BK forschte 35 Online-Kindesmissbrauchsopfer aus
Auf die Spur der ermittelten Tatverdächtigen kam man aufgrund von Meldungen des National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC), das soziale Medien auf potenzielles Missbrauchsmaterial durchforstet. 15.882 Hinweisen gingen die Sonderermittler nach, wobei es unzählige Doppel- und Mehrfachmeldungen herauszufiltern galt, wie Abteilungsleiter Dieter Csefan am Donnerstag vor Medienvertreterinnen und Medienvertretern darlegte. Ein neues Tool, das im September ausgerollt wird, soll dann die Tätigkeit der Ermittler erleichtern: Bereits gesichtetes Material wird kategorisiert, eingestuft und vorsortiert, was den Beamtinnen und Beamten Mehrfachsichtungen erspart und die Polizeiarbeit beschleunigt. Akute Fälle können dann priorisiert behandelt werden. "Ob ein Missbrauch vorliegt oder nicht, stellen weiterhin die Ermittler und nicht die Software fest", wurde betont.
Die 464 Tatverdächtigen untergliederten sich in Beschuldigte, die Material mit Kindesmissbrauchsdarstellungen besaßen, selbst Missbrauchshandlungen begangen und davon Bilder und Videos angefertigt hatten und Personen, die via Livestreaming Missbrauchshandlungen an Kindern verfolgten. Die Beschuldigten bildeten hinsichtlich Alter, sozialem Setting und Einkommensverhältnissen den Querschnitt der Bevölkerung ab. Unter den Ausgeforschten waren auch Frauen.
Bei Hausdurchsuchungen wird inzwischen auch auf Diensthunde zurückgegriffen, die auf spezielle Wirkstoffe trainiert sind, die sich auf USB-Sticks finden. Oft sind diese Datenträger nämlich als Alltagsgegenstände - Feuerzeuge, Kugelschreiber oder Lippenstifte - getarnt und laufen Gefahr, übersehen zu werden. Zwei Datenträgerspürhunden aus Bayern, die vom BK zur Unterstützung angefordert wurden, gelang es, bei einer Hausdurchsuchung in einem Garten vergrabene Festplatten zu lokalisieren. "Wir mussten sie nur mehr ausgraben. Aufgrund der Größe der Liegenschaft wäre es ohne tierische Hilfe schwer möglich gewesen, das Beweismaterial zu finden", berichtete Csefan.
Inzwischen gibt es bei der Landespolizeidirektion (LPD) Oberösterreich zwei Diensthunde, die in der zentralen Diensthundeschule Herzogau-Waldmünchen in Bayern ausgebildet wurden. Die Tiere sollen zukünftig neben Suchtmitteln ebenfalls Datenträger erschnüffeln können und bei Bedarf österreichweit zum Einsatz kommen.
Wie wichtig die länderübergreifende Zusammenarbeit der Polizeibehörden gerade bei Online-Kindesmissbrauch ist, machte Jürgen Ungerböck, Leiter des Sonder-Referats im BK, deutlich. Im Vorjahr erhielt man von Interpol und der Victim Identification Group der australischen Polizei Hinweise auf einen Tor-User, der im Darknet einschlägige Bilder von unmündigen Mädchen verbreitete. Einer BK-Mitarbeiterin gelang es nach einjährigen intensiven Ermittlungen, den Täter auszuforschen und drei Opfer - sie stammten aus dem familiären Umfeld - zu identifizieren. Der Mann wurde inzwischen zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Am 19. Mai 2023 wurde wiederum in einem Hotel im US-Bundesstaat Colorado ein Mann festgenommen, der 2020 ein damals 14 Jahre altes Mädchen aus Wien dazu gebracht hatte, ihm sexualisiertes Bildmaterial zu schicken. Nach Hinweisen der bei Europol eingerichteten Victim Identification Task Force kam man ihm auf die Spur. Die US-Behörden haben ihm vorerst nachgewiesen, dass er 74 weitere junge Mädchen via Snapchat und Instagram unter Druck gesetzt und dazu gebracht haben soll, ihm sexualisierte Bilder und Videos zu überlassen.
Zusammenfassung
- Das Bundeskriminalamt (BK) hat im Vorjahr 464 Tatverdächtige im Bereich Online-Kindesmissbrauch ermittelt und 35 Opfer gerettet, darunter ein sechs Monate altes Baby.
- 15.882 Hinweise des National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) führten zu den Ermittlungen, wobei ein neues Tool ab September die Polizeiarbeit weiter unterstützen soll.
- Diensthunde, die auf das Finden von USB-Sticks und Datenträgern spezialisiert sind, wurden erfolgreich bei Hausdurchsuchungen eingesetzt, um versteckte Beweise zu finden.