Ein Mitarbeiter der Spurensicherung der italienischen CarabinieriAPA/AFP

Brutaler Mord an Ex-Freundin erschüttert und empört Italien

21. Nov. 2023 · Lesedauer 4 min

Vergangene Woche hat ein 22-Jähriger in der Provinz Veneto seine Ex-Freundin brutal entführt, ermordet und die Leiche in eine Schlucht geworfen. Er wurde am Wochenende in Deutschland festgenommen. Seit Jahresbeginn sind in Italien 103 Frauen ermordet worden, 80 davon von ihren Partnern oder Ex-Lebensgefährten.

Der Mord an der 22-jährigen Giulia Cecchettin beschäftigt und erschüttert Italien seit mehr als einer Woche. Die Studentin war von ihrem gleichaltrigen Ex-Freund bei einem Treffen am 12. November attackiert, verschleppt und brutal ermordet worden.

Eine Woche lang galt das Ex-Paar als vermisst, bis man am vergangenen Samstag die mit Stichwunden übersäte Leiche der jungen Frau in einer Schlucht fand. Der Ex-Freund wurde am Samstag auf einem Autobahn-Pannenstreifen bei Leipzig aufgegriffen und inhaftiert.

Motiv: Besitzdenken und Eifersucht

Laut italienischen Medien seien patriarchales Besitzdenken und Eifersucht die Mordmotive des 22-Jährigen gewesen. Er habe zum einen die Trennung nicht akzeptieren wollen.

Zum anderen habe er sich in seinem Ego gekränkt gefühlt, weil seine Ex-Freundin das Ingenieursstudium vor ihm in der Mindestzeit abgeschlossen habe.

"Extreme Gefahr"

Die zuständige Untersuchungsrichterin von Venedig, Benedetta Vitolo, bezeichnete den Verdächtigen im Haftantrag als "extreme Gefahr" angesichts der brutalen Tat. Er sei voll zurechnungsfähig gewesen und es sei davon auszugehen, dass er jederzeit wieder Frauen ähnlich brutal Gewalt antun könnte, zitiert etwa "La Stampa".

Die Schwester des Opfers sagte italienischen Medien, sie habe ihre Schwester mehrmals gewarnt, sich nach der Trennung nicht mehr mit ihrem Ex-Freund zu treffen.

Niedergestochen, entführt und ermordet

Am 11. November traf sie sich mit ihm auf dem Parkplatz nahe ihrer Wohnung. Der 22-Jährige soll da bereits zugestochen und sie schwer verletzt haben. Anschließend fesselte und knebelte er sie mit Klebeband und verschleppte sie in seinem Auto. An diesem ersten Tatort fand die Polizei später Blutspuren und ein Küchenmesser.

Auf dem Parkplatz einer Industriezone holte er sie rund 20 Minuten später wieder aus dem Auto, die junge Frau versuchte zu fliehen. Er holte sie aber ein, trat und schlug immer wieder auf sie ein. Die gerade einmal 1,60 Meter große Frau war ihrem 1,88 Meter großen Peiniger körperlich völlig unterlegen.

Die junge Frau verblutete schließlich an ihren Stichwunden, Gerichtsmediziner stellten aber auch einen Schädelbruch fest. Anschließend fuhr der 22-Jährige zu einer Schlucht und warf die Leiche der jungen Frau dort hinab, dann flüchtete er nach Norden.

"Femizide an der Tagesordnung"

In ihrem Haftantrag betont die Untersuchungsrichterin Vitolo, dass in Italien "Femizide an der Tagesordnung sind". In Italien wurden seit Jahresbeginn 103 Frauen ermordet, 80 davon einem Partner oder Ex-Partner. Viele Organisationen und Frauenverbände fordern jetzt endlich Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen.

In einem offenen Brief wird etwa eine geplante Schweigeminute abgelehnt. Es sei genug geschwiegen worden, nun müsse endlich mehr gemacht werden: bei den Gewaltschutzzentren, bei der Aufklärung und Erziehung von Jungen und Burschen und bei der Gesellschaft, die patriarchales Besitzdenken immer noch als normal ansehe.

Meloni in der Kritik

Die Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von der postfaschistischen "Fratelli D'Italia" (FdI) kündigte an, den Schutz für Frauen zu verstärken und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.

Sie erklärte, dass die italienische Abgeordnetenkammer am Mittwoch über einen Gesetzesentwurf abstimmen wird, der die Schutzmaßnahmen für gefährdete Frauen erweitert, und kündigte eine öffentliche Sensibilisierungskampagne gegen Femizide an.

Gleichzeitig wurde Meloni dafür kritisiert, dass sie selbst und ihre Partei großen Anteil an patriarchalem Besitzdenken gegenüber Frauen hätten. Sie selbst sei es ja, die sich im Parlament nicht "Frau Präsidentin" sondern "Frau Präsident" nennen lässt, sagte etwa die ehemalige Politikerin und Moderatorin Lilli Gruber im Fernsehen.

Zusammenfassung
  • Der Mord an der 22-jährigen Giulia Cecchettin beschäftigt und erschüttert Italien seit mehr als einer Woche.
  • Die Studentin war von ihrem gleichaltrigen Ex-Freund bei einem Treffen am 12. November attackiert, verschleppt und brutal ermordet worden.
  • Motiv sei unter anderem gewesen, dass er sich in seinem Ego gekränkt fühlte, weil seine Ex-Freundin das Ingenieursstudium vor ihm in der Mindestzeit abschloss.
  • In Italien wurden seit Jahresbeginn 103 Frauen ermordet, 80 davon einem Partner oder Ex-Partner.
  • In ihrem Haftantrag betont die Untersuchungsrichterin Benedetta Vitolo, dass in Italien "Femizide an der Tagesordnung sind".
  • Auch Ministerpräsidentin Meloni wird vorgeworfen, zum patriarchalen Besitzdenken gegenüber Frauen beizutragen.