, verließ dann jedoch noch während der Urteilsverkündung durch Richterin Marion Hohenecker sichtlich verärgert den Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Straflandesgericht. Er wartete lediglich sein Strafmaß von sieben Jahren ab.
Meischberger will nun den Menschenrechtsgerichtshof anrufen. Das sagte sein Anwalt Jörg Zarbl zum "Standard". Zarbl sprach von einem "unfassbaren Fehlurteil". "Wir werden die Fragen der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin und der Videoüberwachung der Verteidiger im Verhandlungssaal vor den EGMR (Europäischer Menschenrechtsgerichtshof; Anm.) bringen. Dieses Verfahren ist noch lange nicht beendet", sagte Zarbl.
Mohr: "Die Chancen auf eine Berufung sind gering"
Grasser, Meischberger sollen Geld an Bund zahlen
Das Urteil bedeutet für die Hauptangeklagten auch, dass sie dem Bund ihren Provisionsanteil aus der Bundeswohnungsprivatisierung zahlen müssen. Sollte das Urteil also rechtskräftig werden, kann der Bund von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und von Walter Meischberger deren Anteile an der Buwog-Millionenprovision direkt einfordern. Dieser Zuspruch war Teil des Urteilsspruchs.
Die Buwog-Provision machte 9,6 Millionen Euro aus. Der Staat könnte aber nur die jeweiligen Anteile von Grasser und Meischberger direkt einfordern. Peter Hochegger sei im Privatkonkurs. Über den mitangeklagten Makler Ernst Plech ist nicht geurteilt worden, weil er seit langem aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig ist.
Sollten Grasser und Meischberger die Forderung des Bundes nicht zahlen können, kann sich der Staat an die beiden ebenfalls heute nicht rechtskräftig Verurteilten, Petrikovics und Starzer, halten, erläuterte die Vertreterin des Bundes, Marlies Schefer, nach dem Urteilsspruch.
Anklagepunkte gegen Grasser
Die Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) warf dem Finanzminister in zwei Regierungen von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) vor, er habe bei der Bundeswohnungsprivatisierung im Jahr 2004 Untreue begangen und sich bestechen lassen.
Weiters ging es um den Vorwurf, dass Grasser bei der Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower im Jahr 2006 Bestechungsgeld bekommen haben soll. Es ging bei der Buwog-Privatisierung um eine Provision von 9,6 Millionen Euro, beim Linzer Bürohaus sollen 200.000 Euro geflossen sein.
Grasser und die Mitangeklagten Walter Meischberger und Ernst Plech - letzterer ist seit längerer Zeit aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig - wiesen die Vorwürfe stets zurück und warfen den Anklägern Parteilichkeit und Gesetzesverletzung vor. Die Belastungszeugen bezichtigten sie der Lüge. Der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger hatte zu Prozessbeginn ein Teilgeständnis abgelegt und damit die übrigen Angeklagten belastet.
Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Zusammenfassung
- Richterin Marion Hohenecker hat das Urteil im Buwog-Prozess verkündet.
- Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, die Mitangeklagten Walter Meischberger und Ernst Plech wurden schuldig gesprochen.
- Grasser wurde zu acht Jahre Haft und Maischberger zu sieben Jahre Haft verurteilt.
- Die weiteren Strafmaße sind: Hochegger zu 6 Jahren, Petrikovics zu 2 Jahren, Starzer zu 3 Jahren, Toif zu 2 Jahren und Wicki zu 20 Monaten
- Grasser habe seine politische Funktion missbraucht, gegen Vermögensinteressen verstoßen und seine aufertragenen Verpflichtungen nicht erfüllt, sagte die Richterin.
- Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.